Hamburger Modemarke will nach Verlustjahren mit neuem Investor Umsatz bis 2017 verdoppeln. Kids Fashion Group soll Absatzschub bringen

Hamburg. Die prominenten Gesichter von Bellybutton hängen an der rot gestrichenen Wand im Konferenzraum. Ex-Model Dana Schweiger und Schauspielerin Ursula Karven haben 1998 die Firma gegründet. Viele Jahre lang gehörten ihnen und ihren Freundinnen Annette Bode, Katja Emcke und Astrid Schulte jeweils ein Fünftel des Unternehmens in Ottensen. Seit Anfang Januar ist das anders. Mit dem Einstieg der Kids Fashion Group (KFG), die die Mehrheit der Anteile übernommen hat, steckt die Mode- und Lifestylefirma mitten im Umbruch. „Wir sind beim Wachstum an eine Grenze gestoßen und brauchten neue Strukturen. Die Marke ist so toll aufgebaut, wir möchten sie jetzt nach vorn treiben“, sagt die geschäftsführende Gesellschafterin Schulte, die auch ein Anzapfen des Kapitalmarktes künftig für möglich hält: „Ein Börsengang ist denkbar.“

Rückblick: Am Anfang steht die Idee, dass Schwangerschaft eine schöne Zeit ist – doch in den damals angebotenen Produkten fehlt den schwangeren Schweiger und Karven Esprit. Sie starten ein Kosmetiklabel und entwickeln Wonnepo (Babycreme) und Stillzart (Brustwarzenbalsam). Im Jahr 2000 machen sie rund 100.000 D-Mark Umsatz. In einem kleinen Büro in der Schanze steckt eine Sachbearbeiterin die bestellte Ware in Pakete. Bald darauf bringt Bellybutton (englisch für Bauchnabel) Kleidung auf den Markt. Auch werdende Mütter können sexy sein, lautete ihr Credo. „Wir haben immer die Produkte hergestellt, die wir uns als Schwangere und Mütter gewünscht haben“, sagt Dana Schweiger zur Entstehungsgeschichte. 2007 kommt zur Umstandsmode das Kindersortiment mit Kleidung, Autositzen und Büchern hinzu. Die fünf Freundinnen bringen dafür den Erfahrungsschatz von zusammen 16 Kindern mit. Die dreifache Mutter Schulte sagt: „Wir haben nach der Startphase immer Geld verdient.“

Das ändert sich vor zwei Jahren. Um weiteres Wachstum zu ermöglichen, wird die Bellybutton-Ware auch bei großen Händlern ins Programm genommen. Für das kleine Unternehmen, das 34 Frauen und zwei Männer beschäftigt, eine Zäsur. Ein Warenwirtschaftssystem muss angeschafft werden, damit die Händler per Mausklick sehen können, welche Produkte vorhanden sind. Dafür ist Voraussetzung eine EDV-Standleitung, die allein rund 300.000 Euro kostet. Die Händler verlangen (teure) Shop-in-Shop-Konzepte, die Ware wird erst bezahlt, wenn sie verkauft ist. Die Rentabilität sei daher geringer als bei kleineren Facheinzelhändlern. Die vergangenen beiden Geschäftsjahre enden bei jeweils knapp zehn Millionen Euro Umsatz in den roten Zahlen. „Wir haben nur leichte, keine dramatischen Verluste erlitten – aber das hat mich in meiner professionellen Ehre schon getroffen“, sagt die studierte Betriebswirtin, die eine schwarze Null angestrebt hatte. „Diese ,Wachstumsschmerzen‘ sind für Unternehmen, die expandieren, aber nicht ungewöhnlich.“

Nicht gerade gut fürs Image ist zudem das Aus für die beiden Bellybutton-Boutiquen. Im August 2013 wurde die Berliner Filiale am Kudamm geschlossen, Mitte Januar folgte das Hamburger Geschäft an der Poststraße. Beide Entscheidungen seien vom Franchisepartner nach Auslaufen der Mietverträge für die Immobilien getroffen worden, sagt die 48 Jahre alte Schulte. Baby Walz hatte den Laden gemietet, betrieben und das Personal gestellt. Nachdem bei dem Babyausstatter ein Sanierungsprogramm mit Stellenabbau gefahren wurde, wollte sich die Firma auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Auf eigene Boutiquen will Bellybutton künftig verzichten. Auch weil sich das Geschäft mit Umstandsmode wandele. Vor drei Jahren seien 30 Prozent der Erlöse aus dem Bereich übers Internet gekommen, heute sind es 70 Prozent.

In dem schneller und schwieriger werdenden Markt sucht Schulte nach einem strategischen Partner. Ein Finanzinvestor und die KFG stehen zur Auswahl. Letztlich fällt die Entscheidung zugunsten der Firma aus Pliezhausen (Baden-Württemberg), die 1949 gegründet wurde und bekannte Marken wie Steiff Collection und Kanz vertreibt. Den Ausschlag geben zwei Gründe. Zum einen gibt es im Vertrieb Synergien. Generell sei der Standort Hamburg zwar gesichert, den fünf Bellybutton-Mitarbeitern im Vertrieb drohen allerdings Veränderungen. Zwar sollen alle fünf übernommen werden, doch müssen sie dafür eventuell den Arbeitsort wechseln. „Es wird einige Kündigungen geben“, räumt Schulte offen ein, „unser Ziel ist es aber, dass unsere Leute weitgehend zusammenbleiben.“ Dafür steht ihr nun eine deutlich stärkere Vertriebsmannschaft zur Verfügung. Statt einem Außendienstmitarbeiter hat sie 40, ihre Produkte stehen bald in acht statt in einem Showroom.

Durch günstigeren Materialeinkauf soll die Rentabilität steigen

Das zweite Argument für die KFG waren deren Produktionsstätten in der Türkei. Auch bisher wurden die Textilien von Bellybutton dort hergestellt, nun zu deutlich besseren Konditionen auf den KFG-eigenen Maschinen. Stoffe könnten nun in größeren Mengen eingekauft werden, da die Kids Fashion Group auch für ihre anderen Marken Materialien braucht. Das macht den Einkauf günstiger. „Wir brauchen diese Skaleneffekte, um die Rentabilität zu steigern“, sagt Schulte. Die Margen im Kinderbereich seien gering. So sei der Einkauf einer fertigen Jeans für Kinder nur zwei bis drei Euro günstiger als die für Erwachsene, der Verkaufspreis liege aber auch nur bei maximal 30 gegenüber 80 Euro.

Mit der KFG im Rücken will Bellybutton nun zurück auf Wachstumskurs. „Wir wollen signifikant in Deutschland und Europa expandieren“, sagt Schulte. Derzeit seien die Produkte der oberen Mittelklassemarke bei 800 deutschen Einzelhändlern im Programm und bei 120 internationalen Geschäften in 15 Ländern wie Frankreich, Taiwan oder Hongkong. Derzeit würden für weitere Länder die Sortimente ausgewählt. „Wir versuchen in den nächsten drei Jahren, Umsatz und die Zahl der Geschäfte zu verdoppeln“, sagt Schulte. Bisher erzielt das Unternehmen etwa 60 Prozent der Erlöse aus dem Internet, 40 Prozent aus den stationären Geschäften. Für 2014 erwartet sie eine Verschiebung hin zum stationären Handel. Durch das 350 eigene Geschäfte umfassende KFG-Netz könnte der Anteil auf 50 Prozent steigen. Kamen bisher jeweils die Hälfte der Einnahmen aus Umstandsmode und Kinderbereich, soll der Kinderbereich 2014 auf 70 Prozent wachsen.

Für die Expansionspläne nimmt sie Einschnitte in ihrem Handlungsspielraum hin. Entschied Schulte bislang allein, hat sie nun mit den KFG-Geschäftsführern Özgür Kemal Bender und Harald Hepperle zwei gleichberechtigte Kollegen an ihrer Seite. Solche Konzernstrukturen schocken sie aber nicht, sie kenne diese aus ihren früheren Tätigkeiten bei der Unternehmensberatung Roland Berger oder dem Luxusgüterkonzern Richemont (Montblanc, Cartier). Dennoch schlagen zwei Herzen in ihrer Brust. So schwer der Verlust der Unabhängigkeit für das private Herz sei. „Das Businessherz sagt: Das ist das Beste, was du machen kannst.“ Das Aufgebaute könne jetzt gehebelt werden. Das sähen auch die anderen Urgesellschafterinnen so, sagt Schulte. Bis auf Annette Bode bleiben alle an Bord, allerdings mit deutlich geringeren Anteilen. Und Dana Schweiger und Ursula Karven werden weiterhin als Botschafter der Firma auftreten.