Chartergesellschaft für Geschäftsflugzeuge baut Flotte aus. Künftig soll auch für Vereinte Nationen geflogen werden

Hamburg. Er ist ausgebildeter Fliesenleger, hat nach seinem Studium als Diplom-Kaufmann Logistik-Projekte bei DHL, Lidl und für die Lufthansa Technik vorangetrieben. Doch dabei fehlte ihm immer das Fliegen. Kein Wunder: Mike Ulka, 40, hat bereits mit 18 Jahren seine Privatpilot-Lizenz erworben und musste so nicht lange überlegen, bevor er sich 2008 bei der gerade gegründeten Air Hamburg bewarb. Immerhin bot ihm die Gesellschaft, die Geschäftsflugzeuge verchartert, auch die Möglichkeit, sich hinter den Steuerknüppel zu setzen. Seit dem Winter 2012 hat Ulka Prokura und leitet nun einen weiteren Schritt zur Expansion ein. „Wir wollen nicht mehr nur im übersättigten europäischen Markt arbeiten.“

Dafür erhält die Gesellschaft nun eine Embraer Legacy 600 für 14 Passagiere. Der 27 Millionen Dollar teure Jet ist der elfte der Flotte und zugleich der größte. Finanziert von einem Investor, der ungenannt im Hintergrund bleiben will, bietet er den Hanseaten neue Möglichkeiten. „Wir wollen künftig bei den Abflügen von Moskau stärker dabei sein, sehen aber auch Chancen im Mittleren Osten und in Afrika“, sagt Ulka. Zudem sei die Embraer groß genug, um sich um Flüge für die Vereinten Nationen oder für Staatschefs zu bewerben. Die Reichweite von 6000 Kilometern reicht sogar für Flüge über den Atlantik.

Ulkas Schritt zu neuen Zielen scheint folgerichtig. Denn der europäische Markt wächst derzeit nicht. So ging im Juni die Zahl der täglichen Flüge um 3,3 Prozent zurück, wie der Verband der Europäischen Geschäftsluftfahrt (EBAA) ausweist. Unter den zehn am meisten von den gecharterten Business-Jets angeflogenen europäischen Airports legten nur Nizza und London zu, wobei Russland als Nicht-EU-Mitglied nicht in die Rangliste aufgenommen wurde.

Aus Deutschland heraus stieg zwar die Zahl der Geschäftsreisen 2012 gegenüber dem Vorjahr von 163,9 auf 166,3 Millionen und der Umsatz von 12,2 Milliarden auf 12,5 Milliarden Euro. „Doch diese Zahlen bilden mehrheitlich die Flüge ab, die einzeln bei großen Fluggesellschaften gebucht werden“, sagt Hans-Ingo Biehl, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutsches Reisemanagement.

Zudem stehen die Charterfluggesellschaften für Geschäftsflieger in einem beinharten Preiswettbewerb. „Die Erträge sind im Keller“, sagt Ulka. Der Hintergrund: Broker, die für ihre Kunden Jets anmieten, können sich über ein Internet-Portal über die jeweiligen Konditionen informieren. Die Liste ist ähnlich aufgebaut wie bei Gas- und Stromportalen. „Wer da nicht günstig anbietet, wird gar nicht mehr zu Kenntnis genommen“, sagt der Air-Hamburg-Prokurist. Wer sich durchsetzen will, muss Aufträge so intelligent verknüpfen, dass kaum mehr Leerflüge anfallen. „Selbst bestellte Hin- und Rückflüge“, sagt Ulka, „sind derzeit in Europa allenfalls kostendeckend.“

Als Antwort auf die schwierige Lage hat Air Hamburg im Herbst 2012 eine Allianz mit inzwischen acht internationalen Partnern gegründet. Der AirClub soll möglichen Kunden eine große Vielfalt bei den Zielen bieten. Kann eine Gesellschaft bei einer Anfrage kein Flugzeug stellen, wird auf Flugzeuge der Partner zurückgegriffen. Nächste Ziel ist es, gemeinsam Hotelzimmer, Flüge oder Bahnverbindungen einzukaufen, die von den Crews zwischen den Flügen benötigt werden. Insgesamt verfügt die Allianz über 127 Flugzeuge.

Bei Air Hamburg wird der deutsche Investor die Ausweitung des Geschäfts weiter unterstützen. Schon in den kommenden sechs Monaten soll eine zweite Embraer folgen. „Das Unternehmen schreibt schwarze Zahlen“, versichert Ulka. Der Umsatz ist seit 2010 von 11,6 Millionen Euro auf 23 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Für dieses Jahr werden 27 Millionen Euro angepeilt. Seit 2012 stieg die Zahl der Mitarbeiter von 70 auf 75. Derzeit werden in Hamburg zwei weitere Verkäufer gesucht. Kein Mangel herrscht bei den Piloten. „Weil Lufthansa und Air Berlin wenig Interesse haben, melden sich bei uns zahlreiche Bewerber“, sagt der Air-Hamburg-Prokurist.

An diesem Freitagabend erwartet er nun die neue Maschine von ihrem ersten Einsatz aus dem Mittelmeerraum zurück. Obwohl zunächst für den Eigner und seine Familie vorgesehen, blieb noch Zeit für eine zusätzliche Tour. Sie führte nach Beirut und brachte die ersten Einnahmen mit dem Jet. 60 Minuten Embraer sind ohne Landegebühr für 5500 Euro zu bekommen.