Von der Straße in die Ausbildung: Abendblatt-Artikel über Benjamin Hammer berührte viele Norddeutsche. Sie helfen mit Geld, Bett und Computer

Hamburg. Benjamin Hammer ist kein Mensch der großen Worte. Er arbeitet am liebsten mit den Händen, reden liegt ihm nicht. Trotzdem möchte er dringend etwas sagen. Auch wenn ihm die richtigen Worte fehlen und er immer wieder ins Stocken gerät. Weil ihm so viel gleichzeitig durch den Kopf geht und sich all das nicht in ein paar Worte pressen lässt. Und weil er immer noch überwältigt ist. Überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Menschen, die den Abendblatt-Artikel „Von der Straße in die Lehr-Werkstatt“ über ihn gelesen haben und ihn jetzt unterstützen wollen. „Ich kann das immer noch nicht glauben“, sagt Benjamin Hammer und meint: Er kann immer noch nicht glauben, dass er ein Bett geschenkt bekommen hat, damit er nicht mehr auf dem Fußboden schlafen muss. Dass ihm ein HVV-Ticket bezahlt wird, damit er die 22 Kilometer von zu Hause bis zur Arbeit nicht mehr mit dem Rad fahren muss. Dass er einen Computer erhält, damit er seine Hausaufgaben für die Berufsschule nicht mehr im Internetcafé machen muss. Und dass die Menschen ihn mit Geld unterstützen, damit er nicht mehr jeden Tag nach der Arbeit „Hinz & Kunzt“ verkaufen muss. Damit er seine Miete bezahlen kann und nicht wieder auf der Straße landet, obdachlos wird. So wie er es viele Jahre lang war.

Doch Benjamin Hammer will sich nicht nur für das Geld bedanken, für die Möbel und den PC. Er will sich auch für das Mitgefühl der Menschen bedanken. Für den Zuspruch. Und die Achtung, die sie ihm entgegenbringen. „Als Obdachloser auf der Straße bin ich jahrelang von der Gesellschaft verachtet worden“, sagt Benjamin Hammer. „Jetzt habe ich zum ersten Mal das Gefühl, dass die Menschen mich nicht wie Abschaum behandeln. Dass sie sich für mich und meine Geschichte interessieren. Und dass sie mir Achtung entgegenbringen.“ Achtung, weil er sich hochgerappelt hat. Weil er es geschafft hat, von der Straße wegzukommen und eine Ausbildung zu machen. „Früher sind die Menschen mit gesenktem Blick an mir vorbei gegangen, wenn ich ,Hinz & Kunzt‘ verkauft habe. Jetzt werde ich auf der Straße immer wieder von Fremden angesprochen, die den Artikel gelesen haben und mir Mut machen wollen. Die mich bestärken wollen weiterzumachen.“

Benjamin Hammer ist kein Mensch der großen Worte. Aber er ist ein Mensch, der andere beeindruckt. „Weil er nicht einfach aufgibt, sondern sich den Widrigkeiten des Lebens wiedersetzt“, sagt Manuela Dupski-Wendt, 39, aus Norderstedt. Sie war eine der Ersten, die sich beim Abendblatt gemeldet hat, um Benjamin Hammer zu unterstützen. „Wenn es einem selbst so gut geht, muss man doch einfach denen helfen, die es schlechter haben“, sagt Manuela Dupski-Wendt. Sie sitzt selbst im Rollstuhl und ist berufsunfähig, hat selbst nicht viele Möglichkeiten. Trotzdem hat sie 50 Euro gespendet und würde am liebsten „noch mehr tun“. Das Geld geht auf ein Konto, das Benjamins Arbeitgeber, das Hamburger Ausbildungszentrum (HAZ), für ihn eingerichtet hat. Verwaltet werden die Spenden von Sylke Freudenberg, die seit zehn Jahren als Sozialpädagogin im HAZ tätig ist und Benjamin betreut. „Auf diese Weise wollen wir sicherstellen, dass das Geld verantwortungsvoll verwendet wird“, sagt Sylke Freudenberg. Mit einem Teil des Geldes sind Benjamins Mietschulden beglichen worden, die sich angesammelt hatten.

Denn mit seinem Azubi-Gehalt, seinem Kindergeld und der Berufsausbildungsbeihilfe stehen Benjamin Hammer monatlich nur rund 880 Euro zur Verfügung – nicht genug für Miete, Strom, Wasser, Lebensmittel und Kleidung. Aus diesem Grund wollen einige Leser Benjamin Hammer nicht nur einmalig unterstützen, sondern haben regelmäßige, monatliche Spenden angekündigt. „Um ihm dauerhaft zu helfen“, sagt ein Ehepaar aus Wandsbek. Sie sind beide 78 Jahre alt, haben selbst drei Kinder und neun Enkel.

„Wir wollten kein Kind in Afrika unterstützen, sondern jemanden bei uns vor der Haustür. Jemanden, der konkret greifbar ist und unsere Hilfe braucht.“ Ihr Name soll nicht veröffentlicht werden. „Weil es doch um Benjamin geht und nicht um uns.“ Benjamin, dem eine Leserin 50 Euro mit der Post geschickt hat. Benjamin, für den eine andere Leserin bei der Weihnachtsfeier ihres Sportvereins sammeln will. Benjamin, der über all das immer noch fassungslos ist. Als ihm Sylke Freudenberg von den Hilfsangeboten erzählt, soll er schätzen, um welche Summe es geht. „200 Euro“, rät er. 200 Euro wünscht er. 200 Euro würden ihm schon helfen. Inzwischen sind es mehr als 2500 Euro, auch der Abendblatt-Verein „Von Mensch zu Mensch“ unterstützt Benjamin Hammer. Benjamin Hammer ist kein Mensch der großen Worte. Aber er hofft, dass die Menschen wissen, was er sagen will. Wenn er „Danke“ sagt. Wenn er sagt, dass er überwältigt ist. Überrascht. Begeistert. Oder wenn er gar nichts sagt. Weil er sprachlos ist.