Laut Studie sind auch unter Bulgaren und Rumänen überdurchschnittlich viele Akademiker

Berlin. Von Einwanderern in Deutschland profitiert einer Studie zufolge neben der Wirtschaft auch der Staat. „Viele Zuwanderer sind hoch qualifiziert und tragen damit dazu bei, den Fachkräftemangel einzudämmen“, teilte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) am Montag mit. Der Zustrom könne helfen, die Konjunktur anzuschieben und die öffentlichen Haushalte zu stabilisieren. Deutschland müsse deshalb mehr Anreize für Zuwanderer schaffen, um den Bevölkerungsschwund abzufedern und im internationalen Wettbewerb um ausländische Fachkräfte nicht ins Hintertreffen zu geraten, sagte IW-Direktor Michael Hüther. „Wir müssen uns attraktiv machen.“

Kontrovers diskutiert wurde zuletzt vor allem die Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren, für die es seit Anfang 2014 auf dem deutschen Arbeitsmarkt keine Schranken mehr gibt. Die Debatte über einen vermeintlichen Missbrauch des Sozialsystems wurde von der CSU befeuert. Der Begriff Sozialtourismus ist sogar das Unwort des Jahres 2013. Hüther kritisierte die Debatte als unsachlich. Denn gerade der Zustrom aus Rumänien und Bulgarien zahle sich aus: Rund 25 Prozent der Neuankömmlinge aus diesen Ländern hätten einen akademischen Abschluss. Unter den Zuwanderern insgesamt seien es sogar 29 Prozent – in der Gesamtbevölkerung Deutschlands indes nur 19 Prozent.

Positiv sei vor allem, dass rund zehn Prozent aller erwachsenen Zuwanderer einen Hochschulabschluss in einem sogenannten MINT-Fach hätten – also in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften oder Technik. Unter den Rumänen und Bulgaren liege dieser Anteil mit gut acht Prozent ebenfalls höher als in der Gesamtbevölkerung mit sechs Prozent, betonte Hüther. „Die Zuwanderer sind im Schnitt sehr viel höher qualifiziert als früher.“ Die Situation heute sei völlig anders als noch vor rund 15 Jahren.

Von mehr Zuwanderung profitierten auch die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die öffentlichen Haushalte. Hüther verwies auf Berechnungen der Wirtschaftsweisen, wonach das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft langfristig um 0,4 Prozentpunkte steige, sofern die jährliche Nettozuwanderung nach Deutschland um 100.000 zulege. Im vergangenen Jahr kamen erstmals seit 1993 wieder 400.000 mehr Menschen aus dem Ausland als fortzogen. Dies sei aber wohl der Höhepunkt gewesen, warnte Hüther. Deutschland müsse Fachkräfte aktiv ködern und etwa ausländische Abschlüsse einfacher anerkennen. Wenn die Politik nicht reagiere und auch an anderen Stellschrauben wie der Teilzeitbeschäftigung und dem Berufs- oder Renteneintrittsalter nicht drehe, fehlten bis 2030 rund 2,4 Millionen Fachkräfte.