Privatinsolvenzen nehmen in dem Bezirk um satte 21,7 Prozent zu. In ganz Hamburg ist die Entwicklung negativ

Hamburg. Verkehrte Welt in Hamburg: Während von Januar bis Ende Juni bundesweit die Zahl der Privatinsolvenzen um 3,9 Prozent auf rund 63.000 Betroffene gesunken ist, mussten in der Hansestadt mit 1870 Menschen 5,1 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum zum Insolvenzgericht gehen, teilte nun die Hamburger Wirtschaftsauskunftei Bürgel mit. Damit war die Hansestadt neben Sachsen-Anhalt das einzige Bundesland, in dem die Zahl der Pleiten im ersten Halbjahr zugelegt hat. Vor allem die Anzahl der weiblichen Überschuldeten stieg rasant an. So mussten in der Hansestadt im ersten Halbjahr 712 Frauen eine Privatinsolvenz anmelden und damit laut Bürgel 8,8 Prozent mehr als in der Vorjahreszeit. Bei den Männern betrug das Plus 2,5 Prozent.

Die höchste Schuldnergruppe in Hamburg befindet sich im besten Alter. Laut Bürgel mussten nur 16 Personen unter 20 Jahren in den ersten sechs Monaten des Jahres zum Insolvenzgericht gehen. In der Altersstufe 21 bis 30 waren es 267, zwischen 31 bis 40 Jahren 494 und zwischen 41 bis 50 immerhin 539. Ein Grund dafür sieht Bürgel darin, dass in diesem Alter viele Menschen Immobilien mit zu hohen Finanzierungskosten erwerben. Bei den 51- bis 60-Jährigen sinkt die Zahl der Betroffenen auf 377 Personen, während nur 177 Insolvenzanmeldungen von Hamburgern erfolgten, die älter als 60 sind.

Den stärksten Pleite-Anstieg verzeichnete mit 21,7 Prozent der Bezirk Eimsbüttel mit 129 Fällen, während es im Vorjahreszeitraum noch 106 waren (siehe Karte). Harburg hingegen konnte die Fallzahl von 231 im vergangenen Jahr auf nun 220 verringern. Im Bezirk Nord reduzierten sich die Privatpleiten im selben Zeitraum von 276 auf 261. Deutschlandweit ist das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen das Land mit den meisten Privatinsolvenzen. 15.108 Menschen wurden im ersten Halbjahr zahlungsunfähig. Hohe Werte melden auch Niedersachsen (7987), Bayern (7201) und Baden-Württemberg mit 6203 Pleiten.

Trotz der schlechten Zahlen aus der Hansestadt rechnet Bürgel für dieses Jahr mit einem Rückgang der Privatinsolvenzen. „In Deutschland gehen wir für dieses Jahr von bis zu 128.000 Fällen aus“, sagte Bürgel-Chef Norbert Sellin. Im vergangenen Jahr waren es exakt 129.743 Pleiten. „Grund für die Verbesserung ist vor allem die robuste Binnenkonjunktur, die sich positiv auf die Beschäftigungsquote und die Lohnzuwächse auswirkt“, so Sellin weiter. In Hamburg schätzt der Wirtschaftsexperte die Zahl der Pleiten auf 3600 bis 3800 für das gesamte Jahr, nachdem 2012 in der Stadt exakt 3525 Menschen zahlungsunfähig wurden.

Die Hauptursachen für Privatinsolvenz sind vor allem eine längere Arbeitslosigkeit, ein dauerhaftes Niedrigeinkommen sowie eine gescheiterte Selbstständigkeit. Auch zu hohe Kosten für die Immobilienfinanzierung, eine Trennung oder Scheidung sowie eine längere Krankheit können zur Überschuldung beitragen. Zudem tragen mangelnde Erfahrungen im Umgang mit Finanzgeschäften sowie zu große Konsumausgaben etwa durch den Kauf teurer Handys mit überhöhten Tarifen dazu bei, dass Bürger zahlungsunfähig werden.

Privatpersonen haben vor allem Schulden bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften. Die Betroffenen müssen laut Sellin nicht zwingend hoch verschuldet sein, um in die Insolvenz zu rutschen. So betragen die durchschnittlichen Verbindlichkeiten von jungen Menschen, die in die Insolvenz gegangen sind, im Bundesdurchschnitt 10.000 Euro. Rechnet man auch die älteren Schuldner hinzu, liegt der Schnitt bei 28.000 Euro.