Hersteller von Segelbooten aus Greifswald leidet unter Markteinbruch, schließt Standort und trennt sich von Randbereichen.

Greifswald. Die Finanzkrise hat die Segelyachten-Branche weltweit ins Straucheln gebracht - doch in der Greifswalder Werkhalle der HanseYachts AG ist von Krise nichts zu sehen. Der Glasfaserkunststoffrumpf einer "Hanse 575" liegt neben dem einer "Hanse 345", daneben verlegen Elektriker Stromkabel in einer "Dehler 38". Alle siebzehn Taktstationen sind mit einem Schiff belegt. Im Vier-Stunden-Rhythmus schiebt sich das Band zum nächsten Arbeitsplatz weiter. Obwohl in Serie produziert, ist jedes Schiff eine Einzelanfertigung, individuell nach den Wünschen des Kunden ausgestattet. "Wir arbeiten derzeit sechs Tage in der Woche", sagt Vorstand Jens Gerhardt.

Die ersten Monate eines Jahres gelten in der Bootsbaubranche als die arbeitsintensivsten. Jeder Eigner will sein neues Schiff im Frühjahr zu Wasser lassen. Ob das geschäftige Treiben in der HanseYachts-Produktionshalle die von der Branche langersehnte Konsolidierung des Wassersportmarktes ankündigt, vermag Vorstand Gerhardt bislang aber nicht sagen. Im Januar 2013 seien im polnischen Tochterwerk TTS in Goleniow zumindest wieder so viele Rümpfe produziert worden wie zuletzt 2007. Bei der bislang letzten Konjunkturumfrage des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbandes (DBSV) gaben 40,1 Prozent von rund 200 befragten Unternehmen an, dass sie am dringendsten Aufträge benötigten.

Mit der Finanzkrise und dem sinkenden Interesse an Luxusgütern ist der Markt für Segelyachten seit 2008 rückläufig. Ein Jahr zuvor ging die HanseYachts AG als erster deutscher Hersteller von Segelyachten an die Börse. Die Erwartungen der Aktionäre auf satte Gewinne erfüllten sich aber nicht: Der Aktienkurs konnte das Einstiegsniveau von 35 Euro nicht halten. Derzeit verharrt die Aktie bei zwei Euro im Keller. Werftengründer Michael Schmidt verkaufte vor zwei Jahren seine Anteile an die Aurelius-Gruppe, die mit 72 Prozent das größte Aktienpaket hält.

Seitdem versucht die HanseGroup das Unternehmen mit einem straffen Restrukturierungsprogramm in einem äußerst schweren Markt auf Kurs zu halten und der Aktienflaute zu begegnen. "Das Marktumfeld ist immer noch schwierig", sagt Gerhardt. Der Markt an der nördlichen Mittelmeerküste scheine sich zwar auf niedrigem Niveau zu stabilisieren. "Doch seit Kurzem brechen die Märkte in Frankreich und den Niederlanden ein", beklagt der Vertriebsvorstand. Trotz einer Umsatzsteigerung von zwei Prozent verbuchte das Unternehmen im vergangenen Geschäftsjahr ein Minus von 12,3 Millionen Euro. HanseYachts - eigenen Angaben zufolge mit rund 500 bis 650 Booten der weltweit drittgrößte Hersteller von Segelyachten - hat 2012 die Vertriebsgesellschaften in Frankreich und Norwegen sowie den Dehler-Standort Freienohl (Nordrhein-Westfalen) geschlossen und die Produktion an die Küste verlagert. Stattdessen setzt Hanse auf ein weltweites Händlernetz mit Generalimporteuren, Subdealern und einzelnen Agenten in den wichtigsten Sportboothäfen der Welt.

In Greifswald will sich HanseYachts in diesem Jahr unter anderem von der Marina und dem Winterlager trennen. Das seien "Unternehmen, die nicht zum Kerngeschäft von HanseYachts gehören", wie Gerhardt sagt. Die Mitarbeiterzahl sank durch die Schließung der Standorte von 755 auf aktuell 670. Rund 450 von ihnen arbeiten im Stammbetrieb in Greifswald. In der Hansestadt hat das Unternehmen aufgrund der aktuell guten Auslastung rund 50 freie Stellen zu besetzen.

Nur 15 Prozent der in Greifswald produzierten Hanse-, Dehler- und Moody-Yachten sowie der Fjord-Motor-Yachten bleiben in Deutschland; der überwiegende Teil geht ins Ausland. Eigner aus 90 Ländern besitzen inzwischen eine der in Greifswald entwickelten und produzierten Yachten. In den vergangenen zwölf Monaten brachte das Unternehmen vier neue Modelle auf den Markt, die offenbar gut angenommen werden. Von der "Dehler 38", die erstmals im Januar 2013 auf der Messe boot in Düsseldorf präsentiert wurde, seien inzwischen schon 15 Stück verkauft. HanseYachts wird im Frühjahr 2013 neue Aktien im Gesamtwert von 4,76 Millionen Euro ausgeben. Gerhardt kündigte an, mit dem frischen Kapital sollen weitere Neuentwicklungen finanziert werden.