Ruinöser Preiskampf im Internet setzt dem erfolgsverwöhnten Hamburger Outdoorhändler zu. 100 Stellen schon gestrichen

Hamburg. Für ein Abenteuer ist Globetrotter-Chef Andreas Bartmann immer zu haben. Erst im Februar des vergangenen Jahres zog der geschäftsführende Gesellschafter des Hamburger Outdoorhändlers durchs ewige Eis auf Spitzbergen und campierte bei Temperaturen von minus 25 Grad im Zelt. Alles, um auf den Spuren einer Gruppe verschollener Arktisforscher zu wandeln. Ein wenig ungemütlich fand Bartmann das schon, aber auch ausgesprochen faszinierend.

Die Aufgabe, vor der der Globetrotter-Chef nun allerdings steht, könnte schnell zu der größten Herausforderung seiner Karriere werden. Zusammen mit Co-Geschäftsführer und Miteigentümer Thomas Lipke muss Bartmann nämlich das eigene Unternehmen wieder auf Kurs bringen. Der harte Gegenwind aus dem Internet, hohe Investitionen in der Vergangenheit und der harte Verteilungskampf in der Branche insgesamt haben das Unternehmen in eine veritable Krise schlittern lassen.

Konnten die erfolgsverwöhnten Hamburger in den vergangenen Jahren stets mit Zuwachsraten im zweistelligen Prozentbereich glänzen, so dürfte der Umsatz im Ende Februar zu Ende gehenden Geschäftsjahr 2013/14 bestenfalls stagnieren. „Wir rechnen brutto mit einem Umsatz von etwa 245 Millionen Euro, was einem Minus von rund einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht“, sagt Bartmann. „Bestenfalls erreichen wir einen Umsatz auf Vorjahreshöhe.“

Auch das Konzernergebnis dürfte im jetzt zu Ende gehenden Geschäftsjahr leicht negativ ausfallen. „Wir erwarten hier eine rote Null“, so der Geschäftsführer.

Vor diesem Hintergrund kommt das Hamburger Unternehmen auch um harte Einschnitte im Personalbereich nicht herum. Erstmals in der 35-jährigen Geschichte ist es im vergangenen Jahr zu einem größeren Stellenabbau gekommen. 100 von 1500 Arbeitsplätzen wurden insbesondere in der Logistik in Hamburg gestrichen, befristete Verträge nicht verlängert.

Für das nächste Geschäftsjahr will Bartmann einen weitere Reduzierung der Mitarbeiterzahl nicht ausschließen. Man müsse im Rahmen der sich ergebenden Umsatzentwicklung den „notwendigen Personalbedarf neu bewerten“, sagt er. Insbesondere in der Logistik gebe es hohe Anforderungen in der Effizienz, um wirtschaftlich im Wettbewerb bestehen zu können. Ob es zu einem weiteren Stellenabbau komme, stehe noch nicht fest.

Den Hauptgrund für die schwierige Lage bei Globetrotter sieht Bartmann in der wachsenden, preisaggressiven Konkurrenz aus dem Internet. Dabei setzen nicht nur große Konkurrenten wie Amazon oder Zalando den Hamburgern zu, sondern auch vergleichsweise kleine Spezialisten wie etwa Bergfreunde.de, die gerade einen großen Winterschlussverkauf mit Rabatten von bis zu 50 Prozent gestartet haben. „Im Internet herrscht ein heftiger Preiskrieg, den wir bisher nicht mitgemacht haben“, sagt Bartmann. „Es ist sehr schwer, gegen Wettbewerber zu bestehen, die bewusst Geld verbrennen, um sich auf diese Weise Marktanteile zu kaufen“, so Bartmann. Ihre vornehme Zurückhaltung hat die Hamburger in den vergangenen Jahren viel Umsatz gekostet. Lag der Onlineanteil in der Vergangenheit schon mal bei etwa der Hälfte der Gesamterlöse, ist er jetzt auf nur noch ein Drittel zusammengeschnurrt.

Nun allerdings denken die Hamburger um und arbeiten an einer neuen Netzstrategie. „Wir überlegen, im Internet günstigere Preise als in unseren Läden anzubieten“, sagt Bartmann. Zugleich wolle man aber auch versuchen, die Kunden mit besonderen Serviceangeboten aus der Internetwelt wieder in die Geschäfte zu locken. „Wir denken zum Beispiel an die Möglichkeit, mehrere Jacken im Netz zu reservieren, um sie dann in der Filiale im Ruhe anprobieren zu können“, so der Chef.

Die harte Konkurrenz aus dem Netz ist allerdings nur eines der Probleme, mit denen die Hamburger Outdoorspezialisten im Augenblick zu kämpfen haben. Auch die großen Hersteller von Jacken, Stiefeln, Zelten oder Bergausrüstungen setzen Globetrotter mit ihren eigenen Markenshops zu. Auf rund 700 ist deren Zahl in den vergangenen Jahren in Deutschland angewachsen. In Hamburg machten unter anderem Mammut und The North Face eigene Shops in zentralen Lagen in der Innenstadt auf und zogen so Umsatz von der Konkurrenz ab.

Konnte die Branche den Zuwachs an Verkaufsfläche in den Boomjahren noch gut verkraften, so zeigen sich in der jetzigen Konsolidierungsphase die ersten Überkapazitäten. Für alle Outdoorhersteller und -händler wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel. Die meisten Familien und Abenteuerfans haben sich mittlerweile ausreichend mit wetterfesten Jacken, Alpinstiefeln, Zelten und Schlafsäcken eindeckt. Und weil die angebotene Ware bei Globetrotter und Co. langlebig ist, brauchen die Kunden auch erst einmal auf Jahre hinaus keine neue Artikel.

Große Erlebnishäuser will Globetrotter erst einmal nicht mehr eröffnen

Angesichts der schwierigen Situation hält sich Globetrotter mit der Eröffnung neuer, großer Läden zunächst einmal zurück. In Stuttgart wird in diesem Jahr noch die lange geplante, neunte Filiale des Unternehmens mit einer Verkaufsfläche von rund 6000 Quadratmetern aufmachen. „Das ist dann aber das letzte, große Haus, das ich in Deutschland sehe“, so Bartmann.

Die hohen Investitionen in aufwendige Filialen dürften ein nicht unwesentlicher Grund für die schwierige, finanzielle Lage sein, in der Globetrotter derzeit steckt. Mit Kletterwänden, Kältekammern und sogar kompletten Wasserbecken zum Testen von Faltbooten und Kanus konnten die Geschäfte in der Vergangenheit gar nicht aufwendig genug ausgestattet sein. Das brachte den Hamburgern zwar einerseits viel Lob für ihre innovativen Ideen ein, schlug sich aber nur bedingt in den Verkaufszahlen nieder.

„Wenn wir in den kommenden Jahren noch weitere Filialen eröffnen, dann werden dies deutlich kleinere Häuser mit einer Verkaufsfläche von etwa 1000 Quadratmetern sein“, sagt Bartmann. „Da sehe ich ein Potenzial für zehn bis 20 Häuser in Deutschland.“ Vor 2015 werde man solche Projekte aber nicht in Angriff nehmen.

Viel Geld hat Globetrotter in den vergangenen Jahren auch in Projekte abseits des Kerngeschäfts gesteckt. So wurde im November ein „Lodge“ genanntes Hotel auf dem Aschberg, mitten im schleswig-holsteinischen Naturpark Hüttener Berge in Betrieb genommen. Dort bietet das Unternehmen vor allem Seminare und Erlebnistouren für Firmengruppen an. Daneben gibt es ein Restaurant und einen Aussichtsturm. „Die Globetrotter Lodge wird sehr gut angenommen, in den ersten Monaten sind wir förmlich überrannt worden“, sagt Bartmann.

Um finanziell wieder etwas mehr Spielraum zu haben und für eine künftige Expansion gewappnet zu sein, haben die Globetrotter-Gesellschafter im Januar einen zusätzlichen Teilhaber ins Boot geholt. Der schwedische Hersteller Fenix Outdoor, zu dem bekannte Marken wie Fjällräven gehören, hat sich mit 20 Prozent an dem Hamburger Unternehmen beteiligt, die Mehrheit bleibt aber in der Hand der bisherigen Eigentümer.

„In den kommenden Monaten werden wir ausloten, welche Möglichkeiten sich aus der Zusammenarbeit mit Fenix ergeben“, sagt Bartmann. Unter anderem wolle man Synergien im Einkauf, in der Logistik und in der IT nutzen. Insgesamt ist der Globetrotter-Chef zuversichtlich, die Firma in diesem Jahr wieder auf Erfolgskurs bringen zu können. „Die Verlustzone werden wir dank der geplanten Maßnahmen voraussichtlich in diesem Jahr wieder verlassen können.“ Beim Umsatz wolle man etwa fünf Prozent zulegen und damit deutlich stärker als die gesamte Branche.