150 Kunden warten noch auf ihre maßgeschneiderte Hose. Ihr Geld ist wahrscheinlich weg

Hamburg. Das Angebot klang verlockend. 160 Euro für eine perfekt auf den Körper geschneiderte Jeans. Per 3-D-Scan wurde der Körper exakt vermessen. Sämtliche Details der Hose waren wählbar: Farbe, Waschung, Nähte, Taschenform, Knöpfe oder Reißverschluss. Annemarie Holst (Name geändert) bestellte Anfang April bei dem Hamburger Unternehmen Nomo Jeans ihre Wunschhose und zahlte wie gefordert im Voraus. Zwei Monate später sieht es so aus, als sei das Geld verloren. Per E-Mail teilte ihr die Geschäftsführerin mit, dass die Nomo Jeans GmbH am 22. Mai Insolvenz anmelden musste. Den Antrag hatte der finnische Mutterkonzern eingereicht.

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Hamburger Rechtsanwalt Nils Weiland ernannt. Dass das Unternehmen zahlungsunfähig ist, stünde nach seiner Prüfung bereits fest, sagte er auf Anfrage des Abendblatts. Nun ermittle er, ob ausreichend Masse vorhanden sei, um ein Insolvenzverfahren überhaupt zu eröffnen. „Es ist nicht mehr viel Vermögen vorhanden“, sagte Weiland in seiner vorläufigen Einschätzung. Offenbar hatte das Unternehmen massive Qualitätsprobleme. „Ein Großteil der produzierten Jeans war fehlerhaft“, sagte Weiland. Viele Maße seien falsch gewesen, es habe eine hohe Zahl von Retouren gegeben. Auch in Internetforen klagten viele Kunden über schlecht sitzende Jeans, eine schlechte Stoffqualität und mehrfach verzögerte Auslieferungen.

Die beiden Geschäfte in Hanse-Viertel und Levantehaus sind geschlossen

Etwa 150 Kunden warten derzeit noch auf ihre Jeans. „Ich kann ihnen nicht viel Hoffnung machen. Sie müssen damit rechnen, dass das Geld aus der Vorkasse weg ist“, sagte Weiland. Die beiden Geschäfte im Levantehaus und im Hanse-Viertel sind geschlossen, an eine Wiedereröffnung ist nicht zu denken. Drei Mitarbeiter und die Geschäftsführerin hätten durch die Insolvenz ihren Arbeitsplatz verloren. Für die Kunden gebe es jetzt drei Möglichkeiten, wie es weitergeht, sagte Insolvenzverwalter Weiland. Erstens: Sie bekommen gar keine Jeans mehr. Zweitens: Sie bekommen eine Jeans, die nicht passt. Umtausch oder Reklamationen sind wegen des Involvenzverfahrens aber ausgeschlossen. Drittens: Die in Estland oder China gefertigte Jeans ist bereits fertig produziert und wird den Kunden noch zugesandt. Das erfolge dann vom Mutterkonzern aus Kulanz, einen Rechtsanspruch darauf gebe es nicht, so Weiland.

Annemarie Holst hofft seit Ende vergangener Woche wieder. Sie erhielt eine E-Mail aus Finnland, dass ihre Jeans per Post zu ihr auf dem Weg sei. In zwei Wochen soll die Hose da sein. Angesichts der Turbulenzen um Insolvenz und Qualitätsprobleme klingt der Schluss der E-Mail nach britischem Humor aus finnischer Feder: „Wir danken dir für den Auftrag und wünschen dir viel Freude mit deiner Jeans!“