Ergebnis des Autoherstellers hat sich im ersten Quartal halbiert. Absatzprobleme in Westeuropa und China. Sparprogramm soll helfen

Stuttgart. Die Absatzkrise auf den europäischen Automärkten zwingt Daimler immer stärker in die Knie. Nach einem Gewinneinbruch in den größten Geschäftssparten kassierte der deutsche Autohersteller binnen eines halben Jahres seine Ergebnisprognose zum zweiten Mal ein. Im Auftaktquartal 2013 verdienten die Schwaben bei einem leicht um drei Prozent auf 26,1 Milliarden Euro geschrumpftem Umsatz operativ nur noch 917 Millionen Euro, halb so viel wie vor Jahresfrist, wie das Unternehmen nun mitteilte.

Der vor wenigen Wochen mit einem millionenschweren neuen Dreijahresvertrag ausgestattete Daimler-Chef Dieter Zetsche trat angesichts dieses "verhaltenen Jahresstarts" auf die Bremse: Im laufenden Jahr werde der Gewinn vor Steuern und Zinsen aus dem laufenden Geschäft unter die Marke von 8,1 Milliarden Euro sinken, die sich Daimler noch im Februar zugetraut hatte. Viele Märkte hätten sich in den ersten drei Monaten "konjunkturell schlechter entwickelt als erwartet".

Vor allem die schrumpfende Nachfrage nach Neuwagen in Westeuropa sowie die Absatzschwäche von Mercedes-Benz in China setzen dem vom Export abhängigen Autobauer zu. Die größte und bisher ertragsstärkste Sparte Mercedes-Benz Pkw lieferte trotz höherer Verkaufszahlen in den Monaten Januar bis März nur eine operative Rendite von 3,3 Prozent ab, vor Jahresfrist waren es 8,2 Prozent gewesen. Die Marke mit dem Stern verkauft derzeit zwar viele Modelle der neuen Kompaktklasse, mit der Mercedes wieder Anschluss an die davongezogenen Konkurrenten BMW und Audi finden will. Die neuen Limousinen der Mercedes E- und S-Klasse, die Daimler mehr Geld als Kompaktwagen in die Kasse spülen, kommen erst noch zu den Händlern. In die derzeit - im Gegensatz zum schuldengeplagten West- und Südeuropa - boomenden Märkten USA und China wird Daimler die Top-Modelle wegen des langen Seewegs erst in der zweiten Jahreshälfte ausliefern.

Der Reingewinn von Daimler brach im ersten Quartal um 60 Prozent auf 564 Millionen Euro ein, die operative Rendite des Konzerns schmolz um die Hälfte auf 3,5 Prozent. Zum Vergleich: Auch bei VW rutschte der Betriebsgewinn im ersten Vierteljahr um fast 30 Prozent auf rund 2,3 Milliarden Euro zusammen. Damit wirtschaften die Wolfsburger - weltweit hinter GM und Toyota die Nummer drei beim Absatz - jedoch mit einer Marge von fast fünf Prozent deutlich rentabler als Daimler.

Mit zehn Milliarden Euro liquiden Mitteln sind die Stuttgarter zwar finanziell abgesichert. Aber der Daimler-Lack hat tiefe Kratzer. Mit Mercedes-Benz-Pkw und -Lastwagen waren die Schwaben lange Markt- und Renditeführer. Inzwischen sind Audi, BMW und Volvo Trucks aber vorbeigezogen, da Daimler bei der Firmenehe mit Chrysler viel Geld verbrannt und wenig in die Modellpalette und sparsame Antriebe gesteckt hat. Mit einem Dutzend neuer Pkw und verbrauchsärmeren Lkw, deren Entwicklung Milliardenbeträge verschlingt, will der Konzern bis 2020 wieder vorn liegen, was Finanzanalysten, Investoren und Marktforscher gleichermaßen bezweifeln.

Da Daimler die Börse bereits auf ein schwaches Abschneiden im ersten Quartal vorbereitet hatte, fiel der Abschlag beim Börsenkurs am Mittwoch mit zwei Prozent auf 40 Euro moderat aus. Als Stütze wirkt laut Börsenexperten die Aussicht auf eine weitgehend stabile Dividendenrendite von gut fünf Prozent. Die Analysten von Equinet erwarten noch weitere Rückschläge bis Jahresende, da sich Daimler wegen der Marktturbulenzen in Europa keine konkrete Gewinnprognose mehr zutraut: "Das zeigt uns, dass das Unternehmen noch weitere Risiken für den Gewinn sieht."

Solchen Befürchtungen trat Finanzchef Bodo Uebber entgegen: "Im Grundsatz sollte das zweite Vierteljahr besser als das Auftaktquartal ausfallen", sagte er. Die erwartete Belebung der Absatzmärkte für Pkw, Lkw und Transporter könne in der zweiten Jahreshälfte für Rückenwind und bessere Geschäfte als in der ersten Hälfte dieses Jahres sorgen. Der Finanzchef bleibt aber vorsichtig: Die Finanzkrise sei noch nicht vorüber und dämpfe weiterhin das Investitionsklima und die Konsumentenstimmung. "Wir sind noch nicht gefeit vor Schocks", sagte Uebber, der auch höhere Löhne für mehr als 130.000 Tarifbeschäftigte schultern muss. Die IG Metall fordert 5,5 Prozent mehr Geld.

Bis Jahresende will Daimler weiterhin Milliardenbeträge in neue Werke und Modelle stecken, was den Betriebsgewinn schon im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf 8,1 Milliarden Euro drückte. Noch Anfang Februar gab sich Vorstandschef Zetsche aber überzeugt, dieses Niveau trotz Gegenwinds in Europa halten zu können. Die Margen-Ziele, die Konzernchef Zetsche den Investoren ursprünglich für dieses Jahr versprochen hatte, rücken in weite Ferne: zehn Prozent operative Rendite bei Mercedes Pkw, acht Prozent bei Trucks, neun Prozent bei Transportern. Bereits im Herbst vergangenen Jahres hatte Zetsche diese Zielmarken auf ungewisse Zeit vertagt und ein konzernweites Sparprogramm angekündigt, das die Kosten bis Ende 2014 um vier Milliarden Euro drücken und die Ertragslage entsprechend verbessern soll.