Bei der Fusion mit der chilenischen Reederei CSAV sollen alle Anteilseigner – auch die Stadt – Kapital zuschießen

Hamburg. Hapag-Lloyd steht vor tief greifenden Umwälzungen. Im Zuge der bevorstehenden Fusion mit der chilenischen Reederei CSAV wird sich die Eigentümerstruktur offenbar komplett wandeln. Der größte Anteilseigner des Traditionsunternehmens vom Ballindamm wird künftig nicht mehr in Hamburg sitzen, sondern in Chile. Das geht zumindest aus einem offiziellen Schreiben von CSAV an die chilenische Aufsichtsbehörde für Wertpapiere und Versicherungen hervor. Dennoch ist eines sicher: Der Hauptsitz soll weiterhin in der Hansestadt bleiben.

In dem Brief teilt die Reederei Einzelheiten zur geplanten Fusion mit Hapag-Lloyd mit, welche die Vorstände der beiden Unternehmen in einem sogenannten Memorandum of Understanding (Absichtserklärung) festgelegt haben. Darin wird erstmals deutlich gemacht, dass Südamerikas größte Reederei Compañia Sud Americana de Vapores (CSAV) mit Hauptsitz in Valparaiso künftig 30 Prozent der Anteile an Hapag-Lloyd halten wird. Damit wird sie zum größten Einzeleigentümer, denn die Anteile der bisherigen Hapag-Eigentümer, die Stadt (36,9 Prozent), der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne (28,2 Prozent), der Reisekonzern TUI (22 Prozent), die Signal Iduna Gruppe (5,3 Prozent), die HSH Nordbank sowie das Bankhaus Warburg (2,9 Prozent) und die Hanse Merkur Versicherung (1,8 Prozent) werden dabei entsprechend sinken.

Doch die Chilenen bekommen noch mehr. So heißt es im Vorvertrag auch, dass sich die Anteile von CSAV an Hapag-Lloyd innerhalb von 100 Tagen nach der Fusion auf 34 Prozent erhöhen. Dieses geschieht im Zuge einer Kapitalaufstockung durch die Eigentümer in Höhe von 370 Millionen Euro, von der die Chilenen mit 259 Millionen Euro die Hauptlast schultern werden. Den Rest müssen die übrigen Anteilseigner aufbringen.

Dabei steht auch die Stadt vor der Entscheidung, weiteres Kapital in Hapag-Lloyd zu investieren, falls ihr Einfluss nicht noch weiter absinken soll. Dem Vernehmen nach plant der Senat, seine Beteiligung um 35 bis 40 Millionen Euro aufzustocken, was angesichts der Gesamtsumme der Kapitalzufuhr gering ist. Weitere 370 Millionen Euro sollen im Zuge eines Börsengangs von Hapag-Lloyd erwirtschaftet werden. Wie dem Schreiben von CSAV zu entnehmen ist, soll dieser innerhalb eines Jahres nach Abschluss der Transaktion erfolgen. Durch die Kombination der Geschäfte und Liniendienste erwarten die Vertragspartner jährliche Synergien in Höhe von umgerechnet knapp 220 Millionen Euro, wie es in der Mitteilung von CSAV heißt.

Ziel der Kapitalaufstockung ist es, das Gesamtunternehmen für den Börsengang hübsch zu machen. Der größte Teil des Geldes geht aber in die Finanzierung von sieben neuen Schiffen mit einer Kapazität von jeweils 9300 Standardcontainern, die CSAV für den Lateinamerikaverkehr geordert hat. Derzeit arbeiten die Vertragspartner an einem Businessplan, um die operative Effizienz von Hapag-Lloyd/CSAV zu erhöhen. Nach der Fusion kommt Hapag-Lloyd auf einen Gesamtumsatz von über 8,5 Milliarden Euro im Jahr sowie eine Transportkapazität von ungefähr einer Million Standardcontainern. Allerdings nur, wenn die Fusion durchgeht. Denn noch sind die Vereinbarungen nicht bindend.

Neben den Anteilsverhältnissen ändert sich auch die Bündnisstruktur im Unternehmen. Mit dem städtischen Konsortium stand bisher der TUI eine starke Gruppe gegenüber, die verhindern wollte, dass der Reisekonzern TUI die für Hamburg als Schifffahrtsstandort so wichtige Reederei an ausländische Investoren veräußert, und der Unternehmenssitz abwandert. Nach Auflösung der Albert Ballin KG im vergangenen Herbst, in der die städtischen Investoren ihre Interessen gebündelt hatten, entsteht nun eine neue starke Gruppe. So wurde vereinbart, dass die Hansestadt, Kühne und CSAV als die Ankeraktionäre eine Vereinbarung schließen, wonach sie künftig mit einer Stimme sprechen wollen und Beschlüsse gemeinsam tragen. Das neue Bündnis wird 75,5 Prozent der Anteile an dem Gesamtunternehmen halten.

Von der HSH Nordbank, Warburg und den Versicherungen ist in dieser Übereinkunft nicht mehr die Rede. Auch nicht von der TUI, die sich möglichst schnell von ihren restlichen Anteilen trennen will. Den Aktien der Hannoveraner tat der Vorvertrag zur Fusion gut. Der Kurs kletterte am Donnerstag im MDAX um bis zu 3,7 Prozent. Ein Zusammenschluss von Hapag-Lloyd mit CSAV könnte TUI die Möglichkeit geben, für seinen Anteil einen guten Preis zu bekommen, erklärte Equinet-Analyst Jochen Rothenbacher.

Hamburgs Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) sagte: „Wir begrüßen die Unterzeichnung zwischen der CSAV und Hapag-Lloyd. Als größter Anteilseigner von Hapag-Lloyd wird die Stadt die anstehenden Fusionsverhandlungen eng begleiten und an neuen Absprachen zwischen den Gesellschaftern konstruktiv mitwirken.“ Oberstes Ziel des Senats bleibe die Sicherung von Hapag-Lloyd als wettbewerbsfähige deutsche Reederei mit Sitz in Hamburg. Die Grünen sprachen von einem „positiven Signal in schwierigen Zeiten“.