Kommission treibt weiteren Vorstoß zur Liberalisierung voran. Auch Sorge um Streikrecht auf Terminals in Hamburg

Hamburg. Die Europäische Kommission in Brüssel steuert mit ihrer Hafenpolitik erneut auf eine schwere Konfrontation in Europa zu. Unter dem Titel „Zugang zum Markt für Hafendienste“ plant die Kommission eine Verordnung, die schon im kommenden Jahr nationales Recht werden könnte. Gewerkschaften und Parteien bringen sich nun in Stellung, um das Gesetzeswerk mit dem Arbeitstitel Port Package III zu verhindern. „Wir lehnen das Projekt Port Package III grundsätzlich ab“, sagte am Montag in Hamburg Norbert Hackbusch von der Partei Die Linke, der hafenpolitische Sprecher seiner Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. „Wir gehen davon aus, dass die EU-Kommission mit dieser Verordnung weit in das Tarifrecht und damit auch in das Streikrecht eingreifen würde, wenn das Vorhaben wie von der Kommission erhofft im März das Europäische Parlament passiert. Zur Disposition stünden dann womöglich auch die fünf arbeitsfreien Feiertage im Hamburger Hafen, an denen traditionell alle Terminals geschlossen sind.“

Bereits in den Jahren 2003 und 2006 war die EU-Kommission mit zwei Anläufen gescheitert, den europäischen Hafenbetrieb in Form einer Richtlinie stärker zu vereinheitlichen und zu liberalisieren. Vor allem 2006 gab es erbitterte Auseinandersetzungen mit der Hafenwirtschaft in ganz Europa. Dabei entstand eine breite Abwehrfront gegen die EU-Pläne. Das Management etwa des Hamburger Hafenlogistikkonzerns HHLA stritt damals gemeinsam mit Betriebsräten und Gewerkschaften. Die Vorlagen Port Package I und Port Package II wurden jeweils vom Europäischen Parlament zu Fall gebracht.

Der Widerstand gegen die EU-Kommission speist sich zum einen aus der grundlegenden Überzeugung, dass der Wettbewerb zwischen den europäischen Häfen bereits ausreichend liberalisiert ist. Die Gegner von Port Package III berufen sich dabei auf gängige Markterkundungen wie auch auf die oft wiederholten Aussagen der Hamburger Hafenwirtschaft, der Wettbewerb etwa an der Nordsee nehme an Härte ständig zu. Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) hatte den Vorstoß der EU-Kommission im Bundesrat bereits im September rundweg abgelehnt. Aber auch mit den Details des Vorhabens, die für Laien nur schwer zu verstehen sind, zieht die EU-Kommission wachsenden Unmut auf sich. Neben Sorgen um Tarifautonomie und Streikrecht spielen dabei auch mögliche Eingriffe in die Arbeit von Lotsen, der Hafenentsorgung und Baggerdiensten eine Rolle, auf die die Kommission stärker Einfluss nehmen will. „Wir haben ein großes Interesse an fairen Wettbewerbsbedingungen“, sagte am Montag Olaf Ohlsen, der maritime Koordinator der CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Die norddeutschen Seehäfen weisen hier aber keine Defizite auf. Gut funktionierende Strukturen im Bereich der Hafendienstleistungen dürfen nicht zerstört werden. Deshalb sagen wir klar Nein zu einem weiteren Port Package.“

Auch Regelungen zur Erhebung von Hafengebühren spielen im neuen Port Package eine Rolle. Die EU-Kommission will die Autonomie der Häfen teilweise einschränken und neue Gremien von Hafennutzern bei der Festlegung der Gebühren schaffen. „Wir fordern, dass die Erhebung von Infrastrukturentgelten auch in Zukunft Sache der Hafenbetreiber bleiben muss“, sagte Ohlsen. „Die Schaffung zusätzlicher Gremien bringt für die Hafennutzer keinen Mehrwert, sondern führt nur zu zusätzlichem Bürokratieaufwand.“

Als Verordnung hätte ein neues Port Package weit mehr Durchschlagskraft als in Form einer Richtlinie. Eine Verordnung müsste ohne Spielraum zur Interpretation in nationales Recht umgesetzt werden. In den Gremien der EU gibt es derzeit heftige Debatten darüber, was auf europäischer, was auf nationaler und was auf regionaler Ebene entschieden werden sollte.

Am vergangenen Donnerstag hatte Martin Schulz (SPD), der Präsident des Europäischen Parlaments, beim Reederessen des Verbandes Deutscher Reeder in der Handelskammer eine Stärkung eben dieses Subsidiaritätsprinzips eingefordert: „Wir müssen auf EU-Ebene das tun, was die Nationalstaaten und die Regionen nicht selbst leisten können. Aus anderen Themen sollte sich die EU tunlichst heraushalten.“