Bettina Poullain ist die erste Managerin im Vorstand der Hamburger Sparkasse. Jobwechsel und Erfahrung brachten die Bankbetriebswirtin nach oben

Hamburg. Eigentlich wollte sie Unternehmerin werden. „Als Studentin habe ich Aufkleber für die Universität Münster gemacht und sie in einer Buchhandlung in der Stadt verkauft“, beschreibt Bettina Poullain einen ihrer ersten Versuche in eine Selbstständigkeit. Doch dann hat sie sich anders entschieden. Heute ist sie die erste Frau im Vorstand der Haspa.

Sie hat sich schnell hochgearbeitet. Nach ihrem Studium zur Bankfachwirtin wurde sie Trainee bei der Dresdner Bank. Bereits mit 25 Jahren war sie die erste weibliche Firmenkundenbetreuerin, später wurde sie Abteilungsdirektorin. Als Bettina Poullain in den 1980er-Jahren nach der Geburt ihrer zwei Töchter in Hamburg fünf Jahre lang auf ihre Karriere verzichtete, verkaufte sie zusammen mit einer Freundin Secondhand-Kinderbekleidung. „Da kam mein Unternehmergen wieder zum Vorschein“, sagt sie. Danach arbeitete sie weiter in leitender Funktion für die Dresdner Bank in Teilzeit. „Dass eine Frau, die nicht den ganzen Tag zur Verfügung steht, einen solchen Posten erhält, war damals ein Novum für die Dresdner Bank“, sagt sie.

Im Jahr 2002 wechselte sie zur Haspa. „Ich dachte, dass meine Karrierechancen bei der Dresdner zumindest in Hamburg endlich waren. Außerdem änderte sich damals die Unternehmenskultur, das Investmentbanking bekam eine immer bedeutendere Rolle. Das war nicht meine Sache. Ich wollte mich um Kunden kümmern.“ Immerhin hat die Managerin bei der Haspa als Bereichsleiterin eines Firmenkundenteams ihre Arbeitszeit auf 60 Prozent aufgestockt. Das konnte sie auch deshalb, weil ihr Mann Thomas, ein Rechtsanwalt, sie immer unterstützt hatte. Die Bankbetriebswirtin fühlte sich am Ziel. Sie war zwar nicht Unternehmerin geworden, aber sie konnte Firmen helfen, etwa mit Krediten für Expansionsvorhaben oder mit guten Ratschlägen.

Die Karriere der agilen Frau schien von da an vorgezeichnet. Doch dann kam ein ganz besonderer Ruf. Die Stadt Kiel fragte 2008 bei Bettina Poullain an, ob sie nicht das Beteiligungsmanagement der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt übernehmen wolle. „Das war ein Brandbeschleuniger für meine Berufserfahrung. Von der Verkehrsgesellschaft, dem Seehafen bis zum Stadtwerk war ich zuständig für knapp 4000 Mitarbeiter in den städtischen Unternehmen mit insgesamt 400 Millionen Euro Umsatz“, sagte sie. Es hätte aber auch brandgefährlich werden können. Denn in der Welt der Politik laufen die Uhren anders. „Es war schon eine Herausforderung, diesen Schritt ins kommunale Umfeld zu machen und den Bereich Verwaltung kennenzulernen.“ Bettina Poullain hat offenbar ein gutes Händchen gehabt. „Dass ich mich plötzlich in einem Geflecht von Interessen zwischen der Verwaltung und der Wirtschaft befand, hat mir richtig Spaß gemacht“, sagt sie.

Doch dann, auf einem Kongress der Bundesbank, traf sie zufällig Haspa-Vorstandssprecher Harald Vogelsang. „Er rief mich später an und fragte, ob ich wieder zur Haspa kommen möchte“, sagte Poullain. Diese Gelegenheit hat sie sich nicht entgehen lassen, obwohl sie in Kiel schätzte, dass sie viele Möglichkeiten zum Wassersport hatte. Die norddeutsche Stadt wurde zum Zweitwohnsitz, das Ehepaar zog nach Groß Flottbek. „Hier fühlen wir uns sehr wohl, auch weil wir mit unserem großen schwarzen Hund Tie, einem Mischling, gern Spaziergänge an der Elbe machen.“ Die Momente in denen sie sich privat entspannen kann, schätzt sie wegen ihrer arbeitsreichen Tage sehr. Poullain verantwortet bei der Haspa die Gesamtbanksteuerung, Compliance, Kredit und Recht sowie den zentralen Einkauf. „Ich bin die Frau für die Zahlen und die Risikosteuerung“, sagt sie.

Im Vorstand sitzt sie mit vier Männern zusammen. Die Managerin kennt solche Konstellationen aus früheren Stationen. Wohl auch deshalb hat sie sich vorgenommen, dabei zu helfen, dass mehr Frauen die Karriereleiter hochsteigen können. „Bei einer Gesprächsrunde ging es darum, eine Stelle zu besetzen. Meine Kollegen sprachen immer von einem ,Er‘, bis ich anregte, auch eine ,Sie‘ in Erwägung zu ziehen. Am Ende waren sie es aber selbst, die eine fähige Kollegin vorgeschlagen haben.“ Bettina Poullain nimmt dies nicht übel. Sie weiß, dass in der deutschen Wirtschaft die Herren in den Führungsetagen jahrelang unter sich waren und keine Boshaftigkeit dahintersteckt, wenn sie heute noch nicht sofort auch an Frauen in Führungspositionen denken. Sie hat es selbst hautnah erlebt, musste sich in Diskussionen oft gegen Punches der männlichen Kollegen durchsetzen. „Das wird erwartet“, sagt sie.

„Von der Geschlechtergleichberechtigung sind wir immer noch weit entfernt“, sagt die Managerin, die nichts von einer Frauenquote hält, sondern auf freiwilliges Handeln der Wirtschaft setzt. Aber gleichzeitig räumt sie ein, dass die Diskussion um die Quote für die Frauen förderlich ist. „Bei der Haspa sind inzwischen 55 Prozent der Mitarbeiter Frauen, in Führungspositionen sind es 20 Prozent – aber mit deutlich steigender Tendenz.“ Sie selbst ist hierfür das beste Beispiel.

Was die Bankerin jungen Frauen rät, die aufsteigen wollen? „Man muss wissen, welche Stärken man hat, sich ein Ziel setzen und aktiv überlegen, wie man es erreichen kann. Frauen dürfen nicht darauf warten, dass sie vom Chef angesprochen werden, wenn es um Beförderungen geht. Sie müssen ihr Thema selbst promoten“, sagt sie. Bettina Poullain hat sich nie gescheut, ihre Wünsche an die jeweiligen Chefs heranzutragen.

„Eine Frau muss Signale senden, wenn sie die Karriereleiter hochsteigen kann und will. Sie muss bekunden, dass sie mehr Verantwortung übernehmen will“, sagt die heute 55-Jährige. „Man muss in der ersten Liga spielen wollen.“ Ganz jungen Frauen rät sie, nach dem Studium sich in eine Position hochzuarbeiten und sich erst danach einen eventuellen Kinderwunsch zu erfüllen. „Man sollte aber nicht zu lange warten, sonst halten einen die Chefs nach der Kinderpause bei einem Wiedereinstieg in den Beruf womöglich für zu alt.“ Auch Poullain selbst hat so gehandelt und ist zufrieden mit sich. Einen Wunsch hat sie aber noch: „Ich möchte viele Enkelkinder“, sagt sie in Richtung ihrer beiden 24 und 26 Jahre alten Töchter, die beide Akademikerinnen sind.