Kammerchef Frank Glücklich hört auf. Ein Gespräch über Schulden, Streit und seine Pläne

Hamburg. Seit fast zehn Jahren ist Frank Glücklich, 65, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handwerkskammer. Zum Jahreswechsel ist Schluss, dann wird er das Amt an seinen derzeitigen Stellvertreter Henning Albers, 53, übergeben. Das Abendblatt traf Glücklich in einer turbulenten Zeit für die altehrwürdige Institution: ein Abschiedsinterview über die finanzielle Situation der Kammer, interne Streitereien; aber auch über Glücklichs persönliche Zukunft und seinen Rat an junge Menschen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Glücklich, was überwiegt: Die Freude auf den Ruhestand oder die Furcht, sich ohne den täglichen Gang zur Handwerkskammer zu langweilen?

Frank Glücklich

(lacht): Selbstverständlich freue ich mich darauf, mehr Zeit für Aktivitäten zu haben, die wegen meiner Kammertätigkeit in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen sind: Theaterbesuche, Lesen oder auch Fitness. Zudem werde ich als Berater weiter arbeiten, allerdings abseits der Kammer. Langweilig wird es mir also bestimmt nicht. Und ich gehe mit einem guten Gefühl. Denn die Weichen für die Zukunft der Kammer sind aus meiner Sicht richtig gestellt.

Sie waren zehn Jahre lang für das operative Geschäft der Handwerkskammer verantwortlich. Was waren Ihre drei wichtigsten Maßnahmen, welche die Kammer auch künftig prägen werden?

Glücklich:

Letztlich sind es nicht meine Maßnahmen, sondern die Maßnahmen aller bei der Kammer Beschäftigten. Ich denke, dass wir zusammen viele sinnvolle Zukunftsinvestitionen angeschoben haben bei gleichzeitig konsolidierten Finanzen. Dass wir zweitens die Kammerstruktur modernisiert haben. Und drittens konnten wir durch unsere Einflussnahme die politischen Rahmenbedingungen für das Hamburger Handwerk deutlich verbessern.

Was heißt das konkret?

Glücklich:

Der Masterplan 2020 für das Handwerk war aus meiner Sicht ein Meilenstein. Durch ihn haben wir zum Beispiel zusätzliche Gewerbeflächen in der Stadt gewonnen. Zudem konnten wir Fachkräfte, die sehr rar sind, sichern und junge Menschen für das Handwerk begeistern. So hat das Handwerk 2012 mehr Ausbildungsverträge geschlossen als 2011. Damit nehmen wir eine bundesweite Spitzenposition ein.

Es gab nicht nur Lob für die Kammer, sondern in den vergangenen Jahren auch zum Teil heftige Kritik aus den eigenen Reihen. Gestiegene Mitgliedsbeiträge, hohe Schulden, eine zu teure Imagekampagne sind nur drei Stichworte. War die Kritik im Nachhinein berechtigt?

Glücklich:

Letztlich ist es immer die gleiche kleine Gruppe, die Kritik übt. Man darf nicht vergessen, dass wir seit der Umstellung unserer Altersversorgung ab 2004 systematisch Altlasten angehen und nicht mit einem „weiter so“ die finanziellen Verpflichtung der Kammer einfach auf kommende Generationen schieben. Zudem hat die kritisierte Imagekampagne, die aus zusätzlichen Beiträgen finanziert wurde, viel gebracht. Handwerksberufe werden von den Jugendlichen heute deutlich positiver gesehen als zuvor. Wir konnten in Hamburg mehr Abiturienten und mehr Mädchen für das Handwerk begeistern.

Wie hoch sind die Schulden derzeit, schreibt die Kammer Verluste?

Glücklich:

Wir haben im Moment knapp 20 Millionen Euro Schulden und werden ein positives Ergebnis für das laufende Jahr ausweisen.

Derweil stockt die notwendige Renovierung der Zentrale am Holstenwall. Auch die Modernisierung des Seniorenwohnparks lässt auf sich warten. Wie geht es bei beiden Projekten weiter?

Glücklich:

Bei der Zentrale strecken wir die Arbeiten über zehn Jahre. Die Kosten dürften bei 11,4 Millionen Euro liegen. Für den Seniorenwohnpark werden zudem bis 2020 rund 12,8 Millionen Euro fällig.

Wie soll das bezahlt werden? Über Beitragserhöhungen? Neue Schulden?

Glücklich:

Bei der Planung dieser beiden weiteren Modernisierungsvorhaben haben wir Beitragserhöhungen ausgeschlossen. Für den Holstenwall rechnen wir mit einem Eigenmitteleinsatz von 2,5 Millionen Euro. Den Rest wollen wir mit Hypotheken finanzieren, die dann langfristig abgetragen werden. Für den Seniorenwohnpark ist ein Finanzierungskonzept vorgesehen, das sich selbst trägt und den Kammerhaushalt nicht berührt. Wichtig ist: Das ist bislang nur ein Plan. Über die Umsetzung entscheidet erst unser im kommenden Jahr neu gewähltes Parlament.

Der Bau des Kompetenzzentrums in Harburg wurde wegen der Kosten ebenfalls kritisiert. Wie hoch ist die Auslastung?

Glücklich:

Die Auslastung liegt derzeit bei 80 Prozent, das ist ein bundesweiter Spitzenwert bei vergleichbaren Einrichtungen.

Sie selbst sind Quereinsteiger im Handwerk. Würden Sie mit Ihrem nun gewonnenen Einblick einem jungen Menschen eine Handwerkerausbildung empfehlen?

Glücklich:

Auf jeden Fall. Nirgendwo kann ein junger Mensch besser Karriere machen und sich so gut selbst verwirklichen wie im Handwerk. Jedes dritte Handwerksunternehmen sucht derzeit in Hamburg einen Nachfolger. 16,5 Prozent unserer Auszubildenden haben bereits Abitur. Zudem kann man neben der Lehre auch ein berufsbegleitendes Studium machen. Die Perspektiven für Handwerker sind glänzend.