Das junge Unternehmen Zuiano will im Kaffeekapsel-Geschäft mitmischen. Ein Euro-Cent pro Stück kommt sozialem Zweck zugute

Bremen. Die Idee kam dem Kaffee-Experten Till Robert und seinem Nachbarn und Freund Michael Brink auf einer Gartenparty. Gemeinsam schlürften die beiden Norddeutschen nach dem Grillen einen Cappuccino und philosophierten darüber, wie sie in den lukrativen Markt der Kaffeekapseln einsteigen könnten.

Die Vorstellung schien verlockend: Immerhin boomt das Geschäft mit dem vorportionierten braunen Pulver seit Jahren, und kein anderer agiert auf dem Markt so erfolgreich wie der Lebensmittelkonzern Nestlé, der dank Hollywood-Star George Clooney als Imageträger mit seinen Edel-Kaffeekapseln der Marke Nespresso Milliardenumsätze macht.

Mittlerweile ist aus der fixen Idee der beiden Freunde ein ernst zu nehmendes Unternehmen geworden. Kaffee-Experte Robert, der sein Handwerk unter anderem als Einkäufer beim Hamburger Tchibo-Konzern lernte, kündigte kurzerhand seinen alten Job und gründete zusammen mit Kaufmann Brink und dem Marketing-Professor Jan Wieseke die Firma Zuiano.

Von Lilienthal in der Nähe von Bremen aus vertreiben die Jungunternehmer nun ihre Kapseln für die Nespresso-Maschinen. Seit einigen Wochen sind die sechs Sorten der Firma auch in zahlreichen Hamburger Edeka-Märkten gelistet.

Die Newcomer wollen nach Roberts Worten nicht nur durch bis zu 30 Prozent niedrigere Preise als Nespresso überzeugen, sondern auch durch Qualität. Er setze auf edle Kaffeesorten und ein aufwendiges Röstverfahren, sagt Robert. „Im Gegensatz zu den großen industriellen Anbietern rösten wir unseren Espresso etwa 20 Minuten lang, was sich positiv auf das Aroma auswirkt.“

Einfach ist es allerdings nicht, sich im Kaffeekapsel-Geschäft als Newcomer zu behaupten. So erschwert es Marktführer Nespresso möglichen Nachahmern mit immer neuen technischen Finessen, eine einwandfrei funktionierende Portionsdose für die Maschinen des Konzerns zu entwickeln.

Das bekamen auch die Zuiano-Chefs zu spüren. „Die erste Kapsel, die wir verwendet haben, hat nicht richtig funktioniert“, räumt Robert ein. Das jetzt verwendete Modell arbeitet nach einem Abendblatt-Test zwar in den meisten Geräten, es kann allerdings passieren, dass der Kaffee etwas zäh durch die Maschine läuft.

An den Tücken der Technik sind auch schon andere Konkurrenten von Nespresso gescheitert. So drängte vor einigen Monaten beispielsweise der Discounter Lidl mit angeblich Nespresso-kompatiblen Kapseln auf den Markt. Mit einem Kampfpreis von 1,99 Euro für zehn Kapseln wollte die Billigkette den Branchenprimus unter Druck setzen, musste die eigenen Modelle aber nach Beschwerden von Verbrauchern wieder vom Markt nehmen. Die Plastikkapseln klemmten schlicht in den Geräten fest.

Zumindest rechtlich gesehen scheinen sich die Nachahmer im Augenblick auf der sicheren Seite zu befinden. Immer wieder hatte Nestlé mit Patentverletzungsverfahren gegen diverse Konkurrenten versucht, das eigene lukrative Kapselmonopol zu verteidigen. Das Landgericht Düsseldorf urteilte Anfang des Jahres allerdings, dass die Kapsel für die Inbetriebnahme der patentgeschützten Kaffeemaschinen unerlässlich sei, jedoch nicht deren funktionales „Herzstück“. Ebenso wenig verkörpere sie eine besondere Eigenschaft der Erfindung. Die Nachahmerprodukte könnten daher zumindest vorläufig weiterverkauft werden.

Dies hat nun offenbar auch andere große Konkurrenten auf den Plan treten lassen. Vor einigen Wochen hat etwa die Marke Senseo (Douwe Egberts) eigene Kapseln auf den Markt gebracht, die in die Nespresso-Maschinen passen und für die nun auch in Fernsehspots geworben wird. Bisher war die Marke nur durch das eigene Pad-System und die dazugehörigen Maschinen bekannt.

Auch der US-Konzern Mondelez (früher Kraft) steht schon in den Startlöchern und will bis Ende dieses Jahres in Deutschland, Österreich und der Schweiz mit Nachahmerkapseln die Branche aufmischen. Dies dürfte der massivste Angriff auf Nespresso werden, denn immerhin gehören zu Mondelez so bekannte Marken wie Jacobs oder Carte Noir. Der Konzern ist die Nummer eins im europäischen Kaffeegeschäft.

Im Konzert der Großen will sich das Start-up Zuiano nicht nur durch die Qualität, sondern auch durch soziales Engagement behaupten. So geht vom Verkaufspreis jeder Kapsel jeweils ein Cent an ein Kinderheim im brasilianischen Ort São Luis, dem Heimatort von Till Roberts Frau Tricia.

Zurzeit sei das noch nicht viel Geld, räumt der kaufmännische Leiter Michael Brink ein. Doch habe man für das Kinderheim Casa da Familia immerhin schon einen neuen Vorratsraum bauen können. Ein anderer Nebeneffekt des Projekts: Uni-Professor Wieseke nutzt die Firma als Lehrmaterial für seine Studenten und bindet sie auch in die Gestaltung der Webseite oder in den Werbeauftritt der Firma ein.

Ein Nachteil, mit dem alle Kapselsysteme im Vergleich zu simplem Filterkaffee zu kämpfen haben, ist allerdings der Umweltaspekt. So wird Nespresso schon seit Langem dafür kritisiert, dass die Originalkapseln aus dem wertvollen Rohstoff Aluminium bestehen. Nachahmer Zuiano setzt zwar auf Kunststoff, packt aber jede Kapsel noch einmal in einen Extrabeutel, um das Aroma zu schonen. „Das ist nicht optimal, hier suchen wir noch nach einer besseren Lösung“, sagt Robert.