Konzern meldet ordentliche Gewinne in allen Bereichen. Neue TV-Kampagne geplant

Hamburg. Der Versandhandelskonzern Otto hatte in den vergangenen Monaten einige Kritik einstecken müssen. Der Markenauftritt sei nicht mehr zeitgemäß, unflexible Manager behinderten den Weg vom Katalog zum E-Commerce, Millionen Euro habe das Hamburger Unternehmen in einem IT-Chaos versenkt. Und dann machte die Firma noch mit dem geplanten Abbau von Hunderten Stellen in der Hansestadt Negativschlagzeilen.

Vorstandschef Hans-Otto Schrader, der laut "Manager Magazin" zuletzt zusammen mit einem Coach an seiner Durchsetzungskraft in dem traditionell auf Harmonie bedachten Konzern gefeilt haben soll, konnte jetzt aber wieder gute Zahlen melden. So habe sich der weltweite Umsatz um 1,7 Prozent auf 11,8 Milliarden Euro erhöht, teilte die Otto Group am Mittwoch auf Basis vorläufiger Zahlen mit. "In einem weltweit sehr wettbewerbsintensiven Umfeld konnte sich die Gruppe gut behaupten", sagte Schrader. Alle Geschäftsbereiche - der Handel mit Marken wie Otto, Baur, MyToys, Witt und Manufactum, die Finanzdienstleistungen und der Service - seien gewachsen und hätten ordentliche Gewinne erwirtschaftet. Der Online-Umsatz der Gruppe erhöhte sich um 400 Millionen Euro auf 5,7 Milliarden Euro und macht damit 57 Prozent des Handelsumsatzes aus. Die Kerngesellschaft Otto, der frühere Otto Versand, erreichte ein Umsatzplus von 1,9 Prozent auf 2,13 Milliarden Euro und eine Online-Quote von rund 80 Prozent. Das Internet ist für den Konzern, der bisher Millionen teurer Kataloge druckte und damit der schnelllebigen Warenwelt hinterherhinkte, die einzige Option für die Zukunft. Es ist die Hoffnung für Wachstum, weltweit, denn auch in Schwellenländern wie Brasilien oder Russland shoppen immer mehr Menschen online.

Für diese Zukunft übernimmt derzeit immer stärker Benjamin Otto die Verantwortung, der Sohn des langjährigen Vorstandschefs Michael Otto. Der 37-Jährige baut mit 50 größtenteils eigens dafür eingestellten Mitarbeitern an einem Internetshop, der mit einer neuen Marke der Gruppe im Jahr 2014 an den Start gehen soll. Der Schwerpunkt dieses Händlers soll auf Mode und Lifestyle liegen. Eine zweistellige Millionensumme lässt sich der Konzern das Projekt kosten, es gilt zugleich als Prüfstein für den studierten Wirtschaftswissenschaftler auf seinem Weg in den Otto-Vorstand.

Der Konzern hatte sich in den vergangenen Jahren mehrfach den Vorwurf gefallen lassen müssen, langsamer zu wachsen als der Online-Handel insgesamt und nicht so dynamisch zu agieren wie einige Konkurrenten, zum Beispiel Zalando. Auch weiterhin bleibt die digitale Zukunft für den nach Amazon weltweit zweitgrößten Onlinehändler schwierig, denn das Wachstum im Netz flacht sich ab. Legte Otto beim E-Commerce vor einigen Jahren zweistellig zu, erreichte der Konzern 2011 hier noch einen Zuwachs von gut neun Prozent. Zuletzt lag der Wert bei sieben Prozent.

Neben dem Zukunftsbereich von Benjamin Otto investiert der Konzern denn auch weiter stark ins Internet: Eine TV-Kampagne soll die Kompetenz von Otto als Online-Händler in Sachen Mode herausstellen. Zuletzt hatte gerade in der jüngeren Zielgruppe Zalando mit seinem Spruch "Schrei vor Glück" mehr Kunden gewinnen können als die Hamburger mit ihrem Motto "Otto ... find ich gut". Dennoch ist Otto nach wie vor der größte deutsche Textileinzelhändler. Um das Massengeschäft im Internet besser bewältigen zu können, baut die Firma derzeit eine eigene Abteilung mit Programmierern und Entwicklern auf. Die Spezialisten sollen die Online-Shops künftig im Haus bauen, anstatt wie bisher dabei auf den externen Dienstleister Intershop zu setzen.

Während Otto in diesen Zukunftsbereichen weiterhin Bewerber einstellt, baut die Firma in anderen Sparten Stellen ab. Zwar meldete Otto jetzt, die Zahl der Beschäftigten habe sich im Geschäftsjahr 2012/13 um 700 auf weltweit 53.800 Vollzeitstellen erhöht. "Dieser Aufbau betrifft hauptsächlich Märkte wie Brasilien und USA", sagte ein Sprecher. In Hamburg verhandeln Arbeitgeber und Betriebsrat aber nach wie vor über den Wegfall von bis zu 450 Stellen im Rahmen eines Sparprogramms. "Wir sind zuversichtlich, hier ohne betriebsbedingte Kündigungen auszukommen", sagte Otto-Sprecher Thomas Voigt. Im vergangenen Jahr hatte sich die Zahl der Beschäftigten in der Hansestadt noch um 150 Menschen auf rund 8000 erhöht, so Voigt.

Erfreulich entwickelte sich die Logistiktochter Hermes. Die Service-Sparte, zu der Hermes gehört, steigerte den Umsatz um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Hermes profitiert vom Zuwachs im Internethandel und bedient hier auch externe Kunden.

Selbst wenn Otto in vielen Bereichen auf das Internet setzt - der Konzern wächst nach wie vor auch mit realen Läden: Die Tochter Sportscheck sucht nach einer leichten Umsatzdelle im abgelaufenen Jahr neue Standorte. Im Norden sind Eröffnungen in Bremen, Oldenburg, Lübeck, Kiel und Flensburg geplant. Und in Hamburg steht das Geschäft an der Mönckebergstraße vor einem Umbau.