Im Jahr 2014 steigt die Zahl der Fluggesellschaften, deren Megajets in Hamburg ihr Farbkleid erhalten, so stark wie nie zuvor

Hamburg. Die Szene hat etwas Unwirkliches: In dem strahlend weißen Rumpf eines frisch lackierten A380 spiegeln sich lange Reihen von Neonröhren, Decke und Wände der sechs Stockwerke hohen Halle sind ebenfalls weiß. Mit grauer Folie verkleidet sind nur die schwenkbaren Arbeitsbühnen, auf denen einige mit Stahlseilen gesicherte Airbus-Mitarbeiter die Lackschicht auf eventuelle Unreinheiten absuchen. Denn an diesem Dienstag werden Prüfer des Kunden Emirates vier bis sechs Stunden lang jeden Quadratmeter der Außenfläche ihres neuen Fliegers in Augenschein nehmen.

129 Maschinen haben in diesem Gebäude – mit 213 Meter Länge und 105 Meter Breite ist es die größte Lackierhalle der Welt – direkt gegenüber von Blankenese am südlichen Elbufer seit 2005 ihr Farbkleid erhalten, fast jede dritte war für die arabische Fluggesellschaft Emirates bestimmt. Doch 2014 wird für Christoph Hettwer, den Leiter des Hamburger A380-Lackierbetriebs, ein besonders spannendes Jahr: Die Jets von vier neuen Kunden, so viele wie noch nie, werden im Laufe des Jahres in die Halle geschleppt. Qatar Airways sowie Etihad aus den Golfstaaten sowie die koreanische Asiana und Skymark aus Japan treten dann in den Club der bislang zehn A380-Betreiber ein. „Das ist eine große Herausforderung für uns“, sagt Hettwer, denn das erste Flugzeug einer Serie bedeutet immer einen erhöhten Aufwand für sein Team aus fast 200 Beschäftigten.

Daher ist ihm jede Neuerung, mit der sich die Durchlaufzeit verringern lässt, sehr willkommen – so wie ein neues Verfahren des Lackherstellers AkzoNobel. Damit müssen anstatt bisher acht nur noch vier Schichten Farbe aufgebracht werden. Für einen A380 von Emirates lässt sich die Verweildauer in der Halle so von 13 auf zwölf Tage verkürzen. Auch für die Umwelt hat die neue, stärker pigmentierte Lackgeneration Vorteile: „Bisher trägt ein A380 etwa 650 Kilogramm Lack, mit dem neuen Verfahren brauchen wir bis zu 20 Prozent weniger Material“, sagt Thomas Böttcher, Deutschland-Chef des AkzoNobel-Bereichs Flugzeuglacke – und jede Gewichtseinsparung senkt den Treibstoffverbrauch. Zudem verlängere sich die Haltbarkeit der Lackierung von bisher fünf auf sechs bis acht Jahre.

Der niederländische AkzoNobel-Konzern mit insgesamt mehr als 50.000 Mitarbeitern ist einer von drei Herstellern von Lacken, die bei Airbus für die Außenflächen der Jets verwendet werden. Die beiden anderen Anbieter sind die US-Firma PPG und das Hamburger Unternehmen Mankiewicz. Fünf der zehn bisherigen A380-Kunden haben sich für AkzoNobel entschieden.

Von den zehn bis 14 Tagen, die die doppelstöckigen Jets in der Lackierhalle auf dem Mühlenberger Sand verbringen, macht die eigentliche Lackierung allerdings nur den geringsten Teil der Zeit aus. So müssen zuvor alle Fenster, Türen sowie die Fahrwerks- und Wartungsklappen sorgfältig abgeklebt werden, außerdem sind zwischen den einzelnen Lackiergängen stundenlange Trocknungszeiten einzuhalten.

„24 Beschäftigte brauchen eine Stunde, um eine Lackschicht aufzusprühen“, sagt Hettwer. Dabei sei gute Koordination gefragt, denn es gilt, eine Oberfläche entsprechend der von 150 VW-Golf-Autos zu behandeln: „Das ist wie ein Ballett.“

Die Mitarbeiter tragen Schutzanzüge und Atemschutzmasken, außerdem wird die aus der Halle abgesaugte Luft aufwendig „gewaschen“. Anders als in der Autoproduktion sind Lösemittel, wenn auch in viel geringerer Konzentration als in früheren Jahrzehnten, noch immer notwendig.

Das liegt an den enorm hohen Anforderungen an Flugzeuglacke: Es dürfen sich keine Risse bilden, wenn sich die Tragflächenenden bei Turbulenzen um mehrere Meter nach unten oder oben biegen. Zudem muss der Lack Temperaturunterschiede von weit mehr als 100 Grad innerhalb von nur 20 Minuten ebenso aushalten können wie Hagel- und Sandstürme. Bei alledem darf der Glanz nicht verloren gehen: „Die Kunden wollen kein mattes Flugzeug“, sagt Böttcher.