Wetterkapriolen führen zu historisch schwachen Erträgen. Kunden müssen sich auf Preiserhöhungen einstellen

Paris. Zusammen mit Camembert und Baguette ist Wein das Produkt, das überall in der Welt als das Symbol für Frankreich gilt. Doch in diesem Jahr steht die Weinernte, die jetzt gerade in Frankreich beginnt, unter schwierigen Vorzeichen. Die Wetterkapriolen mit einem extrem kalten und regnerischen Frühjahr haben zu Verspätungen von mehreren Wochen im Vergleich zu den letzten Jahren geführt.

In den südfranzösischen Anbaugebieten Languedoc-Roussillon und der Provence kann die Ernte deshalb erst diese Woche beginnen, im Beaujolais, an der Rhône sowie in Bordeaux erst Mitte September und im Burgund sogar erst im Oktober. „Das letzte Mal hatten wir eine so späte Ernte 1988“, sagt Eric Pérrin, Besitzer von Château Carbonnieux in der zu Bordeaux gehörenden Appellation Pessac Léognan.

Nicht der späte Erntebeginn bereitet den französischen Weinbauern Sorge, sondern die geringe Menge. Denn nach dem nasskalten Frühjahr fielen vielerorts die Blüten unbefruchtet von den Rebstöcken ab, und anschließend bildeten sich oft nur sehr kleine Trauben. Danach kam es im Sommer in einigen Weinbauregionen des Landes zu Gewittern mit heftigen Hagelstürmen, die starke Schäden verursachten.

In der Folge dürfte die Weinernte in Frankreich in diesem Jahr von der Menge her sehr gering ausfallen. Mit schätzungsweise 43,5 Millionen Hektolitern dürfte die französische Weinbaubranche eine der schwächsten Ernten der vergangenen 40 Jahre einfahren. Zum Vergleich: In den letzten zehn Jahren brachte die Weinernte in Frankreich im Schnitt 45,4 Millionen Hektoliter.

Im Anbaugebiet Languedoc-Roussillon rechnen die Winzer sogar der mengenmäßig geringsten Ernte, die jemals verbucht wurde. Im Elsass dürfte die Ernte weniger als eine Million Hektoliter bringen.

Und in Bordeaux dürfte sie nach Schätzungen der Statistikabteilung des Landwirtschaftsministeriums in diesem Jahr von 5,4 Millionen Hektolitern 2012 auf 4,3 Millionen bis 4,6 Millionen Hektoliter einbrechen. Das berühmte Weinanbaugebiet im Südwesten Frankreichs gehört neben Vouvray im Loire-Tal und dem Burgund zu den Regionen, die am stärksten von den Hagelstürmen betroffen waren.

In Vouvray, bekannt vor allem für seine weißen Schaumweine, zerstörte der Hagel zwei Drittel der 2000 Hektar großen Anbauflächen, im Burgund 1300 von insgesamt 2658 Hektar. In der 1500 Hektar großen Appellation Entre-deux-Mers in Bordeaux vernichtete der Hagel einen Großteil der Ernte. 350 Winzer dort haben fast alles verloren, viele von ihnen droht der finanzielle Ruin, da sie nicht gegen Hagelstürme versichert waren.

Die Umsatzeinbußen in der Appellation werden auf mehr als 100 Millionen Euro geschätzt. Das Ausmaß der Zerstörung der Rebstöcke sei so groß, dass sie vermutlich auch im nächsten Jahr nur eine Mini-Ernte hätten, meint Stéphane Defraine, der Vorsitzende der Winzergenossenschaft der vor allem für trockene Weißweine bekannten Appellation.

Bleibt die Frage, ob die französischen Winzer nun versuchen werden, die geringen Mengen der Ernte mithilfe von Preiserhöhungen auszugleichen. Zumindest im Elsass scheint dies ausgeschlossen. Denn die Anbauregion verkauft einen Großteil ihrer Weine an die großen Einzelhandelsketten und kann sich deshalb angesichts des harten Wettbewerbs nicht erlauben, die Preise zu erhöhen. Die elsässischen Winzer wollen nun stattdessen ihre Lagervorräte nutzen, um so viel Wein wie im vergangenen Jahr zu liefern und damit einen Einbruch ihrer Umsätze von zuletzt 512 Millionen Euro zu verhindern.

Doch im Gegensatz zum Elsass dürften die meisten anderen französischen Anbauregionen ihre Preise erhöhen, glauben Beobachter. Fallen die Preiserhöhungen allerdings zu hoch aus, besteht das Risiko, dass sich die Verbraucher günstigeren Weinen aus anderen Ländern zuwenden.

So habe der starke Preisanstieg der Spitzenweine aus Bordeaux in China zu einem Einbruch der Verkäufe geführt, gibt der Chef des Weinhandelshauses Compagnie des Vins d’Autrefois aus dem Burgund, Jean-Pierre Nié, zu bedenken. Ähnlich sei es der Anbauregion Chablis ergangen. Nachdem sie zu stark an der Preisschraube gedreht habe, hätte sie ihren einst wichtigsten Exportmarkt Großbritannien praktisch verloren.

Das kann sich Frankreichs Weinbaubranche eigentlich nicht erlauben. Denn sie lebt von den Verkäufen im Ausland und exportierte im Jahr 2012 für 7,6 Milliarden Euro Wein ins Ausland. Damit gehört die Weinbaubranche mit ihren 35.000 Mitarbeitern, 400 Kooperativen und 500.000 Mitarbeitern zu den wichtigsten Exportzweigen der französischen Wirtschaft.