Kostenlose Girokonten werden in Hamburg gut angenommen
Hamburg. Die Situation ist etwas bizarr: Die mit Staatsgeldern gerettete Commerzbank ist in einer schwierigen Situation. Sie macht kaum Gewinn, 4000 bis 6000 Stellen sollen gestrichen werden, und die Gewerkschaft droht gar mit Streik. Doch in Hamburg gibt sich die Führungsmannschaft sehr angriffslustig. Nach Frankfurt ist die Hansestadt mit 2650 Mitarbeitern und einem Geschäftsvolumen von 55 Milliarden Euro der zweitgrößte Standort.
Der Tenor ist: An Geld mangelt es uns nicht. So soll das Firmenkundengeschäft, dass in der Mittelstandsbank der Commerzbank zusammengefasst ist, weiter ausgebaut werden. "Vor allem lokalen und regionalen Wettbewerbern wollen wir hier ordentlich Konkurrenz machen", sagt Uwe Borges, Vorsitzender der Geschäftsleitung Hamburg und zuständig für Firmenkunden. Er spricht von Volksbanken und Sparkassen, "die nicht in der Lage sind, die Risiken von Auslandsgeschäften vernünftig abzusichern". Die Bank verweist auf ihre vielen Auslandsniederlassungen. "Hier haben wir ein Alleinstellungsmerkmal", sagt Johannes Anschott, der für die Großkunden zuständig ist.
Die Offensive zielt auf Hamburger Sparkasse, HSH Nordbank und Hamburger Volksbank. Denn die Commerzbank will ihren Marktanteil bei Firmenkunden mit einem Umsatz zwischen 2,5 und 12,5 Millionen Euro ausweiten. Der Anteil dieser Kundengruppe soll sich bis zum Jahr 2016 auf zwölf Prozent verdoppeln, kündigt Borges an.
Die Hamburger Institute reagierten gelassen, wie eine Umfrage des Abendblatts zeigt. "Mit rund 60.000 Kunden sind wir der wichtigste Partner des Mittelstandes - vom Existenzgründer bis hin zu großen mittelständischen Unternehmen", sagt Haspa-Sprecherin Stefanie von Carlsburg. "Gerade diese Kundengruppe, die die Commerzbank jetzt anpeilt, legt sehr viel Wert auf eine langfristige und berechenbare Kundenbeziehung. Deshalb bleibe ich gelassen", sagt Reiner Brüggestrat, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank. Obwohl er die Hamburger Kollegen schätzt, verweist er darauf, dass sich die Ausrichtung der Bank auch schnell wieder ändern kann. "Die Strategie der Commerzbank wird nicht in Hamburg gemacht", sagt Brüggestrat.
2012 wuchs das Kreditgeschäft im Firmenkundenbereich um fünf Prozent auf rund 4,5 Milliarden Euro. Zusammen mit den aus Hamburg betreuten 150 Großkunden beträgt der Kreditbestand 13,5 Milliarden Euro. Im Privatkundengeschäft setzt die Commerzbank auf ihr kostenloses Girokonto. Netto konnten 6500 Neukunden im Großraum Hamburg gewonnen werden. Insgesamt hat die Bank hier 371.000 Privatkunden, die in 63 Filialen betreut werden. "Ein Rückzug aus der Fläche ist nicht geplant", sagt Nils Hoffmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung und zuständig für Privat- und Geschäftskunden. "Denn 70 Prozent der Kunden wollen eine Filiale in ihrer Nähe." Zum geplanten Personalabbau machte er keine Angaben. "Die Auswirkungen auf die einzelnen Standorte stehen noch nicht fest", sagt er.
Das Neugeschäft für Baufinanzierungen profitiert von einer neuen anbieterunabhängigen Finanzierungsplattform. "Wir bieten dem Kunden die besten Konditionen verschiedener Anbieter und nicht nur unsere eigenen", sagt Hoffmann. Das Neugeschäft in diesem Bereich stieg um satte 20 Prozent. Vergeben wurden im Großraum Hamburg im vergangenen Jahr Immobilienfinanzierungen für insgesamt 540 Millionen Euro.