Fachkräfte auf den Weltmeeren sind rar. Stiftung Deutsche Seemannsschule Hamburg vergibt erstmals Stipendium

Hamburg . Nach dem Abitur begann Sören Degenhard ein Studium des Maschinenbaus. Bald erkannte er: Das ist nicht der richtige Weg. Degenhard, 24, aus Heikendorf an der Kieler Förde will da arbeiten, wo die Maschine läuft. Dafür hat er glänzende Perspektiven. 2010 brach er das Studium ab und startete eine Ausbildung zum Schiffsmechaniker bei der Reederei Rambow in Drochtersen an der Elbe. „Nach 13 Jahren Schule wollte ich rauskommen in die Praxis“, sagt er.

Das ist ihm gelungen: Während der Lehrzeit bereiste er auf Feederschiffen von Rambow die Fahrtgebiete in der Ostsee. 2012 schloss er seine Ausbildung ab. Anschließend fuhr er für die Hamburger Reederei E.R. Schifffahrt seine ersten Touren nach Amerika. Dieser Tage zeichnete ihn die Stiftung Deutsche Seemannsschule Hamburg mit einem Stipendium für den besten deutschen Schiffsmechaniker-Auszubildenden des vergangenen Jahrgangs aus. Degenhard ist der erste Träger der mit 5000 Euro dotierten Auszeichnung.

Nautischer und technischer Nachwuchs aus Deutschland für Führungspositionen auf Schiffen ist knapp. Auch deshalb, weil die Ausbildung lang und teuer ist. Auf eine Lehre zum Schiffsmechaniker folgt entweder eine zweijährige Fachschule oder ein dreijähriges Studium. Wer dann den technischen Berufsweg einschlägt, muss zwei Jahre als Wachoffizier und Zweiter Technischer Offizier zur See fahren. Am Ende steht die Befähigung, als Leitender Ingenieur auf einem Schiff zu arbeiten, als Chief Engineer oder, wie es die Seeleute respektvoll ausdrücken, als „Chief“.

Besonders bei den Schiffstechnikern stehen die Reedereien in Konkurrenz zu Unternehmen und Tätigkeiten an Land. Deutschlands Industrie boomt, Ingenieure sind gefragt wie nie. „Wir müssen am Schifffahrtsstandort Deutschland weiter in die seemännische Ausbildung investieren. Leider stehen viele Absolventen aus den Seefahrtsschulen den Reedereien nach der Ausbildung nicht zur Verfügung“, sagt Richard von Berlepsch, Vorsitzender des Kuratoriums bei der Stiftung Deutsche Seemannsschule Hamburg und Flottenchef der Reederei Hapag-Lloyd.

„Vor allem gute technische Offiziere für die Maschine sind gesuchte Fachleute mit hervorragenden Berufsaussichten.“ Zweifellos gilt das auch für Sören Degenhard: „Das Stipendium erhält der beste Schiffsmechaniker-Absolvent des Jahrgangs, der einen Notendurchschnitt von 1,5 oder besser hat“, sagt von Berlepsch. „Die praktische Note wird dabei stärker gewertet als die theoretische.“ Die Schifffahrtsbranche will die Ausbildung des nautischen und technischen Nachwuchses an Bord besser fördern. Rund 1000 Berufseinsteiger im Jahr müssen nach der Fach- oder Hochschulausbildung ihre Offizierspatente an Bord ausfahren.

In diesem Sommer nahm die Stiftung Schifffahrtsstandort Deutschland ihre Arbeit auf, die vom Verband Deutscher Reeder (VDR) ins Leben gerufen worden war. Sie ist Teil des maritimen Bündnisses in Deutschland, das die Schifffahrt mit der Bundesregierung vereinbart hat. Eines der Hauptziele ist die Förderung des seemännischen Nachwuchses. „Das Förderkonzept wurde erst im Sommer verabschiedet“, sagt VDR-Sprecher Christof Lauer. „Seitdem wurden mehr als 1000 Anträge auf Unterstützung der Berufsausbildung bei der Stiftung gestellt und mehrere Millionen an Fördergeldern ausgeschüttet.“

Stipendium soll Nachwuchskräften bei Finanzierung der Ausbildung helfen

Finanziell unterstützt werden von der Stiftung vor allem nautische und technische Offiziersassistenten, die nach der Ausbildung auf Seeschiffen ihre Patente ausfahren wollen. Trotz der anhaltenden Schifffahrtskrise gebe es offene Stellen für nautisches und technisches Seepersonal, sagt Lauer: „Schiffsmechaniker und Techniker haben dabei etwas bessere Chancen als das nautische Seepersonal.“

Auch das neue Stipendium der Stiftung Deutsche Seemannsschule Hamburg soll die Ausbildung finanziell voranbringen. Fachschulen für Seefahrt wie jene in Flensburg, die Sören Degenhard seit September besucht, kosten Geld. „Das Stipendium hilft mir sehr. Ich muss damit während des Studiums weniger Nebenjobs annehmen“, sagt er. Seit langer Zeit unterstützt die Stiftung, die 2012 ihr 125. Jubiläum feierte, Seemannsschulen in Norddeutschland mit Geld- und Sachspenden.

Das Stipendium ergänzt dieses Programm. Auch einen guten Rat gab von Berlepsch dem ersten Preisträger mit auf den Weg: Segeln und das Erlernen von guter Seemannschaft sei ein wunderbarer Sport vor allem auch für diejenigen, die in der Schifffahrt Karriere machen wollen. Degenhard, bislang vor allem begeisterter Radfahrer, will darüber nachdenken. In der Tat: Auch der Segelsport in Deutschland braucht exzellenten Nachwuchs.