Hamburger Baumarktkette kann Jahresverlust zwar verringern. Verschuldung steigt aber deutlich an. Neuer Vorstandschef scheut die Öffentlichkeit

Hamburg. Vergangenheitsbewältigung ist offenbar nicht Armin Burgers Sache. Ursprünglich wollte der neue Praktiker-Chef die Bilanz der angeschlagenen Baumarktkette am Donnerstag persönlich vorstellen. Doch stattdessen vollzog der Ex-Aldi-Manager einen überraschenden Schwenk und äußerte sich nur schriftlich zum abgelaufenen Geschäftsjahr 2012. Erst Ende April will Burger öffentlich auftreten und dann vor allem über die strategische Neuausrichtung der Hamburger Kette und ihre Zukunft sprechen.

Verdenken kann man ihm diese Vorgehensweise nicht, denn Praktiker und die Tochter Max Bahr haben ein weiteres chaotisches Jahr voller Umbauten, Kämpfen mit den Eigentümern und turbulenter Aktionärstreffen hinter sich. Unangenehme Themen, mit denen der seit Oktober amtierende Burger offenbar so wenig wie möglich in Verbindung gebracht werden möchte.

So fiel denn die undankbare Aufgabe der Bilanzvorlage dem Finanzvorstand von Praktiker, Markus Schürholz, zu. Der sprach im Rahmen einer telefonischen Analystenkonferenz von den tief greifenden Veränderungen, die Umsatz und Gewinn des Unternehmens belastet hätten. "Wir haben darum gekämpft, Praktiker am Leben zu erhalten, und das ist uns gelungen." Zudem habe man die wesentlichen Restrukturierungen auf den Weg bringen können.

Der Konzern konnte den Verlust im vergangenen Jahr zwar deutlich eindämmen, allerdings nur dank geringerer Sonderlasten. Im Jahr 2011 hatten noch umfangreiche Wertberichtigungen auf Warenvorräte, das Anlagevermögen und den Firmenwert die Bilanz geschmälert. Ohne diese Lasten stand 2012 ein Fehlbetrag von knapp 189 Millionen Euro zu Buche, zwei Drittel weniger als vor Jahresfrist. Der Umsatz schrumpfte um rund sechs Prozent auf drei Milliarden Euro.

Für 2013 stellt der Vorstand wegen des laufenden Konzernumbaus weiter sinkende Umsatzerlöse in Aussicht. Der Betriebsverlust solle eingedämmt werden, ein positives Ergebnis sei aber noch nicht zu erwarten. An der Börse setzte sich die Praktiker-Aktie mit einem Plus von knapp vier Prozent an die Spitze des Kleinwerteindexes SDAX.

Praktiker hatte den Umsatzrückgang im Schlussquartal verringert, nachdem in den Monaten davor das Ringen um die Abwendung der Pleite Lieferanten und Kunden verunsichert hatte. Der von Kirkel im Saarland nach Hamburg umgezogene Konzern hatte im Herbst wesentliche Teile eines rettenden Finanzpakets unter Dach und Fach gebracht. Damit endete vorerst ein heftiger Streit mit den Großaktionären, die das alte Management und die zunächst angepeilten Zugeständnisse an Geldgeber kritisiert hatten. Mehrere Kreditgeber gewähren nun Darlehen, zudem hat Praktiker sein Kapital erhöht. Allerdings ist dadurch auch die Nettoverschuldung des Unternehmens um weitere 140 Millionen Euro auf nunmehr 491 Millionen Euro gestiegen.

Mit dem verfügbaren Geld will der Baumarktkonzern seine Tochter Max Bahr zum bundesweiten Flaggschiff ausbauen, nachdem sich Praktiker selbst durch eine gescheiterte Billigstrategie ("20 Prozent auf alles") in eine Schieflage manövriert hatte. Die einst in Hamburg gegründete Tochter setzt hingegen auf eine umfangreiche Beratung und Service, verkauft Bohrmaschinen, Wandfarben oder Schrauben dafür aber auch zu höheren Preisen, wodurch sich der Gesamtkonzern wieder auskömmliche Margen verspricht.

Im Zuge der Neuausrichtung schloss Praktiker im vergangenen Jahr elf Märkte im Inland und stellte 27 auf das Konzept von Max Bahr um. Entsprechend verschoben sich die Umsatzanteile: Praktiker setzte 1,4 Milliarden Euro um und damit 6,5 Prozent weniger als vor Jahresfrist, während sich Max Bahr um knapp ein Prozent auf 700 Millionen Euro verbesserte. Das Auslandsgeschäft, aus dem sich Praktiker Zug um Zug zurückziehen will, schrumpfte um fast zehn Prozent.

Bis Ende März sollen nun 54 Praktiker-Filialen auf Max Bahr umgeflaggt sein, das wäre knapp die Hälfte der angepeilten fast 120 Märkte. Ob Konzernchef Burger Ende April allerdings schon von den ersten Früchten des Umbaus berichten kann, ist eher fraglich. Angesichts des ungewöhnlich kühlen Winters und weiter anhaltender Schneefälle verzögert sich nämlich der Beginn der wichtigen Gartensaison in Deutschland bis auf Weiteres. In den großen Pflanzenabteilungen von Max Bahr warten derzeit zwar Stiefmütterchen und andere Frühlingsboten auf Abnehmer, doch die Hobbygärtner greifen angesichts der anhaltenden Minustemperaturen kaum zu.

"In Hamburg schneit es derzeit fast mehr als in den Schweizer Bergen", sagte Finanzvorstand Schürholz. Mit Prognosen halte er sich da lieber zurück.