Imtech will Schadenersatz nach Pannen in Polen. In Deutschland werden 550 Stellen abgebaut – auch in Hamburg

Hamburg. Es war der größte Auftrag in der Unternehmensgeschichte. Am 20. Juli vergangenen Jahres meldete der niederländische Konzern Imtech, der seine Deutschland-Zentrale in Hamburg hat, dass er von dem Unternehmen LasPalm einen Auftrag in Höhe von 620 Millionen Euro für den Bau des geplanten Erlebnisparks Adventure World Warschau erhalten hat. Nach dem damaligen Jubel herrscht jetzt Katzenjammer. Der Auftrag wurde gestoppt, weil es laut Imtech einen Finanzierungsmangel beim polnischen Auftraggeber gab.

Am Dienstag veröffentlichte Imtech die Verluste aus dem polnischen Abenteuer. Der Ausflug in den Osten hat dazu geführt, dass der Gebäudedienstleister 2012 mit einem Nettoverlust in Höhe von 226,3 Millionen Euro abgeschlossen hat, obwohl der Umsatz um sieben Prozent auf 5,433 Milliarden Euro gestiegen ist. Allein 370 Millionen Euro wurden in Deutschland und Polen in den Sand gesetzt. Im Vorjahr lag der Gesamtgewinn noch bei fast 100 Millionen Euro. Wegen des Debakels wurden der Deutschland-Chef Klaus Betz, der auch für Polen verantwortlich war, und Axel Glaß, Leiter des Finanzwesens und Mitglied der Geschäftsleitung, im Frühjahr entlassen, wie auch die lokale polnische Geschäftsführung. Imtech steuert das Geschäft aller osteuropäischen Regionen von Hamburg aus.

Die von dem Unternehmen nach dem Debakel gestarteten Untersuchungen sind jetzt abgeschlossen. „Wir werden von ehemaligen Mitarbeitern und diversen Fremdfirmen einen Schadenersatz einfordern“, sagt Imtech-Chef Gerard van de Aast dieser Zeitung. „Dies betrifft auch den ehemaligen Deutschland-Chef Klaus Betz.“ Van de Aast schließt nicht aus, dass es auch strafrechtliche Ermittlungen gegen einige Personen oder Unternehmen geben könnte.

Nicht nur der Gebäudetechnik- und Energiedienstleister leidet unter den Folgen des polnischen Geschäfts, sondern auch die Mitarbeiter. 1300 Beschäftigte müssen ihren Hut nehmen, darunter 550 der bundesweit 5800 Mitarbeiter. Auch die Hamburger Deutschland-Zentrale mit insgesamt 900 Mitarbeitern in der Hauptverwaltung und im technischen Bereich bleiben nicht verschont. „Wir haben in Deutschland und den Niederlanden ein zu hohes Kostenniveau. Die Einsparungen gehen über alle Bereiche“, so van de Aast.

Der Vertrag mit dem Hamburger HSV wird allerdings von dem Unternehmen weiterhin erfüllt werden. Bis zum Jahr 2016 hat sich Imtech die Namensrechte an dem Stadion gesichert. Allerdings sucht die Firma das Gespräch mit dem HSV, um zu verhandeln, dass angesichts der engen Liquiditätslage des Konzerns einige Marketingmaßnahmen wie etwa die Bandenwerbung reduziert werden können.

Imtech steht unter Druck. Die Schulden haben sich in den vergangenen Monaten auf 1,2 Milliarden Euro summiert. Jetzt soll eine Kapitalerhöhung 500 Millionen Euro in die Kasse spülen. Doch nur ein Teil des Geldes wird zur Tilgung von Krediten verwendet. Rund 200 Millionen Euro fließen in die Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen und in die Deckung der Kosten für die Untersuchung des missglückten polnischen Geschäfts.

Verschärft wird die Lage auch dadurch, dass Imtech in diesem Jahr mit weniger Aufträgen aus Deutschland rechnet. Zudem ist dem Management bereits heute bewusst, dass wegen der Sanierungsaufwendungen in diesem Jahr ebenfalls negative Zahlen in der Gewinnzeile der Bilanz stehen werden. Erst im kommenden Jahr peilt van de Aast allerdings wieder ein positives Ergebnis für den Konzern an.

Konkret ging es bei dem geplanten polnischen Vergnügungspark für Imtech um den Bau von drei Biokraftwerken im Wert von insgesamt 757 Millionen Euro. Die deutsche Imtech ist in Vorleistung gegangen, danach haben die polnischen Auftraggeber das Projekt jedoch überraschend gestoppt. Wegen der finanziellen Belastung konnte das Unternehmen daraufhin seinen Verpflichtungen gegenüber den Kreditgebern nicht mehr nachkommen. Zinsen und Kredite konnten nicht getilgt werden. Die niederländische Rabobank musste bei der Sanierung helfen.

Imtech beschäftigt weltweit gut 29.000 Mitarbeiter in mehr als 60 Ländern. Die Hauptgeschäftsfelder des technischen Dienstleisters sind unter anderen Bereiche wie Kommunikations-, Sicherheits- sowie Energie-, Reinraum- und Gebäudetechnik. So managt das Unternehmen auch in Deutschland Klimaanlagen etwa in Einkaufscentern, aber auch Heizungsanlagen. Ein Geschäftsbereich ist auch die Stadion- und Arenatechnik. Davon hat Hamburgs Bundesligist profitiert.

„Wir analysieren die technischen Anlagen der Arena, optimieren sie und garantieren dem HSV durch unsere Maßnahmen, dass der Energieverbrauch im Stadion um 35 Prozent sinken wird“, so ein Sprecher.

Die Leistungen der Firma sind von vielen Branchen gefragt. Für den Schiffbau zum Beispiel entwickelt, baut und wartet Imtech Anlagensysteme aller Standards für die Kälte-, Klima- und Umwelttechnik, Dockbau und Offshore-Technologie sowie Brandschutz und Rohrleitungsbau im Schiffbau.

Die deutsche Imtech-Tochter hat ihre Wurzeln in Hamburg. Im Jahr 1858 gründete Rudolph Otto Meyer hier einen Heizungsbaubetrieb für die Beheizung von Gewächshäusern. R.O.M, wie sich das Unternehmen nannte, wurde 1997 von dem niederländischen Imtech-Konzern übernommen.