Für mögliche Rechtsstreitigkeiten werden die Rückstellungen um 1,2 Milliarden Euro erhöht. Anlegerschützer sind besorgt

Frankfurt. Milliardenschwere Altlasten werfen die Deutsche Bank immer stärker zurück. Deutschlands größtes Geldhaus hat inzwischen mehr als vier Milliarden Euro für eine wahre Flut von Prozessen zur Seite gelegt. Im dritten Quartal blieb fast kein Gewinn mehr übrig, weil der Vorstand allein im Sommer 1,2 Milliarden Euro zurücklegen musste – vor allem für den fragwürdigen Verkauf von US-Hypothekenpapieren vor der Finanzkrise. Auch der Gewinn im Investmentbanking brach um 70 Prozent ein. In den kommenden Quartalen drohen weitere Belastungen infolge diverser Klagen und Ermittlungen, wie die Vorstandschefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen am Dienstag signalisierten. Im Skandal um die Manipulation von Interbankenzinsen rechnen Experten im nächsten Jahr mit einem Vergleich. Dabei könnte auf die Bank eine „hohe Geldstrafe“ zukommen, wie sie im Quartalsbericht warnte.

Von Juli bis September brach der Nettogewinn um 93 Prozent auf 51 Millionen Euro ein. Analysten zeigten sich vom Ausmaß der juristischen Auseinandersetzungen entsetzt. Sie hatten mit maximal halb so hohen Rückstellungen gerechnet. Finanzvorstand Stefan Krause räumte ein, die Kosten für die Rechtsstreitigkeiten seien frustrierend für die Aktionäre. „Im Moment ist das ein Schrecken ohne Ende“, sagte Anlegeranwalt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „Wir verfolgen mit Besorgnis und Skepsis, dass die Rückstellungen immer weiter anschwellen.“ Schließlich habe das Management jahrelang auch auf Nachfrage von Aktionärsvertretern zu möglichen Risiken durch Rechtsstreitigkeiten eher beschwichtigt und einen sehr selbstbewussten Eindruck vermittelt. „Rechtskosten bleiben in den nächsten Quartalen der vorrangige Risikofaktor“, sagte Equinet-Analyst Philipp Häßler. „Nur Kostensenkungen haben der Deutschen Bank noch zu einer schwarzen Null verholfen“, schrieben die Analysten von Goldman Sachs, die die Aktie weiter zum Verkauf empfehlen. Das Institut baut Tausende Stellen ab. Die Aktie legte bis zum Nachmittag leicht zu.

Die Doppelspitze Jain/Fitschen soll bis 2017 im Amt bleiben

Besonders vorsichtig macht das Geldhaus ein milliardenschwerer Vergleich der US-Großbank JPMorgan. Bis zu zwei Drittel der neuen Rückstellungen entfallen bei den Frankfurtern auf Klagen von US-Behörden wegen des Verkaufs hypothekenbesicherter Wertpapiere, die in der Finanzkrise drastisch an Wert verloren. Zudem zeichnen sich in der Branche weitere Vergleiche im Libor-Zinsskandal ab. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin rügte zu lasche interne Kontrollen bei der Deutschen Bank, die weltweiten Ermittlungen laufen noch. Diese könnten zu „hohen Geldstrafen“ führen, so das Institut.

Jain warb erneut um Geduld: „Wir machen Schritt für Schritt Fortschritte, aber diese Reise wird uns viel Geduld abverlangen.“ Jain baut das Frankfurter Geldhaus seit Sommer 2012 mit Fitschen um. Seit Dienstag steht fest, dass die Doppelspitze bis 2017 im Amt bleiben soll, Fitschens Vertrag wurde um zwei Jahre verlängert. „Wir wissen unser Haus bei Ihnen in guten Händen“, sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Das Ziel: in die Spitzengruppe der Bankenweltliga aufzusteigen.