DAX fällt kurzzeitig unter 8000 Punkte. Möglicher Ausstieg der US-Notenbank aus Anleihenprogramm sorgt für Nervosität

Frankfurt. „Ich habe einen ganz einfachen Geschmack – von allem nur das Beste“, soll Oscar Wilde gesagt haben. Börsianer haben auch einen ganz einfachen Geschmack, nämlich mehr, mehr, mehr! Diese Forderung richten die Investoren vor allem an die Notenbanken: Sie sollen die Wirtschaft mit noch mehr frischem Geld versorgen. Erfüllen die Geldpolitiker rund um den Globus die Erwartung einmal nicht, reagieren die Börsen äußerst vergrätzt. Wie derzeit zu erleben.

Der Donnerstag brachte für die internationalen Börsen schwere Kursrückschläge von bis zu sieben Prozent. Epizentrum der Verluste war der Tokioter Aktienmarkt. Die dortigen Akteure reagierten enttäuscht, dass Notenbank und Regierung ihrem Wunsch nach noch expansiverer Geldpolitik nicht nachkommen. Der japanische Leitindex Nikkei sackte um 6,4 Prozent ab und notierte zum Handelsende ein Fünftel unter seinem Jahreshoch vom 22. Mai. Börsianer bezeichnen einen Kursrückgang von mehr als 20 Prozent als „Bärenmarkt“.

Der deutsche Leitindex DAX konnte seine anfänglichen Verluste am Donnerstag von fast 200 Punkten reduzieren. Nachdem er bis auf 7968 Punkte zurückgefallen war, eroberte er die Marke von 8000 Punkten am Nachmittag wieder zurück. Dennoch sind die Anleger verunsichert. Aktienbesitzer stellen die Frage, ob der hiesigen Börse ein ähnlicher Einbruch droht wie Japan oder den Schwellenländern.

Strittig ist bei den Akteuren vor allem die Frage, ob die Flutung der Märkte mit Liquidität am Ende mehr Schaden als Nutzen anrichtet. Im Moment scheint die Entwicklung eher die Skeptiker zu bestätigen.

Denn Japan ist nicht nur das Land mit dem größten Kurseinbruch, sondern auch das mit der aggressivsten Billiggeldpolitik. Die nach dem Namen ihres Schöpfers „Abenomics“ benannte Mixtur aus keynesianischer Ausgabenpolitik, Geldmengenausweitung und kalkulierter Währungsabwertung galt eigentlich als die neue Wunderwaffe gegen die Deflation. In letzter Zeit hat die Abenomics aber vor allem eines produziert: Volatilität, starke Schwankungen an den Devisen- und Aktienmärkten.

Einer der Kritiker ist Thomas Pfetzing, Geschäftsführer bei der Vermögensverwaltung Aubilia in Düsseldorf: „Die Politik der Währungsabwertung und Konjunkturprogramme wird scheitern“, ist er überzeugt. Das Übermaß an billigem Geld führt seiner Meinung nach zu fehlerhaften Investitionsentscheidung und Spekulationsblasen.

Tatsächlich hatte der Nikkei-Index vor seinem jetzigen Absturz eine fulminante Rallye hingelegt: Zwischen November und Mai war er von 8700 auf 15.600 Punkte nach oben geschossen. Selbst nach dem jüngsten Absturz stehen die Kurse in Tokio immer noch mehr als 40 Prozent höher als im Herbst. Zum Vergleich: Der DAX notiert 15 Prozent höher als im November.

Entsprechend geringer sind demnach auch die Korrekturen ausgefallen: Deutsche Standardwerte haben gemessen an ihrem Jahreshoch am 22. Mai bisher knapp sechs Prozent an Wert verloren. Der Rückschlag ist für manche Finanzexperten ein willkommener Anlass für Gewinnmitnahmen: „Der Aufwärtstrend geht mittelfristig weiter, spätestens nach der Sommerpause.“