Spezialölhersteller will Standort Harburg ausbauen. Anlage zur Gewinnung von Wasserstoff geplant

Hamburg. Es hat lange gedauert. Im März 2009, also schon vor vier Jahren, hat sich der Hamburger Mineralölkonzern Shell entschlossen, seine Harburger Raffinerie mit damals rund 500 Mitarbeitern zu verkaufen. Am Montag nun kam die Freigabe von der Europäischen Kommission für den Kauf. Der schwedische Spezialölhersteller Nynas wird die Raffinerie stückweise ab dem Jahresbeginn 2014 übernehmen. Ein Kaufpreis wurde weder von Shell noch von Nynas genannt. „Wir haben die Vereinbarung mit Shell im Jahr 2011 unterzeichnet. Die Integration von Harburg in das Versorgungssystem von Nynas ist ein wichtiger Meilenstein in unserer Wachstumsstrategie“, sagte Staffan Lennström, Präsident von Nynas.

Der Eigentümerwechsel soll möglichst ohne betriebsbedingte Kündigungen erfolgen. „Wir gehen davon aus, dass wir für alle Mitarbeiter eine Lösung finden“, sagte Shell-Sprecherin Cornelia Wolber. Das schwedische Unternehmen werde in der ersten Phase 90 der bislang noch 450 Mitarbeiter übernehmen. Nach zwei Jahren sollen weitere 220 Shell-Beschäftigte zur Nynas-Raffinerie wechseln. Damit gehen 340 ehemalige Shell-Mitarbeiter zu dem neuen Arbeitgeber über. Weitere 40 Beschäftigte übernimmt Shell im neuen Terminal zum Umschlag und der Lagerung von Mineralölprodukten. Es solle auf dem Gelände langfristig betrieben werden. Die restlichen Mitarbeiter befinden sich bereits in Vorruhestandsregelungen oder werden von Shell an einen neuen Arbeitsplatz versetzt.

Der Mineralölkonzern, der seinen Deutschlandsitz in Hamburg hat, hatte sich 2009 auch deshalb entschlossen seine beiden Raffinerien in Hamburg und in Heide zu verkaufen, weil es in Europa immer noch zu viele Raffinerien gibt. Denn die Nachfrage nach Benzin geht angesichts immer sparsamerer Automotoren zurück. Nach einer Prognose des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) sinkt der Absatz in Deutschland bis 2020 um acht Prozent auf 97,5 und bis 2025 um weitere fünf Prozent auf 92 Millionen Tonnen. Hinzu kommt, dass die USA als großer Abnehmer für deutsches Benzin inzwischen kaum noch auf dem Markt auftreten. Das Land hat seine eigenen Raffineriekapazitäten ausgebaut, und auch der US-Markt für Ölprodukte schrumpft. Wohl auch deshalb setzt Nynas in der Hamburger Anlage auf Spezialöl statt auf Benzin und Diesel.

„Nynas bringt eine hohe Kompetenz mit und wird den Standort Hamburg verstärken. Als Wirtschaftssenator freue ich mich insbesondere über den Erhalt der Arbeitsplätze“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos). Auch das am Standort angesammelte Know-how wäre sonst unwiederbringlich verloren gegangen. „Nynas ist uns sehr willkommen in Hamburg.“

„Die Integration von Harburg in das Versorgungssystem von Nynas ist ein wichtiger Meilenstein in unserer Wachstumsstrategie“, sagte Staffan Lennström, Präsident des Unternehmens. Dank dieser neuen Kapazität könne Nynas die Lieferleistung verbessern und der wachsenden Nachfrage der Kunden weltweit schneller gerecht werden. Im Laufe der nächsten 24 Monate werde die Harburger Raffinerie von den Schweden zu einer eigenständigen und hochmodernen Spezialschmierstoffraffinerie umgebaut.

„Die hohe Sicherheit und Professionalität in Harburg sowie das Willkommen vor Ort waren für diesen Schritt sehr wichtig,“ sagte Lennström. Nynas beschäftigt insgesamt 900 Mitarbeiter und verfügt über Produktionsstätten in Europa, Nord- und Südamerika sowie Geschäftsstellen in mehr als 30 Ländern. „Auf dieser Grundlage erwirtschaften wir einen Umsatz von 2,8 Milliarden Euro und können ein stabiles Wachstum aufweisen“ ergänzte Lennström.

Anfang nächsten Jahres werde Nynas beginnen, die Grundölproduktion und zugehörige Anlagen inklusive der Bitumenanlagen, Tanklager und Verladekais auf der Südseite des Standorts in Betrieb zu nehmen. In Vorbereitung auf die zweite Phase errichtet ein dritter Partner eine Anlage zur Erzeugung von Wasserstoff und nimmt diese auf dem Gelände in Betrieb. Während der Standort in Heide bereits im Jahr 2010/11 an die Investment-Gesellschaft Klesch mit Sitz in London und Genf verkauft werden konnte, schaltete sich bei der Hamburger Raffinerie die Europäische Kommission ein und prüfte das Geschäft mehrere Monate lang.