Studie zeigt enorme Preisunterschiede bei den Kfz-Prämien. Hamburger sparen im Schnitt 600 Euro bei Wechsel

Hamburg. Herbstzeit ist Wechselzeit. Während sich die Deutschen nicht so gern um ihre Versicherungsverträge kümmern, ist das bei der Autoversicherung anders. Hier wird gern verglichen, ob es nicht noch einen günstigeren Tarif gibt. Bei einem Wechsel können im Schnitt mehrere hundert Euro gespart werden, ergab eine Studie der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. In diesem Jahr kann sich das besonders lohnen, denn Experten gehen von steigenden Prämien für das nächste Jahr aus. Wer seinen Vertrag bis Ende November kündigt, kann mit Beginn des neuen Jahres zu einem neuen Anbieter wechseln. Voraussetzung ist, dass der Versicherungsvertrag jeweils zum Jahresende endet. „Die alte Versicherung sollte man erst kündigen, wenn man vom neuen Anbieter eine Zusage hat“, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Wenn die Versicherung die Beiträge für das neue Jahr erhöht, kann der Kunde die Police auch noch nach dem 30. November innerhalb von vier Wochen kündigen.

Seit längerer Zeit versuchen die Autoversicherer aus den roten Zahlen zu kommen. Die Gesellschaften mussten im vergangenen Jahr einen versicherungstechnischen Verlust von insgesamt 600 Millionen Euro verkraften. In diesem Jahr wird die Bilanz von Großschadenereignissen wie dem Hagelsturm „Andreas“ und der Flut belastet. Gleichzeitig fällt es wegen der niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt immer schwerer, ausreichende Gewinne aus den Kapitalanlagen zu erwirtschaften, um das negative versicherungstechnische Ergebnis auszugleichen. Die Folge sind Prämienerhöhungen. „In der Tendenz geht es nach oben, bei den Direktversicherern etwas stärker als bei den Versicherern mit Filialen“, sagt Ivana Höltring, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Nafi. „Im Schnitt steigen die Tarife innerhalb eines Jahres in der Haftpflicht beim Versicherungswechsel um 3,7 Prozent. Die Vollkasko verteuert sich um 5,3 Prozent und die Teilkasko um 3,9 Prozent“, sagt die Expertin. Die Erhöhung der Prämie ist der wichtigste Grund für den Wechsel des Versicherers, ermittelte das Deutsche Institut für Service-Qualität. Gut jeder fünfte Kunde spielt in diesem Jahr mit dem Gedanken eines Wechsels.

Doch auch wenn ein Teil der Anbieter seine Prämien erhöht hat, gibt es noch immer eine enorme Spannbreite der Angebotspreise. Das belegt eine Studie der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin im Auftrag des Direktversicherers Direct Line. Anhand von jeweils zehn Musterfällen mit unterschiedlichen Fahrzeugen und Nutzern wurden für 20 Städte die Prämien für eine Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung ermittelt. Die Preisunterschiede für Hamburg sind dabei enorm. „Wir konnten belegen, wie groß die Prämienunterschiede wirklich sind, und dass die Tarife gleichzeitig von unterschiedlichen vielen Kundenmerkmalen abhängig sind“, sagt Thomas Köhne, Fachleiter Versicherung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, der die Studie erstellt hat. Zu den wichtigsten Merkmalen gehören die jährliche Fahrleistung, der Fahrzeugtyp und die Schadenfreiheitsklasse.

Das Einsparpotenzial für die verschiedenen Nutzer wurde als Differenz zwischen dem günstigsten Angebot und dem durchschnittlichen Prämienniveau, also nicht dem teuersten Angebot, berechnet. Fast 1000 Euro kann ein 20-jähriger Student mit einem VW Polo III sparen (siehe Grafik). Er hat nur eine Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug. Knapp 370 Euro können durch einen Versicherungswechsel noch mit einem Zweitwagen eingespart werden. Über alle Nutzertypen können die Hamburger im Schnitt knapp 600 Euro durch einen Wechsel sparen.

Ob das tatsächlich ausgereizt werden kann, hängt davon ab, ob man schon bei einem eher günstigen Versicherer ist oder nicht. Wer seit Jahren seinen Anbieter nicht mehr gewechselt hat, kann in der Regel eine größere Ersparnis erzielen als ein Nutzer, der jährlich seine Versicherung checkt. Im Internet gibt es dazu eine Reihe von Vergleichsportalen wie Nafiauto, Check24 oder Transparo. Für die Studie wurde der Vergleichsrechner von Nafi genutzt, der Zugriff auf 330 Kfz-Tarife hat. Pro Kunde wurden rund 40 Merkmale eingegeben. Ob man über Wohneigentum verfügt, wo das Auto nachts abgestellt wurde, wann das jüngste Kind geboren wurde – die Versicherer wollen alles wissen, und alle diese Faktoren haben Einfluss auf die Tarifkalkulation.

Die Studie nennt keine günstigen Versicherer. „Die Reihenfolge unter den Versicherern ist von Musterkunde zu Musterkunde und je nach Region unterschiedlich“, sagt Köhne. „Es sind nicht immer die gleichen Versicherer unter den Top 20.“ Das Abendblatt hat den Fordfahrer bei Nafi nachgerechnet. Als die günstigsten Anbieter werden der Direktversicherer HUK24, HUK Coburg und Helvetia auf Gegenseitigkeit ausgewiesen. Der Nutzer macht keine Einschränkungen beim Fahrerkreis und möchte freie Werkstattwahl und einen Schutzbrief. Das sind Faktoren, die die Prämie verteuern. Wer dagegen Kaskoschäden in einer Partnerwerkstatt der Versicherung reparieren lässt, kann bis zu 20 Prozent der Prämie sparen.

Wer sich einen möglichst guten Überblick über die Tarife verschaffen möchte, nutzt zwei Vergleichsportale. Denn nicht jedes Portal bekommt von allen Gesellschaften die Tarife zur Verfügung gestellt. So nehmen zum Beispiel HUK, WGV und HDI nicht am Preisvergleich von Check 24 teil, weil sie mit Transparo ein eigenes Vergleichsportal betreiben. Dort fehlen dafür wieder Gesellschaften wie Cosmos, DEVK, ADAC oder Allianz.

Der Rechner von Nafi, einer Beratungsfirma für Versicherungsmakler, enthält die meisten Versicherer und Tarife. Jedoch kann es auch hier vorkommen, dass einige Tarife nicht mit in die Berechnung einfließen. Diese werden aber mit Begründung angezeigt. Da sich auch die Eingabemasken der Portale stark unterscheiden, kann schon das dafür sorgen, dass unterschiedliche Tarife ausgewiesen werden. Nafi bietet die umfangreichsten Möglichkeiten bei der Eingabe. Allerdings kostet das auch mehr Zeit als bei anderen Rechnern.