Spediteure sehen das Verkehrsmittel als Alternative zum Lkw. 20,7 Millionen Tonnen Güter bis Ende Juni transportiert

Hamburg. Die Hamburger Hafenbahn hat so viel zu tun wie nie zuvor. Der Unternehmensbereich der Hamburg Port Authority (HPA) verzeichnete im ersten Halbjahr das beste Ergebnis seiner Geschichte. Das ergibt sich aus neuen Zahlen, die dem Abendblatt exklusiv vorliegen. Demnach rollten in den ersten sechs Monaten rund 20,7 Millionen Tonnen Güter und 1,03 Millionen Standardcontainer (TEU) über das Netz der Hafenbahn. Gegenüber dem ersten Halbjahr 2012 nahm der Güterverkehr damit um 1,9 Prozent zu. Der Containerverkehr wuchs gleichzeitig sogar um 2,9 Prozent.

Harald Kreft, Leiter der Hafenbahn, bestätigte auf Anfrage des Abendblatts diese Zahlen. Er geht davon aus, dass das Gesamtergebnis 2013 über dem des Vorjahres liegen wird. Ihr bisher bestes Ergebnis erzielte die Hafenbahn im Jahr 2011 als erstmals über 40 Millionen Tonnen auf ihren Gleisen transportiert wurden. Kreft betonte, dass vor allem die Effizienz des Zugverkehrs im Hafen gesteigert worden sei. „Wir fertigen derzeit rund 58.000 Züge im Jahr ab. Das sind nicht sehr viel mehr als vor fünf Jahren. Aber die transportierten Mengen pro Zug sind stetig gewachsen.“ Am deutlichsten zeige sich dies bei den Containern: 2005 ging ein Zug mit durchschnittlich 50 Stahlboxen auf die Reise. „Im vergangenen Jahr waren es durchschnittlich 69 TEU und derzeit liegen wir schon bei mehr als 71 TEU durchschnittlich pro Zug“, so Kreft. Um diese abzutransportieren, müssen die Züge länger werden. 2005 maß ein Zug im Schnitt 484 Meter heute sind es 535 Meter, im Containerverkehr sogar über 600 Meter.

Gleichzeitig wuchs im Zuge der Liberalisierung des Schienenverkehrs die Zahl der Betriebe im Hafen: „Als ich 2008 zur Hafenbahn kam, gab es hier 40 Eisenbahnunternehmen. Heute haben wir zu 108 Anbietern vertragliche Beziehungen“, so Kreft. Das sei ein klarer Standortvorteil gegenüber Häfen mit weniger Anbietern: „Jedes Unternehmen hat seine eigenen Geschäftsmodelle, damit erhöht sich für die Kunden die Auswahl.“ Die Hafenbahn betreibt selbst keinen Güterverkehr. Sie stellt aber die gesamte Infrastruktur zur Verfügung und managt die Verkehrsabwicklung. Ihr Netz umfasst 305 Kilometer Gleise und etwa 850 Weichen.

Doch wie kommt es, dass trotz der anhaltenden Schifffahrtskrise der Gütertransport auf der Hafenbahn zunimmt? Ein Grund ist laut Kreft, dass alle nordeuropäischen Häfen in den Krisenjahren zwar Ladung verloren haben, Hamburg und Bremerhaven aber auf der Schiene gegenüber den Wettbewerbern Rotterdam und Antwerpen zulegten. „Gerade in den Krisenjahren 2009 und 2010 haben die deutschen Häfen ihren Marktanteil am Hinterlandverkehr per Bahn ausgebaut“, so Kreft. Dabei habe sich als Hamburgs Vorteil die geografische Lage im Landesinneren herausgestellt: „Der Hafen liegt relativ weit im Osten. Als in Osteuropa die Wirtschaft zulegte, zahlte sich dieses aus“, so Kreft.

Ein weiterer Grund für den wachsenden Schienengüterverkehr sei die zunehmende Effizienz, so der Chef der Hafenbahn. Für die Nutzung des Hafenbahnnetzes wurde im Jahr 2008 ein neues Preissystem eingeführt, das durch Rabatte Anreize für einen effizienten Betrieb schafft. So konnte etwa die Verweildauer auf wichtigen Verbindungsgleisen reduziert werden. Insgesamt sei durch das neue Anreizsystem nahezu eine Verdoppelung der Kapazität erreicht worden.

Nicht zuletzt sorgen Probleme bei einem anderen Verkehrsmittel für bessere Geschäfte bei der Hafenbahn: Es geht um die Probleme der Lastwagen auf nicht selten maroden und baufälligen Straßen. Gerade in Nordrhein-Westfalen sorgen derzeit zahlreiche Brückensperrungen und Gewichtsbeschränkungen für Aufregung. Oft müssen Lkw weite Umwege fahren. Immer mehr Spediteure sehen deshalb in Zügen und damit auch in der Hafenbahn eine sinnvolle Alternative, um besonders schwere Projektladung in den Hafen zu transportieren.

Dabei wird das Netz stark beansprucht. Jeder Zug, der in den Hamburger Hafen rollt, zieht mindestens drei Rangierfahrten im Hafengebiet nach sich, damit die Güter an die Kaianlagen oder zu den Kunden gelangen. Dazu steckt die HPA ständig Geld in die Erneuerung der Gleisinfrastruktur. Allein im vergangenen Jahr betrugen die Investitionen in das Hafenbahnnetz rund 68 Millionen Euro. Das neueste Projekt ist der Bau einer Service-Station für Lokomotiven. Die Planungsmittel dafür kommen zur Hälfte von der EU.