Hamburger Traditionsversicherer für Gebäude macht wieder Gewinn. 3,0 Millionen Euro Überschuss

Hamburg. Die Hamburger Feuerkasse setzt nach der Neuausrichtung ganz klar auf Wachstum. „Bei uns sind zwar 60 bis 70 Prozent aller Gebäude in Hamburg versichert, aber in der Hausrat- oder der Haftpflichtversicherung sind wir noch sehr klein, und diese Bereiche wollen wir deutlich nach vorne bringen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Stephan Lintzen. Erklärtes Ziel sei es, das Potenzial der 55.000 Kunden besser zu nutzen.

Zu diesem Zweck wurden acht Beschäftigte, die sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet hatten, zu Außendienstmitarbeitern umgeschult. „Es gab 15 interne Bewerbungen dafür“, so Lintzen. Mit dem Ergebnis ist er mehr als zufrieden: „Aus den ersten 20 Besuchen bei Kunden resultierten 40 neue Verträge.“ Während das traditionsreiche Unternehmen – die Feuerkasse mit dem Gründungsjahr 1676 ist die älteste Versicherung der Welt – bisher nur Hauseigentümer als Kunden hatte, will man nun auch den Mietermarkt bearbeiten. Seit Anfang des Jahres 2013 gehören auch Unfallversicherungen zum Angebot.

Diese Veränderungen sind die Folge der neuen Ausrichtung unter dem Konzerndach der Provinzial NordWest: Mit Ausnahme der Autoversicherungen verkauft die Feuerkasse seit dem vergangenen Jahr alle Sachversicherungsprodukte des Konzerns in Hamburg, während die Provinzial in der Hansestadt nun nicht mehr unter der eigenen Marke auftritt. „Die Feuerkasse wird in Hamburg als Institution wahrgenommen“, so Lintzen.

Die Strategie stehe im Gegensatz zu der sonst in der Branche verbreiteten Tendenz der Zentralisierung: „Die Provinzial geht ganz bewusst den Weg der regionalen Verankerung.“ Infolge der veränderten Zuständigkeiten und des Wechsels früheren Provinzial-Personals hat die Feuerkasse nun rund 200 Mitarbeiter; vor der Umstrukturierung waren es etwa 150. Wie Lintzen sagte, werden auch die Rechtsschutzversicherung und die Telefonzentrale des Konzerns nach Hamburg verlagert.

Im Zuge der Neuausrichtung hat die Feuerkasse auch die Steuerung der 20 Generalagenturen der Provinzial in Hamburg übernommen. Diese hätten sich an die neue Situation mit geänderten Ansprechpartnern erst gewöhnen müssen, deutete Lintzen an.

Im Geschäftsjahr 2012 sind die Beitragseinnahmen der Feuerkasse um 1,1 Prozent auf 105,4 Millionen Euro gesunken. Ursache dafür war allerdings die Übertragung des Bestands von Feuerversicherungen für Industriekunden an den Mutterkonzern. Ohne Berücksichtigung dieses Effekts kletterten die Beitragseinnahmen um 6,9 Prozent und damit nach Angaben von Lintzen stärker als im Branchenvergleich (plus 3,7 Prozent). Bis Ende 2013 soll der Transfer des Industriebestands von insgesamt rund 18 Millionen Euro abgeschlossen sein. Wegen des Risikos von Großschäden sei das Industriegeschäft bei der Provinzial besser angesiedelt als bei der kleinen Feuerkasse, erklärte der Vorstandsvorsitzende: „Uns kann dieses Geschäft bilanziell richtig nach unten reißen.“

Tatsächlich hatten solche Großschäden im Jahr 2011 für einen Verlust von 8,5 Millionen Euro gesorgt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erzielten die Hamburger einen Überschuss von 3,0 Millionen Euro, auch weil höhere Erträge aus den Kapitalanlagen erzielt werden konnten, ohne dass man in die Reserven greifen musste.

Für 2013 zeigte sich Lintzen zuversichtlich. So erhöhten sich die Beitragseinnahmen in den ersten vier Monaten trotz der Abgabe des Industriebestands um 1,1 Prozent, und bisher gab es wenig Großschäden: „Wenn das so bleibt, werden wir auf jeden Fall wieder einen Überschuss ausweisen.“

Zwar bahnt sich aktuell offenbar eine Änderung der Eigentümerstruktur an, weil die jeweiligen Sparkassenverbände über einen Zusammenschluss der Provinzial NordWest in Münster und Kiel mit der Provinzial Rheinland mit Hauptsitz in Düsseldorf sprechen. Lintzen geht aber nicht davon aus, dass eine solche Fusion den Kurs der Feuerkasse erheblich beeinflussen würde: „Ich glaube nicht, dass sich an unserem Modell viel ändert. Auch ein größerer Provinzial-Konzern wird ein regionales Geschäftsmodell haben.“