Umweltverbände beharren auf Positionen. Einschalten des Europäischen Gerichtshofs würde Projekt weiter verzögern

Hamburg. Das Jahr 2013 neigt sich dem Ende zu, der Rechtsstreit um die Verbreiterung und Vertiefung der Elbe aber nicht. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig muss seit Oktober 2012 über die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsverfahrens entscheiden, nachdem die Umweltverbände Nabu und BUND mit anderen Beteiligten dagegen geklagt hatten. Der Umweltschutzverband WWF unterstützt die Klage. Auch in diesem Jahr ist die von der Hamburger Hafenwirtschaft erhoffte Entscheidung für die Erweiterung der Elbfahrrinne nicht gefallen.

Wirtschaft und Senat in der Hansestadt wollen den Ausbau, damit die immer größeren Containerschiffe der neuesten Generationen möglichst ohne Behinderungen bei der Breite und Tiefe der Elbe nach Hamburg kommen können. Neue Komplikationen entstanden vor allem durch die Frage, ob das Bundesverwaltungsgericht eine Präzisierung des Europäischen Wasserschutzrechts durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) benötigt. Das parallel laufende Verfahren zur Weservertiefung stoppte das Gericht einstweilen, bis der EuGH die gewünschten Präzisierungen formuliert hat. Unklar ist, ob auch das Verfahren zur Elbe davon betroffen sein wird.

Nabu, BUND und WWF kritisieren nach ihrer jüngsten Stellungnahme an das Bundesverwaltungsgericht erneut das Planfeststellungsverfahren zur Anpassung der Elbfahrrinne. „Wir sehen jetzt mittlerweile den sechsten Reparaturversuch des Planfeststellungsverfahrens – und eine chronische Umweltignoranz der Planungsträger“, sagte Alexander Porschke, der 1. Vorsitzende des Nabu Hamburg und frühere Hamburger Umweltsenator. „Sie verzögern das Verfahren, weil sie die Schwere des Eingriffs ignorieren. Stattdessen machen sie die klagenden Verbände für die Verzögerungen des Gerichtsverfahrens verantwortlich.“ Geplant wurde die Erweiterung der Fahrrinne vom Wasser- und Schifffahrtsamt Hamburg in Kooperation mit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.

Im August und zuletzt im Oktober hatte die Planungsbehörde Ergänzungen zum Planfeststellungsbeschluss von 2012 nachgereicht. Damit sollen mögliche strittige Fragen vor der öffentlichen Verhandlung in Leipzig ausgeräumt werden. Die klagenden Umweltverbände nahmen dazu im November Stellung. Wann das Bundesverwaltungsgericht verhandelt, bleibt einstweilen offen. Entweder wird das höchste deutsche Verwaltungsgericht den Fall nach einer öffentlichen Verhandlung abschließen, die Planfeststellung für rechtens erklären und den Vollzug der Bauarbeiten freigeben. Denkbar ist auch, dass das Gericht nach einer Verhandlung die Präzisierungen des EuGH abwartet. In einer dritten Variante könnten die Bundesverwaltungsrichter auch die Entscheidung zur Elbe von vornherein mit einem EuGH-Urteil zur Wasserrahmenrichtlinie verbinden. „Es wäre sinnvoll, wenn das Gericht in beiden Fällen, bei der Weser- wie bei der Elbvertiefung, zunächst eine Präzisierung des EuGH abwarten würde“, sagte Rüdiger Nebelsieck von der Kanzlei Mohr Rechtsanwälte, die die klagenden Parteien bei beiden Projekten vor dem Bundesverwaltungsgericht vertritt. „Wir hoffen, dass uns das Gericht noch im Dezember über das weitere Vorgehen informiert.“ Eine Entscheidung des EuGH könne eineinhalb bis zwei Jahre Zeit in Anspruch nehmen, sagte Nebelsieck. Im Juli hatte das Bundesverwaltungsgericht das EuGH mit Blick auf die Weservertiefung angerufen.

BUND, Nabu und WWF erklärten, dass die Planfeststellung zur Elbvertiefung aus ihrer Sicht in keinem Fall rechtskonform sein könne. „Das europäische Wasserschutzrecht schreibt zwingend vor, dass sich der Zustand eines Gewässers nicht verschlechtern darf, sondern dass er durch ein solches Projekt verbessert werden muss“, sagte Beatrice Claus, WWF-Referentin für Wattenmeer und Ästuarschutz. „Der Zustand der Elbe wird aber immer schlechter, durch zunehmende Verschlickung und drohenden Sauerstoffmangel.“ Manfred Braasch, Geschäftsführer des BUND-Landesverbandes Hamburg, sagte, auch zwingend nötige Ausgleichsmaßnahmen aus der Elbvertiefung von 1999 seien bis heute teils nicht umgesetzt. „Bei der letzten Elbvertiefung wurden 16 Millionen Kubikmeter Baggergut bewegt, diesmal sollen es 40 Millionen Kubikmeter sein“, sagte Braasch. „Das ist nicht verantwortbar und wird vor Gericht in seiner Konsequenz keinen Bestand haben.“

Die Umweltverbände fordern eine engere Zusammenarbeit der Häfen Hamburg und Bremerhaven mit dem Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven, um Unterelbe und Außenweser zu entlasten und weitere Vertiefungen zu vermeiden. Eine Chance zur außergerichtlichen Einigung sehen die Verbände nicht: „Die Gespräche von Wirtschaftssenator Frank Horch mit den klagenden Verbänden waren ein Gutzureden, aber keine Verhandlungen. Bürgermeister Olaf Scholz hat ohnehin grundlegend erklärt, nicht mit den Verbänden zu verhandeln“, sagte der Nabu-Hamburg-Vorsitzende Porschke. „Man sieht ja, wohin die Trippelschritte der vergangenen Jahre geführt haben. Eine Ende des Verfahrens ist nicht abzusehen.“