Öko-Institut kritisiert hohen Energieverbrauch bei der Herstellung und geringe Recyclingquote. Tchibo arbeitet an einer neuen Variante, die ausschließlich aus Kunststoff besteht und dadurch besser wiederzuverwerten wäre.

Hamburg. Eine leere Kaffeekapsel von Nespresso wiegt rund ein Gramm. Das Espresso-Döschen des Marktführers ist ein Fliegengewicht, und das gilt auch für die Kunststoffkapsel des schärfsten Konkurrenten Tchibo mit ihren zwei bis drei Gramm. Ganz anders sieht es allerdings bei der Umweltbelastung der beliebten Kaffeeportionen aus: In Deutschland werden in diesem Jahr rund 4000 Tonnen Aluminium- und Plastikmüll aus rund zwei Milliarden Kaffeekapseln anfallen, die Nespresso, Tchibo und andere Kapselhersteller mindestens verkaufen werden. Als Durchschnittsgewicht sind zwei Gramm je Kapsel zugrunde gelegt.

Zweistellige Wachstumsraten machen das Kapselgeschäft zum Liebling der Kaffeekonzerne, sie investieren viel Geld und machen teure Werbung. Doch der Müllberg aus verbrauchten Kapseln wächst ebenso rasant, und das ruft nun Umweltschützer vom Freiburger Öko-Institut auf den Plan. Nach Branchenschätzungen hat allein die Schweizer Nestlé-Tochterfirma Nespresso vergangenes Jahr weltweit mindestens acht Milliarden Kaffeekapseln verkauft. Das ergibt einen Aluminium-Berg von 8000 Tonnen. „Uns stört vor allem der enorme Ressourcenverbrauch. Die Kritik betrifft den hohen Energiebedarf bei der Herstellung ebenso wie den geringen Grad des Recyclings“, sagte Günter Dehoust, Wissenschaftler beim Freiburger Öko-Institut, dem Abendblatt. Die Aluminiumproduktion benötigt extrem viel Energie. Zudem zweifelt der Umweltschutzingenieur die Angaben der Konzerne zu Recyclingquoten an. Wenn Nespresso von 70 Prozent und mehr spreche, sei dies in keiner Weise nachvollziehbar. „Kaffeekapseln sind aus unserer Sicht nicht wünschenswert“, sagte Dehoust zurückhaltend.

Immerhin stellt das Öko-Institut den Aluminiumkapseln noch ein besseres Zeugnis aus als den Plastikkapseln, die Tchibo oder Mondelez, der frühere Konzern Kraft Foods, vertreiben. Das Tchibo-System Cafissimo oder das Mondelez-Modell Tassimo nutzen Kunststoffdöschen, die noch zusätzlich einen Deckel aus Aluminium verwenden. Das Produkt von Nespresso besteht dagegen nur aus diesem Material. „Sortenreinheit macht das Recycling einfacher als Mischformen“, sagte Dehoust. Die Konzerne reden ungern über das Thema. „Details der Kapseln sind die höchste Geheimhaltungsstufe. Da liegen die Nerven blank“, sagte ein Branchenkenner. Die Kundschaft soll kein schlechtes Gewissen bekommen, dass die Kapseln die Umwelt belasten.

Deshalb entwickelt zum Beispiel Tchibo eine Kapselvariante, die ausschließlich aus Kunststoff besteht und dadurch besser wiederzuverwerten wäre. „Wir arbeiten laufend daran, den Materialeinsatz zu optimieren und so die Verwertbarkeit der Kapseln weiter zu verbessern“, sagte ein Tchibo-Sprecher. Konkret wurde er nicht.

Im Heimatland von Nespresso, in der Schweiz, hat das Unternehmen ein Rückholsystem aufgebaut, bei dem der Postbote gebrauchte Kapseln zu Hause abholt. In einem Vergleich der Zeitschrift „Öko-Test“ wird dies positiv herausgestellt. Für Deutschland ist solch ein Service bislang nicht geplant.