Wyker Dampfschiffs-Reederei verlangt aber Nutzungsentgelt von möglichem Wettbewerber aus Hamburg. Die Höhe steht noch nicht fest

Hamburg/Wyk . Die Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) öffnet die drei Fährbrücken der Inselhauptstadt Wyk auf Föhr für mögliche künftige Wettbewerber. Das Unternehmen reagiert damit auf den Vorstoß des Hamburger Unternehmens Becker Marine Systems. Becker will W.D.R. in dessen angestammten Fahrtgebiet an den Nordfriesischen Inseln und Halligen mit eigenen Schiffen, den Wattenfähren, und einer eigenen Reederei auf Föhr Konkurrenz machen. Umstritten war dabei bislang vor allem der Zugang nach Föhr. Die drei Fahrzeugbrücken in Wyk gehören W.D.R. und nicht kommunalen Unternehmen wie etwa in Dagebüll am Festland oder in Wittdün auf Amrum. Zwar liegt auch W.D.R. teilweise in öffentlichem Eigentum – 31,5 Prozent der Anteile gehören der Stadt Wyk. Aber W.D.R. betreibt selbst die Fähren für die Verbindung von Föhr und Amrum sowie den Halligen Langeneß und Hooge mit dem Festland.

Um eine Grundlage für fairen Wettbewerb zu schaffen, hat W.D.R. allgemeine Nutzungsbedingungen erarbeitet, deren Entwurf dem Abendblatt vorliegt. Am 12. Februar soll der Hafenausschuss von Wyk darüber befinden. „Wir haben sehr früh unser grundsätzliches Einverständnis signalisiert, unsere Fährbrücken einer Nutzung durch Dritte zu öffnen“, sagte W.D.R.-Geschäftsführer Axel Meynköhn, 55, dem Abendblatt. „Diese Frage hat sich in der bisherigen Geschichte der W.D.R. ja nie gestellt. Wer diese neuen Nutzungsbedingungen nicht akzeptieren will, kann sie vor Gericht anfechten.“ Meynköhn geht allerdings davon aus, dass die Nutzungsbedingungen konform mit dem deutschen und dem europäischen Kartellrecht sind und dass sie „jedem Nutzer der Fährbrücken den sofortigen Zugang und Rechtssicherheit“ ermöglichen. Becker Marine Systems nahm am Dienstag nicht Stellung.

Der Streit um die Nutzung der Wyker Fährbrücken hat grundlegenden Charakter. Es geht dabei um die Frage, wie eine Infrastruktur mit öffentlichem Charakter zu handhaben ist, deren Eigner bei ihrer Nutzung selbst im Wettbewerb steht. Seit Jahren schwelt ein Rechtsstreit in einem ähnlichen Fall zwischen norwegischen Reedereien und der Fährlinie Scandlines um die Nutzung der Anleger im Fährhafen Puttgarden auf Fehmarn.

Becker Marine Systems rechnet damit, dass die zwei geplanten Fähren mit kombiniertem Gaselektroantrieb zwischen Dagebüll, Amrum und Föhr schnell Marktanteile erringen würden: „Wir sitzen auf Investitionsplänen von 25 Millionen Euro“, sagte Becker- Mehrheitseigner Dirk Lehmann, 50, kürzlich dem Abendblatt. „Unsere Wattenfähren würden wesentlich effizienter und umweltschonender fahren als die Schiffe, die dort heute unterwegs sind.“ Ein Kontaktbüro in Wyk hat das in Harburg ansässige Unternehmen bereits eingerichtet. Lehmann drohte damit, die Landesregierung von Schleswig- Holstein und im Zweifelsfall auch die Bundesregierung und die EU-Kommission in dem Streit anzurufen.

„Weder das Land Schleswig-Holstein noch der Bund oder eine andere politische Instanz ist für einen möglichen Streit über den Zugang zu unseren Fährbrücken zuständig“, sagte Meynköhn. „Das ist allein eine rechtliche Frage, die im Zweifel vom zuständigen Gericht geklärt werden muss.“ W.D.R. betreibe für die Inseln und Halligen seit 1885 Grundversorgung und Daseinsvorsorge, mit den Fähren wie auch mit Bussen auf Föhr und Amrum: „Der Busverkehr auf Föhr und Amrum sowie die Hallig-Linie werden von uns unternehmensintern quersubventioniert“, sagte Meynköhn.

„So halten wir die öffentliche Hand frei von der Finanzierung dieser defizitären Dienste. In diesem Sinne bleibt abzuwarten, ob eine mögliche Wettbewerbssituation im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben des Landes Schleswig- Holstein steht.“

Der W.D.R.-Chef geht davon aus, dass Wettbewerb im begrenzten Markt der nordfriesischen Inseln und Halligen letztlich auf Kosten der Grundversorgung gehen wird, da der Markt insgesamt nicht wachse. Auf der Föhr-Amrum- Linie zwischen den beiden Inseln und dem Festland beförderte W.D.R. im vergangenen Jahr rund 1,76 Millionen Fahrgäste.

„Die durchschnittliche Auslastung der RoRo-Decks auf unseren Schiffen über das gesamte Jahr beträgt rund 40 Prozent. Die Passagierdecks verzeichnen eine durchschnittliche Auslastung von rund fünf Prozent“, sagte Meynköhn. „Während dreier Monate im Jahr zur Hauptsaison verdienen wir Geld, während neun Monaten verlieren wir Geld. Das Ergebnis eines Wettbewerbs wird für alle Beteiligten zu einer enormen Kapitalvernichtung führen.“ Neben Becker Marine Systems gebe es noch einen weiteren Interessenten für die Fährdienste zwischen Dagebüll, Föhr und Amrum.

Die allgemeinen Nutzungsbedingungen der W.D.R. sehen vor, dass alle Anleger an den Fährbrücken „ein angemessenes Nutzungsentgelt“ zu zahlen haben. Die Preisliste dafür wird noch erarbeitet. In einem Staffelsystem soll die Gebühr je Anlauf sinken, je öfter eine Reederei die Fährbrücken nutzt. Meynköhn rechnet grundsätzlich damit, dass die Fähren von W.D.R. auch künftig Vorrang beim Anlauf der Inseln haben werden: „Wir gehen davon aus, dass W.D.R. nicht nur in Wyk, sondern auch in Wittdün auf Amrum und in Dagebüll Vorzug bei der Vergabe von Nutzungszeiten erhält, weil wir dort die älteren Rechte erworben haben, und weil wir die Inseln mit dem Bahnverkehr vernetzen“, sagte der W.D.R.-Chef. Eine besondere Situation ergibt sich aus seiner Sicht auch bei der Nutzung der Fußgängerbrücken: „Die Fußgängerbrücken an den Anlegern in Wyk, Wittdün und Dagebüll gehören jeweils den dortigen Häfen“, sagte Meynköhn. „Vorrang an der jeweiligen Fährbrücke sollte immer derjenige Wettbewerber genießen, der sowohl die Fahrzeug- wie auch die Fußgängerbrücke bedient.“