Hamburger Wirtschaft spricht sich gegen Vermögenssteuer und Länderfinanzausgleich aus

Hamburg. Die Handelskammer Hamburg hat sich knapp zwei Monate vor der Bundestagswahl gegen die Einführung der Vermögenssteuer ausgesprochen. Diese würde die Unternehmen stark belasten und Arbeitsplätze gefährden, sagte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer. Er bezeichnete die Vermögenssteuer als „Gift für die Wirtschaft“. In einem Empfehlungs- und Forderungskatalog an die noch zu wählende neue Bundesregierung sprach sich Melsheimer für eine Abschaffung des Länderfinanzausgleichs in der bisherigen Form aus. Stattdessen sollten Bund und Länder einen sogenannten Strukturfonds einrichten, der in schwachen Regionen ausschließlich für Investitionen verwendet werden sollte.

Es müsse im künftigen Finanzausgleichssystem darum gehen, Anreize für Länder und Kommunen zu schaffen, damit diese die Wirtschaft stärkten. Von der neuen Bundesregierung forderte Melsheimer nichts weniger als eine komplette Neuordnung des Finanzwesens. „Die Länder sollten größere Gestaltungsspielräume bei einzelnen Steuern erhalten.“ Die derzeitigen Regelungen würden Ende 2019 auslaufen. Deshalb müsste bereits frühzeitig darüber nachgedacht werden, wie es danach weiterginge. Es sei auch denkbar, die Umsatzsteuer dem Bund und die Einkommenssteuer den Ländern zuzuordnen. Die Länder erhielten danach begrenzte Gestaltungsrechte, etwa in Form von Ab- und Zuschlägen auf Einkommenssteuer.

Handelskammer will bundesweite Standards im Bildungsbereich

Melsheimer warnte davor, nach dem 22. September die Steuern zu erhöhen. „Schon gar nicht darf die Steuerschraube weiter angezogen werden, um die staatlichen Einnahmen zu erhöhen.“ Zwar müssten angesichts der Euro-Krise schwierige Aufgaben gelöst werden. Die Bewältigung dürfe allerdings nicht zu neuen Ausgaben führen.

In der Energie- und Umweltpolitik setzt Melsheimer weiter auf konventionelle Kraftwerke. „Kurz- und mittelfristig werden wir nicht darauf verzichten können.“ Von der neuen Bundesregierung verlangt er, den Anstieg der Strompreise zu stoppen und gleichzeitig die Stromsteuer zu senken. Im Zuge des Ausbaus erneuerbarer Energien setzt Melsheimer auf Wasserstoff als Schlüsseltechnologie.

Darüber hinaus empfahl Melsheimer bundeseinheitliche Standards im Bildungsbereich, etwa gemeinsame Prüfungselemente. Die Bildungssysteme in den Bundesländern seien kaum vergleichbar. Diese unterschiedlichen Regelungen würden aus seiner Sicht die Mobilität von Arbeitnehmern mit Kindern behindern. Ein „konstruktiver Wettbewerb“ finde heute nicht statt. Als Begründung für die Veränderung führte der Handelskammer-Präses an, dass der größte Teil der heutigen Schülerschaft später als Arbeitnehmer oder Unternehmer Teil der Wirtschaft sein würden. „Die Schulpolitik ist also die Wirtschaftspolitik von morgen.“ Melsheimer kritisierte, dass es zu viele Schüler ohne Schulabschluss gebe. „Viele sind trotz des formalen Abschlusses nicht ausbildungsreif.“ Der demografische Wandel erfordere zudem eine verbesserte Einbindung aller jungen Menschen in den Arbeitsmarkt. Dies gelte auch für Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen oder mit Migrationshintergrund.