Haspa-Chef Harald Vogelsang über Angebote der Konkurrenz, aufwendige Kontrollen der Europäischen Zentralbank und Pläne für das Jahr 2014

Hamburg. Deutschlands größte Sparkasse hat kein einfaches Jahr hinter sich. Niedrige Zinsen und umfangreiche regulatorische Auflagen lassen Haspa-Chef Harald Vogelsang kurz vor dem Weihnachtsfest nicht gerade frohlocken. Doch trotz aller Probleme zieht der Vorstandssprecher der Hamburger Sparkasse im Abendblatt-Interview ein positives Fazit für 2013. Ein Gespräch über Kundenzuwachs, verpasste Chancen vieler zu zögerlicher Anleger am Aktienmarkt und eine attraktive Filialleiterin, die für die Konkurrenz in langen TV-Spots werbewirksam durch Hamburg läuft.

Hamburger Abendblatt:

Herr Vogelsang, mal ehrlich: Haben Sie sich in den vergangenen Jahren als Inflationsschutz Gold gekauft?

Harald Vogelsang:

Nein, ich habe kein Gold gekauft. Gold ist für mich eine Angstwährung – und ich bin kein ängstlicher Anlagetyp. Ich habe stattdessen in den vergangenen Jahren lieber den Kredit für meine private Immobilie reduziert und in Aktien investiert. Wenn man als älterer Mensch auf Nummer sicher gehen will, kann es vielleicht beruhigend sein, Gold mit zehn, maximal 20 Prozent seinem Vermögen beizumischen. Aber man hat in den vergangenen Monaten ja auch gesehen, wie volatil der Goldpreis ist.

Wie ist Ihre Prognose für die Inflation in Deutschland?

Vogelsang:

Ich gehe von langsam steigenden Inflationsraten aus. Aber noch nicht 2014. Doch 2015 und 2016 halte ich in Deutschland eine Inflation von mehr als zwei Prozent für möglich.

Sie haben die Niedrigzinspolitik der EZB bereits mehrfach kritisiert. Würde aber bei höheren Zinsen wegen teurerer Kredite nicht die Konjunktur in Europa abgewürgt?

Vogelsang:

Ein maßvoller Umschwung der EZB-Niedrigzinspolitik wäre sinnvoll. Der sich mittlerweile selbsttragende Aufschwung in Europa würde diesen Schwenk vertragen. Langfristig kann eine Wirtschaftswelt mit so viel billigem Geld nicht funktionieren. Und dauerhaft zu niedrige Zinsen bedeuten auch große Gefahren für die Altersvorsorge der Bundesbürger.

Wie schlägt sich die Haspa wirtschaftlich in diesem für Geldinstitute nicht einfachen Umfeld?

Vogelsang:

Das Jahr 2013 ist für die Haspa recht ordentlich gelaufen. Wir werden einen erfreulichen Jahresüberschuss auf Vorjahresniveau erzielen. Rekordjahre kann man in diesem Zinsumfeld nicht erzielen.

Wie hat sich die Kundenzahl entwickelt?

Vogelsang:

Wir konnten sehr viele neue Kunden gewinnen. Auch netto werden es mehrere Tausend sein. Und bei unseren hoch verzinsten Mäusekonten für Kinder haben wir die Zahl von 70.000 erreicht.

Und wie sieht es bei Spareinlagen und Krediten aus?

Vogelsang:

Die Spareinlagen sind noch einmal gestiegen, und auch das Kreditgeschäft läuft gut.

Boomt die Immobilienfinanzierung noch so stark wie in den vergangenen Jahren?

Vogelsang:

Die Zuwachskurve hat sich abgeflacht, ist aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Auch die Neubautätigkeit in Hamburg hat sich auf einem guten Niveau stabilisiert. Das ist eine gesunde Entwicklung. So laufen wir keine Gefahr, dass sich eine Immobilienpreisblase bildet.

Planen Sie neue Filialen?

Vogelsang:

Wir überprüfen unser Filialnetz ständig. Wo es Sinn macht und die Nachfrage wächst, eröffnen wir neue Filialen wie in der HafenCity. Mit Blick auf das boomende Onlinebanking haben wir in den vergangenen Jahren auch Filialen zusammengelegt und insgesamt einen leichten Rückgang gehabt. Aber wir sind immer noch an mehr als 200 Standorten präsent.

Werden Sie die Zahl der Arbeitsplätze konstant halten können?

Vogelsang:

Wir haben seit 2007 rund 500 zusätzliche Stellen geschaffen. Seit diesem Jahr ist kein weiterer Aufbau geplant. Es dürfte in den kommenden Jahren zu einem leichten Rückgang der derzeit über 5000 Stellen kommen, allerdings werden wir das über die natürliche Fluktuation und freiwillige Lösungen erreichen.

Wie sieht es mit der Risikobereitschaft der Kunden aus? Werden wieder mehr Aktien nachgefragt?

Vogelsang:

Wir haben in den letzten drei Jahren immer wieder für die Beimischung von Aktien im Depot geworben. Die Nachfrage nach Aktien ist 2013 auch etwas gestiegen. Allerdings sind es in den vergangenen Jahren viel zu wenige Anleger gewesen, die Aktien gekauft haben. Der große Börsenaufschwung ist wieder einmal am Gros der Privatanleger vorbeigegangen. Leider.

Würden Sie bei den derzeit hohen Aktienkursen noch zum Einstieg raten?

Vogelsang:

Die Frage ist schwer zu beantworten. Ich würde auf jeden Fall nicht noch bis Mitte 2014 warten und dann die Hälfte meines Vermögens in einzelne Aktientitel investieren. Das ist viel zu riskant. Allerdings halte ich es durchaus für ratsam, monatlich einen überschaubaren Betrag in Aktienfonds zu investieren.

Die HSH Nordbank sorgt ständig für Negativschlagzeilen. Leidet dadurch das Image der Banker insgesamt?

Vogelsang:

Die Imagewerte für die Haspa steigen. Trotzdem leiden wir schon mit der Konkurrenz, wenn immer wieder neue Probleme öffentlich werden. Aus meiner Sicht kann man die Themen der vergangenen Jahre aber nicht der aktuellen HSH-Führung anlasten. Der amtierende Vorstand sorgt im Gegenteil für die notwendige Aufklärung.

Würden Sie den Beruf des Bankers heute erneut ergreifen?

Vogelsang:

Auf jeden Fall. Auch wenn ich weiß, dass der Beruf heute wegen der aktuellen Niedrigzinsphase und der starken Regulierung deutlich schwieriger als früher ist.

Kennen Sie Lena Kuske?

Vogelsang:

(lacht): Nicht persönlich. Aber ich habe sie im Fernsehen gesehen.

Lena Kuske ist Filialleiterin der Commerzbank in Hamburg und geht in langen Werbespots, die in der Hansestadt spielen, mit großzügigen Prämien auf Kundenfang. Empfinden Sie das als bewussten Angriff auf die Haspa?

Vogelsang:

Nein. Zunächst einmal freue ich mich, dass eine attraktive Bankerin durch Hamburg läuft und damit für die schönste Stadt Deutschlands wirbt (lacht). Aber jetzt mal im Ernst: Ich empfinde es als eine Unverfrorenheit, dass ein Geldinstitut, welches mit 18 Milliarden Euro staatlich gestützt worden ist, Produkte bewirbt, zu Preisen, die ein normal kalkulierender Wettbewerber so nicht anbieten würde. Hier wird der Wettbewerb mit dem Einsatz von Steuergeldern verzerrt. Es ist für mich unbegreiflich, wie die Bundesregierung so etwas dauerhaft gutheißen kann. Das ist für mich nicht in Ordnung.

Die Haspa wird künftig – wie rund 120 andere Geldhäuser – direkt von der EZB kontrolliert. Dafür müssen Sie viele Tausend Daten nach Frankfurt übermitteln. Ein bürokratisches Monster?

Vogelsang:

Wir stellen für diese sehr aufwendigen Arbeiten mehr als 20 eigene Mitarbeiter ab. Hinzu kommen externe Berater. Das kostet uns viel Zeit und Geld. Selbstverständlich arbeiten wir so konstruktiv wie möglich mit der EZB zusammen. Allerdings sind diese Datenabfragen auf internationale Großbanken zugeschnitten. Das ganze Prozedere ist sicherlich gut gemeint, aber für ein vergleichsweise kleines Institut wie die Haspa nicht passend. Deswegen hoffen wir darauf, dass die EZB noch zu angemessenen Differenzierungen kommen wird.

Das Beste kommt wie so häufig zum Schluss: Sie haben in Ihrer Funktion als Haspa-Chef zum Jahreswechsel noch drei Wünsche frei.

Vogelsang:

Zunächst wünsche ich mir eine wirtschaftlich gute Entwicklung. Dann würde ich es begrüßen, wenn das Europaparlament endlich eine unabhängige Gesamtauswirkungsstudie der Bankenregulierung in Auftrag geben würde. Und drittens wünsche ich mir selbstverständlich zufriedene Haspa-Kunden.