Bundespräsident Gauck würdigt den verstorbenen Krupp-Patriarchen Berthold Beitz als Vorbild. „Dieser Jahrhundertmann war so vieles, Patriarch und Philanthrop, Diplomat und Visionär, Ikone und vor allem Mensch“, sagte er.

Essen. Zum Abschluss einer bewegenden Trauerfeier für den Krupp-Patriarchen Berthold Beitz würdigte der Holocaust-Überlebende Jurek Rotenberg den Verstorbenen mit einem Zitat des römischen Dichters Horaz. Mit den Worten „Non omnis moriar“ („Ich werde nicht sterben“) erinnerte er an den Mann, dem er sein Leben verdankt. Beitz hatte den damals 14-Jährigen und andere jüdische Einwohner der polnischen Stadt Boryslaw im Zweiten Weltkrieg gerettet. Dafür erhielt er später zusammen mit seiner Frau Else den Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“.

Erst im Frühjahr hatte es ein Wiedersehen gegeben. Zum Schluss habe Beitz seine Faust gehoben, als wolle er sagen: „Wir haben es geschafft und wir machen weiter“, erinnert sich Rotenberg. Beitz hatte dem früh zum Halbwaisen gewordenen Kind einer jüdischen Familie Papiere als Rüstungsarbeiter ausgestellt und ihn so vor der Deportation durch die Nazis gerettet.

Bundespräsident Joachim Gauck würdigte in seiner Rede die Persönlichkeit des Ende Juli im Alter von 99 Jahren gestorbenen Krupp-Stiftungschefs. „Dieser Jahrhundertmann war so vieles, Patriarch und Philanthrop, Diplomat und Visionär, Ikone und vor allem Mensch“, sagte er. Auch heute sei Beitz noch ein Vorbild: „Ich wünsche jungen Führungskräften mehr Mut, mehr Verantwortungsbewusstsein, mehr Beitz.“ Dabei denke er auch an die Verantwortlichen bei ThyssenKrupp, die jetzt Mut zur Veränderung bräuchten.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte: „Ich glaube, dass sich alle die ihn kannten, eine Villa Hügel ohne ihn noch gar nicht vorstellen können.“ ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger bezeichnete Beitz, der am Donnerstag 100 Jahre alt geworden wäre, als „außergewöhnlichen Menschen“. „Die Legende, der Mythos war höchst lebendig. Er wusste, was wichtig ist. Er kannte die Verantwortung und er nahm sie wahr.“

Zu der Gedenkfeier waren rund 400 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport in den ehemaligen Krupp-Stammsitz Villa Hügel geladen worden. In der Essener Hauptverwaltung des Konzerns wurde die Trauerfeier auf einer Großbildleinwand übertragen. Die weltweit rund 150.000 Beschäftigten konnten die Gedenkstunde im Internet verfolgen. Beitz galt als einer der wichtigsten Manager der deutschen Nachkriegsgeschichte und als starker Mann des größten deutschen Stahlkonzerns. Die Krupp-Stiftung, die er bis zu seinem Tod geleitet hatte, ist wichtigster Großaktionär des Essener Konzerns. „Beitz hat das letzte Wort“, hatte es bei ThyssenKrupp stets geheißen. Sein Tod traf den Konzern in der größten Krise seit der Fusion von Thyssen und Krupp 1999. Dem Unternehmen machen derzeit neben einer Serie von Kartellvorwürfen milliardenschwere Fehlinvestitionen zu schaffen.