Kaum ein anderer Wirtschaftszweig ist so stark international verwoben wie die Bankenbranche. Daher ist es grundsätzlich sinnvoll, für die größten Banken der Euro-Zone eine gemeinsame Aufsicht einzurichten. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist nun einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer Bankenunion vorangekommen. Doch es drängt sich der Verdacht auf, dass beim Aufbau der europäischen Bankenaufsicht die Geschwindigkeit höhere Priorität hat als die Gründlichkeit. Denn viele Fragen bleiben offen. Was geschieht, wenn die Aufseher unter dem Dach der EZB feststellen, dass eine Bank nur noch ein gefährlich dünnes Eigenkapitalpolster hat? Ist die EZB demokratisch legitimiert, dann womöglich Schritte einzuleiten, die große Auswirkungen auf den Staatshaushalt des jeweiligen Landes haben?

Hinzu kommt: Wird man es überhaupt rechtzeitig merken, wenn sich in Bankbilanzen Probleme anbahnen? Die Stresstests, die von der EU-weiten Bankenaufsicht EBA in den vergangenen Jahren verordnet wurden, haben jedenfalls dabei versagt, vor existenzgefährdenden Risiken in den Büchern von Instituten aus Spanien oder Irland zu warnen. Und wie will man Interessenkonflikte zwischen der Bankenaufsicht und der eigentlichen Aufgabe der EZB – der Geldpolitik – vermeiden? Auf alle diese Fragen müssen noch überzeugende Antworten gefunden werden, damit die gemeinsame Bankenaufsicht ein Erfolgsmodell werden kann.