Nach der Entscheidung der Europäischen Zentralbank: Experten raten zu gut verzinstem Festgeld, Aktienfonds und der Rückzahlung von Krediten

Hamburg. Die Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ein historisches Tief von 0,25 Prozent macht die Geldanlage noch schwieriger. Die Zinsen für Spareinlagen werden weiter sinken, doch gerade diese Anlageform bevorzugen die Deutschen, weil sie sicher und berechenbar ist. Über zwei Billionen Euro haben sie bei Banken angelegt – auf dem Girokonto, in Festgeld und Tagesgeld. Die Konditionen für diese Anlageformen werden weiter sinken. Die meisten Konditionen liegen schon jetzt unter der Inflationsrate von 1,2 Prozent. Damit kann die Kaufkraft des Geldes nicht mehr erhalten werden. Nach Berechnungen der Postbank verlieren die Sparvermögen bei Banken in Deutschland allein in diesem Jahr real 14 Milliarden Euro an Wert. Wie sollte man in diesem Umfeld seine Geldanlage ausrichten? Das Abendblatt sprach mit Experten.

Lohnt es sich noch, zu sparen?

Um den Kaufkraftverlust auszugleichen, muss der Zinssatz über der Inflationsrate liegen. Einen realen Gelderhalt – also Zins abzüglich Inflationsrate – kann man nur noch erreichen, indem man sein Geld breit streut und auch risikoreichere Anlagen wie Aktien berücksichtigt. „Nur wenn man ein höheres Risiko eingeht, kann man mehr Rendite erwarten“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Wer das nicht möchte, muss sich damit abfinden, dass sein Erspartes an Kaufkraft verliert. „Dennoch sollte man nicht auf das Sparen verzichten, denn eine finanzielle Rücklage ist notwendig, um unvorhergesehene Ausgaben zu bestreiten“, sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Aber man sollte schon darauf achten, dass man dafür einen akzeptablen Zins bekommt.“ Zunächst sei es aber sinnvoll, Kredite zurückzuzahlen, statt Geld auf das Sparkonto zu legen. 17 Prozent von denen, die monatlich bis zu 100 Euro zurücklegen, nutzen gleichzeitig einen teuren Dispositionskredit, ergab eine Umfrage des Bankenfachverbandes. Auch Konsumentenkredite können vorzeitig abgelöst werden.

Was bringt noch Festgeld?

Einen Zins von mindestens zwei Prozent pro Jahr gibt es nur noch, wenn man sein Geld drei Jahre lang festlegt. Für diesen Anlagezeitraum zahlt die DenizBank 2,15 Prozent (österreichische Einlagensicherung). Wer deutsche Banken bevorzugt, erhält bei der Coreal Direct, der IKB und der pbh direkt jeweils zwei Prozent. Bei allen Banken sind mindestens 100.000 Euro pro Anleger abgesichert. Bisher hat es sich als richtig erwiesen, sich auf einige Jahre das jeweils aktuelle Zinsniveau zu sichern. Denn EZB-Chef Mario Draghi erwartet eine längere Phase mit niedriger Inflation. Sparer müssen aber schnell handeln, denn schon bald können die Konditionen sinken.

Mit welchen Anleihen kann ich höhere Zinsen erzielen?

Es gibt sogenannte Mittelstandsanleihen mit einer Rendite zwischen drei und acht Prozent. Dazu gehören Unternehmen wie Air Berlin, Dürr oder Eterna. Doch je höher der Zins, desto höher ist auch das Risiko. Einige Firmen, die solche Anleihen begeben haben, sind schon insolvent. „Und das werden nicht die letzten sein“, sagt Torsten Johannsen vom Hamburger Bankhaus Otto M. Schröder. Die Auswahl der Unternehmen sei sehr schwierig. „Hier raten wir zu Investmentsfonds, die sich auf die Anlage in solche Mittelstandsanleihen spezialisiert haben“, sagt Johannsen. Auch zehnjährige Staatsanleihen von Spanien und Italien bringen rund vier Prozent Rendite. Bei einer Restlaufzeit von noch drei Jahren sind es noch 1,8 Prozent. Doch Johannsen hält davon nichts. „Lieber Unternehmensanleihen als Staatsanleihen der Krisenländer“, lautet sein Credo. „In diesen Ländern gibt es noch jede Menge Risiken, für die breite Masse der Anleger sind diese Papiere nicht geeignet“, sagt Jochen Intelmann, Chefvolkswirt der Haspa.

Kann man noch in Aktien investieren?

Die meisten Experten sind weiterhin optimistisch für den Aktienmarkt. „Die Zinsen sind niedrig, und das Wirtschaftswachstum zieht an“, sagt Intelmann. „Deshalb sollten auch die Gewinne der Unternehmen steigen und den Kursen Auftrieb geben.“ Johannsen rechnet allerdings mit einem Rückschlag am Aktienmarkt. Nachdem der Deutsche Aktienindex (DAX) schon zwei Jahre in Folge zweistellige Gewinne erzielt hat, sieht Intelmann im Euro-Raum Nachholpotenzial. Die wichtigsten Aktien der Euro-Zone sind im Eurostoxx50 enthalten. Wer nicht einzelne Aktien auswählen will, kann auf Aktienfonds setzen, die diesen Anlageschwerpunkt haben. In den Aktienmarkt sollte immer nur ein Teil des verfügbaren Geldes fließen, das man nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt. Eine weitere Anlagemöglichkeit sind dividendenstarke Aktien wie Allianz oder Deutsche Telekom. Auch dafür gibt es spezielle Aktienfonds. Selbst wenn die Kurse sinken, gibt es durch die jährliche Dividendenausschüttung einen regelmäßigen Ertrag. Bei den DAX-Aktien liegt er im Durchschnitt bei 2,7 Prozent.

Was ist mit Gold?

Von der Euphorie für das Edelmetall ist nichts mehr zu spüren, denn der Goldpreis ist in diesem Jahr – in Euro gerechnet – um 23 Prozent zurückgegangen. Doch Experten sehen das Edelmetall als Geheimtipp für das nächste Jahr. „Wir haben für 2014 ein Kursziel von 1450 Dollar für die Feinunze (31,1 Gramm)“, sagt Ingo Schmidt von der Haspa. Das wären 13 Prozent über dem aktuellen Kurs. „Die Nachfrage nach Goldmünzen und -barren ist unverändert stark. Die Prägestätten arbeiten an der Kapazitätsgrenze“, sagt Schmidt.

Lohnt der Kauf einer Immobilie?

Für die Selbstnutzung eher als für die Vermietung. Doch Normalverdiener finden in Hamburg kaum noch bezahlbare Häuser oder Wohnungen. Die Preise stiegen innerhalb eines Jahres nach einer LBS-Studie um bis zu 44 Prozent. Auch im Umland gibt es inzwischen zweistellige Preissteigerungen. Mindestens 20 Prozent des Kaufpreises sollten durch Eigenkapital gedeckt sein, raten Verbraucherschützer. Die Zinsen für Baukredite sind weiterhin günstig.