Es ist nicht so schlimm gekommen wie erwartet. Drohten im Herbst vergangenen Jahres noch rund 700 Mitarbeiter beim Hamburger Versandhandelskonzern Otto ihren Arbeitsplatz zu verlieren, so sind es nun tatsächlich etwa 270 Beschäftigte, die über Altersteilzeit oder mit Abfindungen aus dem Unternehmen ausscheiden sollen. Dies ist sicher durch die harten Verhandlungen des Betriebsrats zu erklären, aber auch durch den Willen des Vorstands, den Abbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. In diesem Punkt unterscheiden sich die Hanseaten noch immer wohltuend von manch einem aggressiven Onlinewettbewerber, für den die Beschäftigten kaum mehr als ein lästiger Kostenfaktor sind.

Dennoch kann man den Verantwortlichen bei Otto nicht den Vorwurf ersparen, dass das gesamte Spar- und Umbauprogramm Fokus nicht notwendig gewesen wäre, wenn sich das Management frühzeitig um die nötigen Anpassungen in den betroffenen Abteilungen gekümmert hätte. Obwohl der größte Teil des Umsatzes schon längst im Internet erwirtschaftet wird, hielten die Vorstände bei der Planung von Fotostrecken oder der Werbung an der führenden Rolle des Katalogs fest und leisteten sich bei den deutschen Versendern teure Doppelt- und Dreifachstrukturen.

Die Lehre aus dem Fokus-Programm muss lauten, dass sich die Vorstände bereits im Vorfeld überlegen, wie viel Personal sie in welchen Bereichen brauchen, um den Herausforderungen der Onlinekonkurrenz in den kommenden Jahren gewachsen zu sein. Nur so lässt sich das angekratzte Vertrauen der Beschäftigten in den Otto-Konzern wiederherstellen.