Deutsche Wirtschaft soll 2015 deutlich zulegen. Einkommen steigen laut Prognose, Arbeitslosigkeit und Schuldenberg sinken

Paris. Die OECD sieht Deutschland auf eindeutigem Wachstumskurs. Reallohnzuwächse und die sinkende Arbeitslosigkeit dürften den privaten Konsum ankurbeln, heißt es in der am Dienstag in Paris veröffentlichten Herbstprognose der Wirtschaftsorganisation. Zudem könnten die geringen Zinssätze zu mehr Investitionen führen. Nach einem Anstieg des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,5 Prozent im laufenden Jahr rechnet die OECD für 2014 mit einem Plus von 1,7 Prozent und für 2015 sogar mit einem Wachstum von 2,0 Prozent. „Das Wirtschaftswachstum in Deutschland gewinnt an Fahrt“, sagte OECD-Deutschland-Experte Andrés Fuentes.

Dass die Prognose für 2014 im Frühjahrsausblick ursprünglich noch um 0,2 Prozentpunkte höher gelegen hatte, begründete Fuentes vor allem mit den inzwischen ungünstigeren Aussichten für aufstrebende Volkswirtschaften wie Indien und Brasilien. Sie sind für die deutschen Unternehmen wichtige Exportländer außerhalb Europas. „Das Wirtschaftswachstum dürfte damit in den nächsten zwei Jahren stärker als bislang von der Erholung im Euro-Raum abhängen“, erklärte er.

Dies sei ein Risiko – auch für die Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Aktuell rechnen die Experten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in der Bundesrepublik mit einem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote nach OECD-Standard: Sie könnte von zuletzt 5,5 auf 5,2 Prozent im Jahr 2015 sinken. Die Debatte um mögliche negative Folgen der deutschen Exportstärke für andere EU-Staaten bewerteten die OECD-Experten als übertrieben. „Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss hat nicht verhindert, dass wir deutliche Fortschritte innerhalb der Europäischen Union und im Euro-Raum sehen“, sagte der für Europa zuständige Referatsleiter Eckhard Wurzel. Als Beispiel nannte er Verbesserungen im Handelsergebnis von Krisenländern wie Irland, Portugal oder Spanien. Nach der OECD-Prognose wird der deutsche Leistungsbilanzüberschuss ohnehin bis 2015 von aktuell etwa sieben auf 5,6 Prozent des BIP sinken. Damit würde der europäische Referenzwert von sechs Prozent eingehalten. Der Rückgang sei Folge der anziehenden Binnennachfrage, hieß es.

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird der OECD zufolge weiter sinken. 2015 soll die Arbeitslosenquote – berechnet nach internationalem Standard – bei 5,2 Prozent liegen. 2011 waren es noch sechs Prozent. „Angesichts der niedrigen Arbeitslosigkeit und des Fachkräftemangels dürften die Löhne wieder stärker zulegen“, erwartet die OECD. Die verfügbaren Einkommen sollen im kommenden Jahr um 3,1 und 2015 sogar um 3,5 Prozent anziehen.

Der Aufschwung füllt auch die Kassen des Staates. Dieser werde 2014 das dritte Jahr in Folge einen Budgetüberschuss ausweisen und zwar von 0,2 Prozent der Wirtschaftsleistung, 2015 soll er auf 0,6 Prozent steigen. „Dies ist auf konjunkturelle Faktoren zurückzuführen“, so die OECD. Der Schuldenstand werde bis dahin auf 73,6 Prozent fallen, von 78,8 Prozent in diesem Jahr. Die EU-Regeln erlauben nur eine Obergrenze von 60 Prozent. „Auch in Deutschland sind die Staatsschulden zu hoch“, sagte Wurzel. „Das sollte man nicht vergessen.“