Überschussbeteiligung der 40 größten Lebensversicherer sinkt für 2014 auf 3,37 Prozent. Große Abendblatt-Umfrage

Hamburg. Die Besitzer von Lebens- und Rentenversicherungen müssen sich auch im laufenden Jahr auf eine sinkende Verzinsung einstellen. Angesichts der niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt haben drei Viertel der 40 größten Lebensversicherer ihre Überschussbeteiligung für 2014 gesenkt, der Rest hielt sie stabil. Im Schnitt werden die Beiträge der Kunden mit 3,37 Prozent verzinst, wie die Umfrage des Abendblatts ergab. Das ist ein neuer Tiefstwert. Im Vorjahr lag die Verzinsung noch bei 3,58 Prozent. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zur beliebtesten Altersvorsorge der Deutschen.

Warum fällt die Überschussbeteiligung Jahr für Jahr geringer aus?

Rund 90 Prozent der Kundengelder legen die Lebensversicherungen in festverzinslichen Wertpapieren an. Doch diese Anlagen bringen seit Jahren nur noch sehr niedrige Zinsen. So lag die durchschnittliche Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe im vergangenen Jahr bei 1,6 Prozent. Auch die Anleihen großer Firmen wie Daimler oder Telekom bringen kaum mehr. Gemessen daran liegt die Überschussbeteiligung noch über dem aktuellen Zinsniveau, weil die Versicherer von älteren, höher verzinsten Anleihen profitieren. Doch die Reserven der Versicherer schmelzen dahin.

Wie lange können Versicherer das niedrige Zinsniveau noch überstehen?

Nach einer Modellrechnung der Bundesbank könnte jeder dritte Lebensversicherer in zehn Jahren Probleme bekommen, wenn die Zinsen auf dem aktuellen Niveau verharren. Dann wäre es denkbar, dass es selbst bei den garantierten Zinsen für die Kunden Kürzungen geben könnte. Nach einer Einschätzung der Bundesregierung bringt die Niedrigzinsphase bis zum Jahr 2018 keinen deutschen Lebensversicherer in Schwierigkeiten.

Warum profitieren die Versicherer nicht vom Anstieg der Aktienmärkte?

Der Aktienanteil der Lebensversicherer liegt unter fünf Prozent. Seit dem Aktiencrash im Jahr 2000 meiden die meisten Anbieter die Anlageform. Außerdem müssten Aktieninvestments zur Absicherung mit einem hohen Anteil an Eigenkapital unterlegt werden. Das können sich nur wenige, finanzstarke Lebensversicherer leisten.

Welche Unterschiede gibt es zwischen den Lebensversicherern?

Die Spanne der Überschussbeteiligung reicht bei den 40 größten Gesellschaften von vier Prozent (Targo) bis drei Prozent (HDI, Swiss Life und andere). Der Abstand zwischen den Gesellschaften wird nach Einschätzung von Experten in den nächsten Jahren noch zunehmen. So konnte es sich Marktführer Allianz in diesem Jahr leisten, die Überschussbeteiligung konstant zu halten, während andere sie um bis zu 0,50 Prozentpunkte senkten. Die Allianz hat in den vergangenen Jahren verstärkt in Immobilien, Energienetze, regenerative Energien und auch Aktien investiert. Auch andere Unternehmen wie Debeka oder Signal Iduna gehen ähnliche Wege, um die niedrigen Zinsen zumindest zum Teil auszugleichen.

Was bedeutet die sinkende Überschussbeteiligung für die Bestandskunden?

Sie müssen sich darauf einstellen, dass die Ablaufleistung oder die monatliche Rente weiter sinkt. Sie wird stets mit der aktuellen Überschussbeteiligung für den Rest der Laufzeit hochgerechnet. Wer mehrere Jahresmitteilungen seiner Versicherung nebeneinander legt, kann das leicht nachvollziehen.

Was ist, wenn mein Garantiezins höher ist als die aktuelle Überschussbeteiligung?

Dann bekommt der Kunde den Garantiezins, der ihm bei Vertragsabschluss zugesagt wurde. Verträge mit einem Garantiezins von vier oder 3,50 Prozent sind deshalb besonders wertvoll, denn 60 Prozent der 40 Gesellschaften liegen mit ihrer durchschnittlichen Überschussbeteiligung schon unter diesen Werten. Um die Verpflichtungen der Altkunden dauerhaft zu erfüllen, müssen die Versicherer seit 2011 eine Zinszusatzreserve bilden. Das Geld fehlt dann für die Überschussbeteiligung der übrigen Kunden. Es kommt also zu einer stärkeren Ungleichbehandlung der Kunden. Je nach Abschlussjahr liegt der Garantiezins zwischen 1,75 und vier Prozent.

Für welche Verträge gilt die Überschussbeteiligung?

Die in der Tabelle ausgewiesenen Werte sind in der Regel die Durchschnittswerte der Gesellschaften. Für einzelne Verträge können sie auch höher oder niedriger ausfallen. Bei den meisten Anbietern gelten die Werte auch für private Rentenversicherungen und Riester-Verträge. Die höhere Gesamtverzinsung hat nur für Kunden Bedeutung, deren Vertrag in diesem Jahr ausläuft.

Soll ich meine Lebensversicherung jetzt kündigen?

„Bei vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Policen rate ich meist von einer Kündigung ab“, sagt der Hamburger Versicherungsberater Rüdiger Falken. Die Auszahlungen aus diesen Verträgen sind noch komplett steuerfrei. „Auch wenn die Verträge mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung gekoppelt sind, sollte man daran nicht rühren“, sagt Falken. Das gelte auch für Verträge mit hohem Garantiezins.

Lohnt der Abschluss einer Rentenversicherung noch?

Die Verbraucherzentrale Hamburg rät wegen hoher Kosten, sinkender Renditen und langer Laufzeit ab. Allerdings bieten neue Rentenversicherungen noch Renditen von bis zu 4,2 Prozent (Europa). Bei Neue Leben, HUK Coburg und Targo sind es 3,9 Prozent. Das ist mit herkömmlichen Sparprodukten derzeit nicht zu erzielen. Wenn die Überschussbeteiligung in den nächsten Jahren aber weiter sinkt, sind auch diese Renditeversprechen nicht mehr erzielbar. Auf die Vorwürfe der Verbraucherschützer hat Cosmos Direkt (Rendite für neu abgeschlossene Rentenversicherungen 3,8 Prozent) reagiert. Der monatliche Beitrag ist jederzeit änderbar, und bei einer vorzeitigen Kündigung erhält der Kunde mindestens alle eingezahlten Beiträge zurück.