Wer bisher mit Ryanair geflogen ist, hat zwei Dinge erwartet und meistens auch bekommen: Besonders günstige Tickets und pünktliche Flüge. Viele andere Annehmlichkeiten, die es bei Konkurrenten gab und gibt, suchte der Passagier auf Schnäppchenjagd bei den Iren eher nicht. So nahm man zum Beispiel den manchmal ein wenig aggressiven Wettbewerb mit anderen Fluggästen um zusammenhängende Sitze in Kauf, denn feste Plätze konnte man nicht buchen. Die meisten Passagiere verstauten zudem ihre Kleidung im Bordgepäck, weil aufgegebene Koffer vergleichsweise teuer waren. Und der weite Weg zu den außerhalb der Ballungszentren gelegenen Flughäfen war meist ein Ärgernis, aber kein Hinderungsgrund, sich in einen der weiß-blau-gelben Flieger zu setzen.

Nun steckt Ryanair in den roten Zahlen und klagt über unwirtschaftliche Preise, hohe Kerosinkosten und ein schlechtes Image. Das Rezept, mit dem man aus der Krise fliegen will, klingt wenig überzeugend. Feste Sitzplätze gegen Entgelt, angeblich leicht sinkende Gepäckgebühren und viel Geld für Werbung sollen für dauerhaft hohe Gewinne sorgen. Die Iren verlieren peu à peu ihren größten Trumpf: den Preisvorteil zur Konkurrenz. Immer mehr Airlines wie Germanwings, Vueling, Easyjet und andere setzen Ryanair zu. Das beweist der Blick auf die Flugtarife für den Sommer. Die Iren findet man immer seltener auf Platz eins im Preisvergleich. Dem für lustige Marketingaktionen bekannten Chef Michael O’Leary könnte bald der Spaß an seiner Geschäftsidee vergehen. Denn die Nachahmer setzen dem Original kräftig zu.