Langer Winter verdirbt angeschlagener Hamburger Baumarktkette das Frühjahrsgeschäft

Hamburg. Seinen ersten Auftritt als Praktiker-Chef mag sich Armin Burger ein wenig anders vorgestellt haben. Ganz bewusst hatte der seit Oktober amtierende Vorstandsvorsitzende der Hamburger Baumarktkette auf die Präsentation der Bilanz vor einigen Wochen verzichtet und stattdessen seinen scheidenden Finanzchef vorgeschickt. Einen möglichst großen Abstand zum Chaosjahr 2012 wollte Burger schaffen, in dem sich Großaktionäre und Manager bekriegten und die Kette nur mit Mühe an einer Pleite vorbeischrammte. Stattdessen wollte er nun mit den Geschäftszahlen der ersten drei Monate 2013 Aufbruchsstimmung verbreiten.

Doch dieser Plan ist am Donnerstag gründlich schiefgegangen. "Das erste Quartal war - wie man in meiner österreichischen Wahlheimat zu sagen pflegt - grauslich", erklärte Burger, der zwar in Hamburg arbeitet, seinen Hauptwohnsitz aber nach wie vor in Wien hat.

Weil Hobbygärtner auch im März noch den Schnee aus ihren Beeten schaufeln mussten, bewegte sich der Absatz von Stiefmütterchen, Harken und anderen Gartenartikeln bei nahezu null. Selbst kräftige Preisnachlässe und die Wiederbelebung der eigentlich ad acta gelegten 20-Prozent-auf-alles-Aktionen konnten keine Frühlingsgefühle bei den Kunden wecken.

Der Konzernumsatz der Baumarktkette lag daher mit 570 Millionen Euro noch einmal 10,4 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum. Der Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebita) weitete sich um gut 55 Prozent auf 91,7 Millionen Euro aus. Unter dem Strich blieb ein Fehlbetrag von fast 118 Millionen Euro nach 72 Millionen Euro Anfang 2012. Besonders bedenklich: Nicht nur die discountorientierten Praktiker-Märkte, auch die eigentlich erfolgreichere Tochter Max Bahr bewegte sich tief in den roten Zahlen, weil sie mit ihren großen Gartencentern überhaupt nicht punkten konnte.

Vor diesem Hintergrund stimmte Burger die Beschäftigten des Konzerns schon einmal auf einen weiteren Stellenabbau und die Schließung von zwölf zusätzlichen, unrentablen Praktiker-Märkten ein. "Wir haben bei der Personalstärke, bei den Personalaufwendungen und beim Zuschnitt des Vertriebsnetzes das Ziel, das wir uns gesetzt hatten, noch nicht erreicht", sagte der Vorstandschef.

Um Kosten zu sparen, war Praktiker im vergangenen Jahr vom bisherigen Konzernsitz im Saarland nach Hamburg umgezogen, wo die Tochter Max Bahr ihren Sitz hat. Noch existieren die alte Max-Bahr-Zentrale in Wandsbek und der neue Hauptsitz am Heidenkampsweg nebeneinander, sie sollen im Laufe des Jahres aber zusammengelegt werden. Dadurch dürfte die Zahl der Verwaltungsmitarbeiter in der Hansestadt von derzeit 500 auf 450 sinken, wie ein Konzernsprecher präzisierte. Ob es über diese Maßnahme hinaus zu weiteren Stellenstreichungen kommt, blieb zunächst offen.

Trotz des Fehlstarts in diesem Jahr ist Chef Burger zuversichtlich, dass sich der Konzern insgesamt auf dem richtigen Weg befindet. Die Entscheidung seiner Vorgänger, die prinzipiell ertragsstärkere Marke Max Bahr zur tragenden Säule des Unternehmens zu machen, sei "nicht nur richtig, sondern überfällig" gewesen, so der Vorstandsvorsitzende.

54 Praktiker-Filialen hat der Konzern mittlerweile auf das Konzept von Max Bahr umgeflaggt. Bis Ende des Jahres soll das Netz der gelben Marke durch weitere Umbauten von derzeit 132 auf 200 ausgebaut werden. "Ich könnte mir sogar vorstellen, noch weitere Praktiker-Märkte in diese Kette einzufügen", so Burger.

Durch das größere Sortiment, eine bessere Beratung und höherwertige Artikel liegt die Rohertragsmarge bei Max Bahr etwa vier bis fünf Prozent höher als in den Praktiker-Geschäften. "Diesen positiven Effekt haben wir auch bei den jetzt umgestellten Märkten feststellen können", so Burger. Dass sich die höhere Rendite noch nicht auf den operativen Gewinn auswirke, habe mit höheren Werbeaufwendungen bei der Umstellung und den genannten Problemen im Gartengeschäft zu tun.

Die verbliebenen Praktiker-Märkte will Discountprofi Burger, der lange für Aldi in Österreich arbeitete, konsequenter als bisher zu preiswerten und zugleich übersichtlichen Einkaufstätten machen. Die Zahl der angebotenen Artikel soll von 40.000 auf 20.000 sinken, Gardinen, Teppichböden, Küchen und Möbel fliegen komplett aus dem Sortiment.

Auf große Rabattaktionen, mit denen Praktiker ursprünglich in die Krise geschlittert war, will Burger in Zukunft möglichst verzichten, schließt sie aber auch nicht aus. "Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, dass Praktiker seit eineinhalb Jahren der Abstinenz sozusagen wieder auf Droge ist und ein Rabattfeuerwerk nach dem nächsten abbrennt." Dies sei zwar keine dauerhafte Überlebensstrategie, locke aber zumindest die Kunden in die Märkte.

Im zweiten Quartal will Burger zumindest einen Teil der Verluste vom Beginn des Jahres wieder aufholen. Operative Gewinne auf Ebita-Basis seien allerdings erst wieder in der zweiten Hälfte 2014 zu erwarten.