Seit vielen Jahren stöhnt das Gros der Gewerkschafter über einen zum Teil immensen Mitgliederschwund. Die Schuld für diese Entwicklung suchen die meisten Funktionäre nicht bei sich selbst, sondern lieber außerhalb der eigenen Arbeitnehmerorganisation. Die Wirtschaft insgesamt habe sich eben dramatisch verändert, heißt es lapidar. Oder: Die Gesellschaft sei insgesamt egoistischer geworden. Und der einzelne Beschäftigte habe kaum noch Interesse, sich zu organisieren, für seine Rechte einzutreten.

Dass es auch anders geht, hat in den vergangenen Jahren Europas mächtigste Industriegewerkschaft bewiesen. Auch sie hat unter dem Strukturwandel in ihren Branchen gelitten, musste sich neu aufstellen, bisher unbekannte Themenfelder besetzen, Antworten auf zuvor nie gestellte Fragen finden. Doch sie hat diese Herausforderung angenommen und ist damit erfolgreich. Agieren statt lamentieren – mit dieser Formel konnte die IG Metall seit Ende 2010 ihre Mitgliederzahl stetig erhöhen.

So haben sich die Frankfurter Gewerkschaftszentrale und die mächtigen Bezirksleitungen in den vergangenen Jahren konsequent und erfolgreich um die zentralen Themen Ausbildungsplätze, Leiharbeit und Lohnentwicklung gekümmert. Es gab Übernahmegarantien für junge Menschen, strikte Regeln für Leiharbeiter und im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen ein deutliches Plus in den Portemonnaies der Beschäftigten. Trotzdem war den Funktionären die Gesamtentwicklung der Metallindustrie und ihrer einzelnen Branchen nicht gleichgültig. Immer wieder wurden Ausnahmeregelungen für Problembetriebe und -branchen gefunden. Die Beschäftigten goutierten diese gute Arbeit ihrer Gewerkschaft, unterschrieben Mitgliedsanträge.

Eine Entwicklung, die sicherlich auch eng mit dem Namen des bisherigen IG-Metall-Vorsitzenden Berthold Huber verbunden ist. Im Januar 2015 wird sich zeigen, ob sein Nachfolger Detlef Wetzel den Aufwärtstrend fortschreiben kann.