Selbstmord des Zurich-Finanzchefs kam laut Finanzaufsicht nicht auf zu starken Druck zustande

Zürich. Der Schweizer Versicherer Zurich kann gut zwei Monate nach dem Selbstmord seines Finanzchefs und dem anschließenden Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Josef Ackermann einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen. Eine von der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma angeordnete Untersuchung entlastete den Versicherungskonzern und Ackermann: Pierre Wauthier sei vor seinem Tod nicht ungebührlich oder unangemessen unter Druck gesetzt worden, fasste Zurich am Montag das Ergebnis des Berichts zusammen. Eine zweite Untersuchung bestätigte eine angemessene Darstellung der Finanzkennzahlen.

Der 53-jährige Wauthier war am 26.August tot an seinem Wohnort am Zuger See aufgefunden worden. In einem Abschiedsbrief warf der Finanzchef Präsident Ackermann vor, er habe ihn unter Druck gesetzt. Ackermann nahm drei Tage später seinen Hut als Verwaltungsratschef. „Der unerwartete Tod Pierre Wauthiers hat mich zutiefst erschüttert“, wurde Ackermann damals in einer Mitteilung des Versicherers zitiert. Und weiter: „Ich habe Grund zur Annahme, dass die Familie meint, ich solle meinen Teil der Verantwortung hierfür tragen, ungeachtet dessen, wie unbegründet dies objektiv betrachtet auch sein mag.“ Eine Mitverantwortung für Wauthiers Tod wies der ehemalige Deutsche-Bank-Chef von sich.

Wie Reuters von Insidern erfahren hat, hatten sich zwischen Ackermann und Wauthier Spannungen aufgebaut. Bei einem Gespräch mit dem Finanzchef am Tag vor der Quartalsberichterstattung Mitte August bestand Ackermann Insidern zufolge auf einer letzten Änderung in den Präsentationsunterlagen: Der allgemeine Geschäftsausblick für 2013 wurde vorsichtiger formuliert.

Von der Finma dazu angehalten, beauftrage Zurich die auf Wirtschafts- und Steuersachen spezialisierte Züricher Anwaltskanzlei Homburger, die Umstände des Selbstmords zu untersuchen. Diese befragte Mitarbeiter und durchforstete Dokumente und Geschäftskorrespondenz auf der Suche nach Hinweisen, ob der Finanzchef unter übertriebenem Druck stand. „Wir sind noch immer zutiefst betroffen und traurig über den Verlust von Pierre Wauthier und können uns seine Beweggründe für den tragischen Entschluss nicht erklären“, sagte Ackermanns Nachfolger Tom de Swaan. Das respektvolle Miteinander nehme auf allen Ebenen des Unternehmens einen sehr hohen Stellenwert ein, erklärte er.

Der Wirtschaftsprüfer PricewaterhouseCoopers (PwC), der die Bilanzen von Zurich prüft, ging noch einmal über die Bücher, um mögliche Zweifel am Finanzgebaren des Konzerns auszuräumen. Auch hier stellen die Prüfer dem Versicherer ein gutes Zeugnis aus. Die Untersuchung konnte keine Unregelmäßigkeiten oder Abweichungen von den regulatorischen und buchhalterischen Vorgaben feststellen, wie es hieß.

Der Untersuchungsbericht selbst lag nicht vor. Einer mit der Sache vertrauten Person zufolge plant Zurich auch nicht, ihn zu veröffentlichen. Wauthiers Witwe sagte zu Reuters, sie habe keine Kenntnis von dem Bericht.

Nach der Aufarbeitung des Selbstmords rückt Zurichs Geschäft nun wieder in den Mittelpunkt. Das lief zuletzt nicht mehr so rund. Hohe Schadenzahlungen für Tornados im zweiten Quartal riefen den Investoren in Erinnerung, dass Zurich in den USA stark gegenüber Naturkatastrophen exponiert ist. Zudem verließen fast ein halbes Dutzend Bereichschefs den Versicherer. Die Aktien notieren praktisch auf Vorjahresniveau und hinken der europäischen Konkurrenz hinterher.