Insolvenzverwalter favorisieren die Praktiker-Tochter Max Bahr als Kern einer neuen Gesellschaft. Zwölf Märkte stehen wegen fehlender Ware vor der Schließung. Mehr als zehn Interessenten für Praktiker.

Hamburg. Ein Zeichen für den Neuanfang sollte die neue Praktiker-Zentrale am Heidenkampsweg sein. Erst Ende vergangenen Jahres mietete die schlingernde Baumarktkette den mehrstöckigen, etwas abweisend wirkenden Backsteinbau unweit der Hamburger Elbbrücken an. Die Kräfte von Praktiker und der Tochter Max Bahr wollte man hier bündeln. Hunderte Beschäftigte zogen vom alten Standort im Saarland an die Elbe, um Kosten zu sparen für die notwendige Sanierung.

Genutzt hat es wenig, Praktiker ist zahlungsunfähig und von Aufbruchsstimmung ist an diesem Dienstag in der Zentrale nichts zu spüren. Wortkarg bewegen sich Mitarbeiter durch die dunklen Gänge des Gebäudekomplexes. Im neunten Stock sitzen keine Manager mit einem Zukunftskonzept, sondern die vorläufigen Insolvenzverwalter in einem überhitzten, kargen Konferenzraum, in dem die Kabel für einen Projektor aus der Decke hängen.

Christopher Seagon und sein Kollege Jens-Sören Schröder bemühen sich trotz der widrigen Umstände Optimismus zu verbreiten. Gerade haben sie den Investorenprozess für die Baumarktkette gestartet und das Institut Macquarie Capital mit der Begleitung beauftragt. „Insgesamt gibt es gut zwei Handvoll ernsthafte Interessenten, also mehr als zehn“, sagt Seagon und hält dabei demonstrativ seine gespreizten Hände in die Kameras der versammelten Journalisten.

Dabei handele es sich sowohl um strategische Investoren aus der Branche als auch um Finanzinvestoren. „Wir sind für verschiedene konstruktive Konzepte offen, um die bestmögliche Lösung für Beschäftigte, Gläubiger und die weiteren Beteiligten zu erreichen“, sagt Seagon. Mit ersten konkreten Ergebnissen sei allerdings nicht vor Anfang September zu rechnen.

Max Bahr als Basis für neue Kette

Beide Insolvenzverwalter lassen an diesem Tag kaum einen Zweifel daran, welches aus ihrer Sicht die beste Lösung für die insolvente Baumarktkette wäre. „Es spricht viel für die Überlegung, Max Bahr als Plattform für eine überlebensfähige Kette zu verwenden“, erklärt Seagon.

Von Max Bahr I, II und III ist dann die Rede, womit zum einen die 78 Bestandsmärkte des Hamburger Traditionsunternehmens gemeint sind, für die Jens-Sören Schröder als Verwalter verantwortlich zeichnet, zum zweiten die 54 Praktiker-Märkte, die noch vor der Insolvenz in Max Bahr-Filialen umgewandelt wurden und die in der Zuständigkeit von Christopher Seagon fallen. Max Bahr III bezeichnet eine nicht näher genannte Zahl von weiteren Filialen, die noch auf das Max Bahr-Konzept umgestellt werden könnten. Laut früheren Überlegungen könnte die neue Gesamtgruppe insgesamt rund 200 Märkte umfassen.

Die Zahl der Mitarbeiter beider Unternehmen in Deutschland geben die Insolvenzverwalter mit rund 15.000 an, einschließlich Teilzeitkräften und geringfügig Beschäftigten. Der Konzern selbst nannte zuletzt 12.000. Wie viele der Arbeitsplätze und der mehr als 300 Baumärkte in Deutschland am Ende erhalten bleiben, ist nach Angaben der beiden Insolvenzverwalter offen. „Ich kann Ihnen heute noch kein konkretes Bild zeichnen“, sagt Seagon. Dass es im Zuge einer Insolvenz aber grundsätzlich zu einem Stellenabbau komme, sei schon jetzt absehbar.

Insolvenzverwalter Schröder hat sich zum Ziel gesetzt, die ursprünglichen 78 Max-Bahr-Märkte mit ihren 4000 Arbeitsplätzen vollständig zu erhalten. Max Bahr sei die „Perle“ des Konzerns. Dennoch sei die Verkaufsperspektive besser, wenn auch diese Märkte Teil des Gesamtpaketes blieben.

Viel Zeit, um eine Lösung für die schlingernde Kette zu finden, bleibt den Insolvenzverwaltern allerdings nicht. Zwar soll die Warenversorgung von Praktiker und Max Bahr möglichst bald über einen sogenannten Massekredit sichergestellt werden. Noch seien die Warenbestände gut, betonten beide.

Dies gilt aber offenbar nicht für zwölf Praktiker-Märkte, die sich bei Insolvenzantrag gerade in der Umstellung auf das Max-Bahr-Konzept befanden und deren alte Ware daher komplett verkauft wurde. Bei ihnen kamen bislang keine neuen Artikel nach, weshalb diese Filialen nun unmittelbar von der Schließung bedroht sind. Konkret wollte sich Seagon zum Schicksal der Häuser nicht äußern.

Wie kompliziert und unübersichtlich das Insolvenzverfahren bei Praktiker ist, zeigt die Tatsache, dass sich neben Schröder und Seagon noch ein dritter Verwalter um das zahlungsunfähige Unternehmen kümmert. Der Rechtsanwalt Udo Gröner ist für die Muttergesellschaft, die Praktiker AG, verantwortlich und hält unter anderem den Kontakt zu den Großaktionären der Kette, die in der Vergangenheit immer wieder auch selbst Rettungskonzepte für das Unternehmen erarbeitet hatten.

„In der Bestellung von drei Insolvenzverwaltern drückt sich aus, dass es im Konzern unterschiedliche Interessenslagen gibt“, sagt Jens-Sören Schröder. Dies verhindere grundsätzlich aber nicht eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Welche Lösung es für Mitarbeiter und Gläubiger am Ende geben wird, dazu wollen die Sanierungsprofis lieber keine Einschätzung abgeben. „Prognosen habe ich mir in diesem Geschäft abgewöhnt“, sagt Seagon. „Von Berufs wegen bin ich aber Optimist.“