Weimann zieht Großauftrag für Arko an Land. Weimann hat für den Kaffeeröster und Süßigkeitenspezialisten ein neues Shopkonzept entwickelt, nach dem rund 250 Filialen umgestaltet werden sollen.

Lübeck. Der Empfangsbereich in der Eingangshalle ist von Audi. Die Garderobe im ersten Stock auch. Der Schrank im Konferenzraum ist von Skoda, und die Hocker von Karstadt. Eigentlich müsste man sagen: für Karstadt. Denn die Johann Weimann GmbH hat all diese Möbel für die genannten Unternehmen hergestellt. Die Firma Weimann ist spezialisiert auf den Ladenbau, und ein Besuch ihrer Zentrale und Produktionsstätte bei Lübeck wird schnell zu einem komprimierten Rundgang durch die wunderbare Warenwelt deutscher Spitzenmarken. Links steht eine Küche von Miele, rechts ein Regal von Max Bahr und hinten in der Ecke bunt gekachelte Ständer von Ritter Sport. "Wir leben in den Möbeln unserer Kunden", sagt Rolf Vatter, seit 2006 Geschäftsführer des traditionsreichen Mittelständlers, der seinen Sitz nach knapp einem Jahrhundert aus Lübeck in ein Gewerbegebiet mitten im ehemaligen Todesstreifen der Zonengrenze verlegt hat. Selmsdorf heißt das Fleckchen. Es gehört zu Mecklenburg-Vorpommern. Doch die Stadtgrenze von Lübeck ist nur wenige Gehminuten entfernt. Weimann bezahlt seine Mitarbeiter nach Westtarif.

105 sind es inzwischen. Sie haben reichlich zu tun. "Wir haben die Innenausstattung aller Miele-Shops in Europa und zum Teil auch in Kanada gebaut", sagt Vatter nicht ohne Stolz. Weimann ist zudem für die komplette technische Umsetzung der Inneneinrichtung aller Audi-Niederlassungen in Nord-, Ost- und Westdeutschland verantwortlich, und 29 weitere Länder in Europa sowie Zentral- und Vorderasien.

"Jetzt hat die Firma einen weiteren Großauftrag an Land gezogen: Weimann hat für den Kaffeeröster und Süßigkeitenspezialisten Arko ein neues Shopkonzept entwickelt, nach dem die rund 250 Filialen bundesweit nun umgestaltet werden sollen. "Ziel war es, die Filialen jünger und flexibler zu gestalten, ohne die langjährigen Arko-Kunden zu verprellen. Ich glaube, das haben wir hingekriegt", sagt Vatter. Rund eine Million Euro Volumen umfasst der Vertrag mit Arko, das ist nicht wenig für ein Unternehmen, dessen Jahresumsatz bei 13 Millionen Euro liegt. In diesem Jahr soll der Erlös um weitere 15 bis 20 Prozent steigen, kündigt Vatter an. Kaum zu glauben für eine Branche, in der praktisch jeder mitmischen kann, der mit einem Schaubenzieher umzugehen versteht.

Doch Weimann zeichnet sich durch eine Reihe von Stärken aus, die das Unternehmen für den Markt besonders attraktiv machen. Weimanns erste Stärke ist die Einordnung in der Mitte des Segments: Für den Friseur um die Ecke, der nach 20 Jahren seinen Laden neu gestalten möchte, arbeitet Weimann nicht. "Wir haben eine große Fertigungshalle mit Holzverarbeitung, Metallbau, Nasslackierern, Elektrowerkstatt und weiteren Technikern. So kleine Aufträge würden sich nicht lohnen", sagt Vatter. Für Discounter und Einzelhandelsketten arbeitet Weimann ebenfalls kaum. "Da werden Produkte von der Stange gefragt, die in riesigen Stückzahlen industriell gefertigt werden."

Weimann baut und verkauft aber Schauräume, Einkaufsfilialen und Shop-in-Shop-Systeme nach einem genau vorgegebenen Design, kann diese auch in größeren Stückzahlen liefern. Seine Kunden sind Firmen, die ihre Marke pflegen. Die Möblierung ist also genau auf die Unternehmen zugeschnitten. "Ziel ist es, die Einzigartigkeit einer Marke erlebbar zu machen", sagt Vatter. Ein Skoda-Regal sieht beispielsweise völlig anders aus als eines für Audi. Schon bei der Auswahl des Dekors gibt es erhebliche Unterschiede. "Das hier ist Vorsprung durch Technik", sagt Vatter. "Na ja, es sind halt Holzbretter", denkt der Laie und wird eines besseren belehrt. "Audi hat sich den grauen Farbton schützen lassen, seine Möbel haben alle die gleiche matte Oberfläche." So ist das bei Weimann: Weiß ist nicht gleich weiß. Das hier ist "Max Bahr", sagt Vatter und zeigt auf eine Maschine die vollautomatisch weiße Kunststoffkanten an Möbelstücke leimt. "Das da drüben ist Miele-Weiß", sagt er und zeigt auf aufgerollte Kunststoffbänder.

Doch es geht nicht nur um die Gestaltung ganzer Räume, Weimann erhält auch Aufträge für Werbeaufsteller. Vor allem Anbieter von erklärungsbedürftigen Waren, aber auch saisonabhängige Branchen nutzen den Ladenbau für verkaufsfördernde Lösungen.

Weimanns zweite Stärke ist die Erfahrung in der Markenwelt. Einer der ersten Kunden des Unternehmens war Karstadt. Das war 1937, und die Partnerschaft besteht immer noch. Zuletzt hat Weimann für das Alsterhaus die Abteilung für Damenoberbekleidung neu gestaltet. Zudem hat sich der Ladenbauer auf bestimmte Branchen spezialisiert. Automobile, Mode- und Warenhäuser, Hausgeräte, Genussmittel, Telekommunikation und vor allem Baumärkte. Weimann arbeitet seit Längerem für Max Bahr und Hornbach und hat nun Praktiker hinzugewonnen. "In der Baumarktbranche gibt es derzeit einen harten Kampf um Marktanteile. Da punktet derjenige, der Beratung bietet und sich vom Billigimage verabschiedet", sagt Vatter. Damit meint er, dass sich die Baumärkte von Abholmärkten zu Einkaufserlebniswelten wandeln müssen. Weimann verdient an diesem Strukturwandel. Vatter freut sich darüber. Er hat schon andere Zeiten erlebt.

Früher machte das Unternehmen, das aus einer 1906 gegründeten Tischlerei hervorgegangen ist, in verschiedenen Branchen Geschäfte. Neben dem Ladenbau war das vor allem der Schiffbau. 1979 wurde die Lübecker Flender Werft Hauptanteilseigner, die Weimann für die Innenausstattung von Schiffen einsetzte. 2002 ging Flender in die Insolvenz. "Wir merkten, dass es mit dem Schiffbau nicht mehr lief, und versuchten uns mit Aufträgen für Yachten und dem Bau von Stellwänden über Wasser zu halten", sagt Vatter. Aber die Aufträge waren rar. Der Umsatz sei damals etwa 20 Prozent höher gewesen als heute, aber der Gewinn war bis zu 15 Prozent geringer.

Vor drei Jahren kam dann der Schnitt: "Wir trennten uns von allen Verlustbringern und konzentrierten uns voll auf den Ladenbau", so Vatter. Mit Erfolg: Einst hatte Weimann in diesem Segment drei oder vier Kunden. Heute sind es 30 bis 40. Allein in diesem Jahr kamen bisher mit dem Tankstellenbetreiber HEM und dem Internethändler Cyberport zwei weitere Kunden hinzu.

Das freut dann auch die Gesellschafter von Weimann: 28 Prozent hält die Familie des einstigen BDO-Vorstands und Aufsichtsratschefs Hans-Heinrich Otte, weil dieser der Schwiegersohn von Firmengründer Weimann ist. Hauptanteilseigner ist der bekannte Hamburger Reeder Claus-Peter Offen, der Weimann 2002 aus der Konkursmasse der Flender Werft übernahm. Der unterstützt den Kurs der Lübecker Ladenbauer, und er versteht auch, dass sie sich aus einem Geschäftsfeld ganz raushalten: der Produktion von Möbeln für den Privatgebrauch.

"Das ist ein völlig anderer Markt und nichts für uns", sagt Vatter. "Eine Schlafzimmereinrichtung kauft man alle 20 Jahre. Die Innenausstattung eines Shops wird hingegen alle sechs bis acht Jahre erneuert."