Als Druckmittel in der Tarifrunde will die Gewerkschaft bundesweit Stellwerke und Werkstätten stilllegen. Zugausfälle im Norden möglich

Berlin. Bahnreisende müssen sich am Montagmorgen auf Zugausfälle und Verspätungen einstellen. Zwischen 6 und 8 Uhr wollen Mitglieder der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bundesweit in einen Warnstreik treten, teilte ein Gewerkschaftssprecher mit. "Wir fangen langsam an, um die Reisenden nicht zu sehr zu behelligen", sagte EVG-Sprecher Uwe Reitz. Zu möglichen regionalen Schwerpunkten wollte er sich nicht äußern, es sei aber in ganz Deutschland mit Auswirkungen zu rechnen. Die Gewerkschaft will Stellwerke und Werkstätten bestreiken und manche Züge nicht fahrbereit machen.

Im Norden sind Probleme ebenfalls nicht ausgeschlossen: In Eidelstedt werden Züge gewartet und repariert. Wenn in dieser Werkstatt gestreikt wird, sei auch in Hamburg mit Ausfällen zu rechnen, sagte eine Bahn-Sprecherin. Dann würden Züge nicht zur Verfügung stehen, und dieser Engpass könne auch nicht kompensiert werden. Sobald am heutigen Montagmorgen Ort, Umfang und Ausmaß der Aktionen erkennbar sind, will die Bahn die Reisenden aktuell über Auswirkungen informieren. Details sind dann unter anderem erhältlich unter der Kundenhotline 01805 99 66 33 und unter www.bahn.de/aktuell, www.facebook.com/dbbahn sowie in den Reisezentren der Deutschen Bahn (DB).

Die Bahn reagierte auf die Pläne der EVG angesichts der aktuellen Tarifsituation mit Unverständnis. Es sei absurd, jetzt zu streiken, nachdem über das aktuelle Lohnangebot der DB noch gar nicht verhandelt worden sei, sagte eine Sprecherin der Deutschen Bahn. Am heutigen Montag sollen die Tarifverhandlungen für die 130.000 Beschäftigten fortgesetzt werden.

Die Gewerkschaft war mit der Forderung nach 6,5 Prozent mehr Geld für ein Jahr in die Verhandlungen gegangen. Die Arbeitgeber boten in einem ersten Schritt 2,4 Prozent mehr Geld in diesem und weitere zwei Prozent im nächsten Jahr sowie eine Einmalzahlung von 400 Euro an. Die Gewerkschaft wies diesen Vorschlag als völlig unzureichend zurück. "Unser Protest ist eine deutliche Aufforderung, das vorliegende Angebot ordentlich aufzustocken", sagte die stellvertretende Gewerkschaftsvorsitzende Regina Rusch-Ziemba. Die Bahnsprecherin sagte dagegen, das Angebot sei vernünftig, die Streikankündigung unverhältnismäßig.

Die Gewerkschaft EVG und die Deutsche Bahn verhandeln über die Fortschreibung des Branchentarifvertrags für den Schienenpersonennahverkehr, der nach zwei Jahren Ende Januar ausgelaufen ist. Parallel wird auch für 7000 Beschäftigte der Bahn-Konkurrenten Abellio, Benex, Hessische Landesbahn, Keolis, Netinera und Veolia verhandelt, die eine gemeinsame Verhandlungsführung haben.

Die Bahn hat unterdessen Vorwürfe zurückgewiesen, wonach sie künftig die Reisedaten ihrer Vielfahrer vermarkten und damit Geld verdienen will. "Die DB gibt bislang keinerlei Kundendaten zu Marketingzwecken an Dritte weiter und plant dies auch künftig nicht", versicherte das Staatsunternehmen am Sonntag und wies damit einen Bericht des "Spiegels" zurück.