Familie von Rantzau bekommt Schiffe für Deutsche Afrika-Linien und Essberger

Hamburg. Es war genau das Wetter, das sich eine Reederei für die Taufe eines neuen Schiffs wünscht. Pünktlich um 17 Uhr ließ Patricia von Rantzau die obligatorische Flasche Champagner an der Bordwand der „Elsa Essberger“ zerschellen und wünschte dem Schiff und seinen Besatzungen allzeit gute Fahrt. Der 99 Meter lange, 16,4 Meter breite Chemikalientanker mit 5300 Tonnen Tragfähigkeit ist ein Neuzugang, den die Hamburger Reederei John T. Essberger von der Eregli-Werft bei Istanbul übernommen hat.

Dabei war es Zufall, dass die Taufe bei Sonnenschein fast direkt am Firmensitz stattfand und dass viele der Mitarbeiter dabei sein konnten. Die Doppelreederei Deutsche Afrika-Linien/John T. Essberger der Familie von Rantzau beschäftigt rund 1800 Menschen, davon mehr als 1000 auf See. Ursprünglich sollte die „Elsa Essberger“ ihren Namen in der Türkei erhalten. Wegen der politischen Unruhen in jüngerer Zeit plante die Reederei aber um.

„Die ,Elsa Essberger‘ ist der letzte von vier Tankern, die in der Türkei gebaut wurden und die wir noch in der Boomphase bereits vor einigen Jahren bestellt haben“, sagte Eberhardt von Rantzau, 65, dem Abendblatt. Er ist der Ehemann der Taufpatin und führt gemeinsam mit seinem Bruder Heinrich, 68, die beiden Familienreedereien. Nacheinander kamen, beginnend mit der „Caroline Essberger“ im Jahr 2010, die neuen Schiffe der Reederei in Fahrt. In ihren Edelstahltanks können sie auch aggressivste Chemikalien transportieren, dank der höchsten Eisklasse A1 auch bis hinauf in die polaren Gebiete Nordeuropas. „Die Tanker sind hoch spezialisiert. Unter anderem wegen dieses technologischen Vorsprungs können wir uns als Marktführer in unseren Fahrtgebieten zwischen der finnischen Küste und dem östlichen Mittelmeer behaupten“, sagte von Rantzau.

Allerdings hatte die Reederei einigen Ärger mit der Werft. Am aufwendigsten musste seinerzeit wegen Baumängeln die „Caroline Essberger“ nachgerüstet werden. Auch die Ablieferung der drei anderen Schiffe zog sich länger hin als ursprünglich geplant. Letztlich sieht von Rantzau darin jedoch einen Vorteil: „Der Markt für Chemikalientanker entwickelt sich zwar nicht so volatil wie der größte Teil der Containerschifffahrt, weil die Eintrittsbarrieren für die Tankschifffahrt höher sind“, sagte er. „Aber auch unser Geschäft steht nach wie vor unter signifikantem Druck. Wir gehen davon aus, dass sich der Markt nicht vor Ende 2014 erholt. Mit der Einführung der Schiffe über drei Jahre konnten wir die Kapazitäten vernünftig strecken.“ Die Flotte von John T. Essberger umfasst nun 27 Chemikalientanker.

Die Reederei plant bereits ihre nächste Serie von Tankschiffen. Man wolle aber einstweilen die Entwicklung neuer Antriebe abwarten, sagte von Rantzau. Von 2015 an gelten in Europa und in anderen für die Handelschifffahrt wichtigen Fahrtgebieten strengere Abgaswerte für Schwefeldioxid und für Stickoxide. Die Reinigung der Abgase auf dem Schiff mit sogenannten Scrubbern, aber auch der Umstieg von Schweröl auf verflüssigtes Erdgas (LNG) gelten in der Branche als technologische Alternativen.

Auch die Flotte der Deutschen Afrika-Linien (DAL) wächst. In einem Konsortium mit den Reedereien Mærsk und MOL verbindet DAL Europa mit Südafrika. Drei eigene Containerschiffe mit Kapazitäten von 4000 bis 4500 Containereinheiten (TEU) setzt DAL auf diesen Verbindungen ein. Die DAL-Tochterreederei United Africa Feeder Line (UAFL) hat nun eine Serie von bis zu sechs neuen Schiffen mit je 2200 TEU Kapazität in Auftrag gegeben, die von Ostafrika aus im Indischen Ozean fahren sollen. „Wir haben zwei Schiffe bei einer chinesischen Werft bestellt, die bis Mitte 2015 abgeliefert werden sollen. Hinzu kommen vier Optionen mit einer Ablieferungsfrist bis Mitte 2016“, sagte von Rantzau. „Die Schiffe werden 20 Prozent weniger Brennstoff verbrauchen als die bisherigen in der Flotte. Wir werden sie im Zubringerliniendienst in der Region fahren, sie aber je nach Marktlage womöglich auch frei einsetzen.“

Die Firmenpolitik der beiden Familienreedereien gilt als konservativ. Expandiert wird mit Augenmaß. Das bewahrte die Firmengruppe in den vergangenen Jahrzehnten vor größeren Krisen, wenngleich mitunter auch Verluste anfielen. „Wir ändern unsere Politik nicht, nur die Schiffe zu bestellen, die wir auch wirklich brauchen“, sagte von Rantzau. Die Entwicklung am deutschen Schiffsmarkt hatte er, auch öffentlich, immer wieder kritisiert. Finanziert von Banken und von Tausenden Anlegern in Schiffsfonds, war vor allem die deutsche Containerschiffsflotte in den 2000er-Jahren mit dem Welthandel massiv gewachsen. Viele Schiffsfonds mussten in der Schifffahrtskrise seit 2008 allerdings Insolvenz anmelden, weil etliche der zumeist an Linienreedereien vercharterten Frachter ihre Kosten nicht mehr einfahren können. Anleger und Banken verloren Hunderte Millionen Euro.

In der Tankerschifffahrt wie auch in den Containerliniendiensten von Europa nach Afrika verfügt die Doppelreederei der Familie von Rantzau über jahrzehntelange Erfahrung. DAL besetzt eine gute Position, sollte Afrika ein wirtschaftlicher Aufschwung bevorstehen, was viele Beobachter des Kontinents für wahrscheinlich halten.

Eberhart von Rantzau, der auch Honorarkonsul von Südafrika ist, wertet das allerdings zurückhaltend: „Kein Zweifel, die Wirtschaft in Südafrika hat in der jüngeren Zeit einen großen Sprung nach vorn gemacht, auch unser Geschäft dort entwickelt sich gut. Einen Aufschwung für Afrika insgesamt sagt man ja schon seit Jahrzehnten voraus, aber der ist bislang noch nicht eingetreten. Ich halte das eher in Ost- als in Westafrika für wahrscheinlich. Wie auch immer: Wenn der Aufschwung kommt, werden wir zur Stelle sein.“