Schifffahrtsbetriebe blicken laut Umfrage pessimistisch in die Zukunft. Immer mehr Unternehmen planen Abbau von Arbeitsplätzen

Hamburg. Die seit fünf Jahren anhaltende Schifffahrtskrise reißt in der maritimen Branche immer tiefere Wunden. Viele deutsche Reeder befürchten nun eine Pleitewelle. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC), die am Donnerstag in Hamburg vorgestellt wurde. Demnach vertreten fast 90 Prozent der Befragten die Ansicht, dass viele Reedereien das laufende Jahr nicht überstehen werden. Von den kleineren Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern teilen sogar 100 Prozent diese Einschätzung. Eine schnelle Erholung des Marktes ist der Studie zufolge nicht in Sicht.

Die Schifffahrt leidet weltweit unter Überkapazitäten und niedrigen Fracht- und Charterraten. Das gilt speziell für die Containerschifffahrt, in der die deutschen Reeder mit 1700 Schiffen die weltweit führende Position einnehmen. Angesichts der anhaltenden Unterauslastung suchen immer mehr Reeder den Schulterschluss mit ihren Konkurrenten. Vier von fünf befragten Unternehmen rechnen in diesem oder dem kommenden Jahr mit Fusionen und Zusammenschlüssen. Laut PwC-Umfrage arbeiten bereits 40 Prozent der 100 befragten deutschen Reeder in einzelnen Geschäftsbereichen eng mit anderen Unternehmen zusammen, 50 Prozent wollen in den kommenden Monaten eine (weitere) Kooperation eingehen. Das gilt vor allem für die untersuchten Trampreeder, die ihre Schiffe an Liniendienste verchartern.

Doch auch in der Linienschifffahrt nehmen solche Zusammenschlüsse zu. Erst am Dienstag wurde die geplante Megaallianz der drei Weltmarktführer Maersk, MSC und CMA CGM bekannt. Die drei Reedereien wollen auf den Linien von Asien nach Europa gemeinsame Dienste anbieten. Dadurch lassen sich Kapazitäten besser steuern und die Auslastung gar erhöhen, weil den Kunden auch Containerplätze auf den Schiffen der Partner angeboten wird.

Eine weitere Maßnahme zum Überleben der Krise ist die Gründung von Plattformen, die Schiffe kaufen und betreiben. „Die verstärkte Zusammenarbeit der Reeder ist eine unmittelbare Reaktion auf das Überangebot an Flottenkapazitäten, dem resultierenden Preiskampf und der schlechten Ertragslage. Wir gehen davon aus, dass weitere sogenannte Plattformlösungen entstehen werden“, sagt Claus Brandt, Partner und Leiter des maritimen Kompetenzzentrums bei PwC. Zumal die Branchenperspektiven für die Zukunft weiter düster sind: 55 Prozent der befragten Reeder sind der Ansicht, dass sich die Schifffahrtsmärkte nicht kurzfristig erholen werden.

Die Folgen sind fatal: Denn nicht nur Überkapazitäten und die schwache Nachfrage belasten die Reeder, sondern auch die immer schwieriger werdenden Finanzierungsbedingungen. Auf der einen Seite steigen die Anforderungen an das Eigenkapital, auf er anderen Seite bauen viele Kredit- und Kapitalgeber ihr Engagement in der Schiffsfinanzierung ab. „Selbst Unternehmen, die die hohen Eigenkapitalforderungen erfüllen können, bekommen daher nicht immer den gewünschten Kredit“, so Brandt. Dementsprechend müssen sich die Betriebe neue Kapitalquellen erschließen, oder finanziell starke Gesellschafter an Bord nehmen. Andere sehen sich gezwungen, Schiffe zu verkaufen. Mehr als die Hälfte der befragten Reeder (58 Prozent) wollen sich von Schiffen aus ihrer Flotte trennen.

Auch auf dem Arbeitsmarkt hinterlässt die Krise zunehmend ihre Spuren: Der Anteil der Unternehmen, die Mitarbeitern kündigen wollen, ist gegenüber 2012 von zwölf auf 16 Prozent gestiegen. Auf der anderen Seite wollen nur noch 40 Prozent der Unternehmen im laufenden Jahr neues Personal einstellen, während im Vorjahr noch 51 Prozent diese Absicht äußerten. Eine Rückkehr zur deutschen Flagge wird es angesichts der wirtschaftlichen Lage nicht geben, prognostiziert die PwC-Studie. Nur neun Prozent der Befragten halten entsprechende Bemühungen der Bundesregierung für ausreichend. 59 halten die Maßnahmen für gar nicht geeignet. Immerhin wächst der Anteil der Unternehmen, die eine EU-Flagge auf ihren Schiffen hissen.

Deutschlands größte Reederei Hapag-Lloyd plant in diesem Jahr weder Einstellungen noch Entlassungen. „Wir halten die Zahl unserer Mitarbeiter stabil“, sagte Unternehmenssprecher Rainer Horn. Die geplante Zusammenarbeit zwischen Maersk, MSC und CMA CGM macht dem Hamburger Traditionsunternehmen nach eigenem Bekunden auch keine Sorgen. „Die greifen jetzt nur eine Idee auf, die wir mit der G6 bereits seit zwei Jahren erfolgreich praktizieren. Das adelt uns“, so Horn. Die G6-Allianz ist ein Zusammenschluss zahlreicher großer Reedereien zur Ordnung ihrer Europa-Fernost-Route. Neben Hapag-Lloyd zählen dazu APL, Hyundai Merchant Marine, MOL, Nippon Yusen Kaisha und OOCL.