Vorausgegangen war eine schwere Krankheit. Bei ThyssenKrupp hat die Nachricht vom Tod des Patriarchen Betroffenheit und Trauer ausgelöst. Verdienste hat sich Beitz nicht nur bei Krupp erworben.

Berlin. Ruhrbarone – so wurden die mächtigen Leiter der großen Konzerne im Ruhrgebiet gerne genannt. Also auch Berthold Beitz. Über Jahrzehnte hinweg hat er als Vorstand, Aufsichtsrat und zuletzt als Chef der mächtigen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung die Strategie von ThyssenKrupp bestimmt. Nun ist Beitz im Alter von 99 Jahren gestorben. Vorausgegangen war eine schwere Krankheit. Beitz verbrachte daher die letzten Wochen seines Lebens auf Sylt, um sich von seinen Freunden und Vertrauten zu verabschieden sowie letzte Dinge zu regeln.

Bei ThyssenKrupp hat die Nachricht vom Tod des Patriarchen Betroffenheit und Trauer ausgelöst. „Mit Berthold Beitz ist eine herausragende Persönlichkeit von uns gegangen, die das Unternehmen im Geiste von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach entscheidend geprägt hat“, sagte Aufsichtsratschef Ulrich Lehner. Vorstandschef Heinrich Hiesinger nennt Beitz ein „großes Vorbild für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Deren Wohl sei ihm immer ein zentrales Anliegen gewesen. Auch er selbst habe zuletzt noch von Beitz’ Rat profitiert.

Und nötig war Hilfe zuletzt oft bei ThyssenKrupp. Der traditionsreiche Konzern steckt seit Jahren in der Krise. Einige Vorstände mussten das Unternehmen deswegen schon verlassen – und zuletzt auch Aufsichtsratschef Gerhard Cromme. Lange Jahren war Cromme ein Weggefährte von Berthold Beitz. Er galt sogar als designierter Kronprinz an der Spitze der Stiftung, die mit 25,3 Prozent der Anteile größter Aktionär bei ThyssenKrupp ist.

Beitz, der im September 100 Jahre alt geworden wäre, fühlte sich immer dem Erbe der Krupps verpflichtet. Schließlich hat er ihnen vor vielen Jahren das Versprechen gegeben, ihr Erbe zu bewahren. 1953 wurde Berthold Beitz persönlicher Generalbevollmächtigter von Krupp. 1968 dann folgte die Berufung an die Spitze des Kuratoriums der gemeinnützigen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.

In seinem Amt verfügte Beitz über den wohl erhabensten Arbeitsplatz im gesamten Ruhrgebiet. Der Blick aus der ab 1870 errichteten Villa Hügel geht über Parkanlagen und Bäume hinweg. Weit entfernt scheinen hier Staub und Schmutz oder Hektik und Lärm der Industrieanlagen zu sein. Dass er dort saß, war nicht vorhersehbar. Denn Beitz kam aus einfachen Verhältnissen. Er wurde am 26. September 1913 im Dorf Zemmin im Westen Vorpommerns geboren. Sein Vater kam aus der Landwirtschaft, war im Krieg Wachtmeister im Ulanen-Regiment und arbeitet später bei der Reichsbank in Demmin. Die Mutter war ein Kindermädchen. Trotzdem genoss er eine gute Ausbildung. 1934 legte er das Abitur ab und begann eine Banklehre in Stralsund.

Dass er zum neuen Patriarchen von Krupp aufstieg, war mehr einem Zufall geschuldet. Über den Essener Bildhauer Jean Sprenger kam er in Kontakt zu Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, der seit 1943 Alleinhaber des Unternehmens war. Der suchte damals einen Unternehmenschef und ernannte Beitz zum Generalbevollmächtigten mit dem Recht, wie ein Eigner zu handeln. Er war ein mutiger Industrieller, der auch Pionierarbeit in neuen Märkten leistete. So reiste er etwa frühzeitig hinter den Eisernen Vorhang, um Geschäfte etwa mit der Sowjetunion, Polen und der DDR aufzunehmen. Er hat dazu beigetragen, dass Krupp nach dem Schrecken von zwei Weltkriegen, für die Krupp Kanonen baute, wieder zu einem angesehenen Unternehmen wurde.

Verdienste hat sich Beitz aber nicht nur bei Krupp erworben, sondern auch in einer ganz anderen Situation: Im Zweiten Weltkrieg hat er gemeinsam mit seiner Frau ein beeindruckendes Zeichen für Mut und Menschlichkeit gesetzt und unter Einsatz des eigenen Lebens Hunderte verfolgter Juden vor der SS gerettet. Und den Wiederaufbau Deutschlands habe er maßgeblich mitgestaltet, lobt ThyssenKrupp-Kontrolleur Lehner. „Im In- und Ausland genießt er hohe Anerkennung.“