Logistik-Initiative bietet familienfreundliche Jobs an. Arbeitgeber wollen auf diesem Weg Fachpersonal binden

Hamburg. Viele Hamburger Firmen haben Probleme, Fachkräfte zu finden. Um gut ausgebildetes Personal zu bekommen, kümmern sich mittlerweile immer mehr Firmen auch um den Nachwuchs ihrer Beschäftigten: Sie bauen eigene Kindertagesstätten oder reservieren Plätze in privaten Einrichtungen. "Der Trend ist eindeutig", sagt Corinna Nienstedt, Geschäftsführerin bei der Hamburger Handelskammer. Empirische Zahlen liegen zwar bisher nicht vor. Aber von den 180 Firmen, die von der Kammer in den vergangenen gut fünf Jahren mit einem Familiensiegel ausgezeichnet wurden, hatten viele eine Kinderbetreuung eingeführt. "Heute fragen bereits viele Bewerber danach, wie gut sie im Job Beruf und Familie miteinander vereinbaren können", sagt Nienstedt

Für die Logistik-Initiative, zu der in der Metropolregion mehr als 500 Firmen zählen, war dies Anlass genug für "ein Pilotprojekt", wie Geschäftsführer Werner Gliem sagt. Seit dem 1. Februar können die Beschäftigten von 220 Unternehmen ihren Nachwuchs in die Allermöher Kindertagesstätte Wirbelkinder bringen. Auch für den Trägerverein Wabe, der allein in Hamburg 16 Einrichtungen anbietet, "ist das Projekt das erste in einem Gewerbegebiet", so Wabe-Sprecher Peter Nagel-Langenkamp. Allerdings plant die Logistik-Initiative inzwischen zwei weitere Kindergärten, deren Plätze ebenfalls für die Beschäftigten der Logistikfirmen bereitgestellt werden. Sie sollen bis zum Jahr 2016 zur Verfügung stehen.

Mit diesem Angebot hoffen die Unternehmen, im Wettbewerb um qualifiziertes Personal die Nase vorn zu haben. Zudem will man die Belegschaft an sich binden und die Produktivität steigern. In Allermöhe können die Beschäftigten nun mit ihrem Nachwuchs den Weg zur Arbeit einschlagen und damit ihre Wege für die Betreuung deutlich abkürzen. "Die Eltern freuen sich über den Standort. Für sie ist es ein gutes Gefühl, dass ihre Kinder in ihrer Nähe sind", sagt die Leiterin der Tagesstätte Wirbelkinder, Jana Koch.

Die neue Einrichtung in Allermöhe bietet Platz für insgesamt 130 Kinder. Das Grundstück hat die Stadt zur Verfügung gestellt. Den 2,4 Millionen Euro teuren Neubau errichtete der Trägerverein Wabe, wobei 1,4 Millionen Euro aus dem Krippenausbauprogramm des Bundes flossen. Dieses geht auf eine neue gesetzlichen Regelung zurück: Denn ab August 2013 haben auch Kinder von einem Jahr an Anspruch auf Betreuung. Die Beiträge der Eltern werden nach dem Einkommen gestaffelt. Zudem fließen Zuschüsse der Stadt.

"Die Einrichtung steht grundsätzlich auch Anwohnern aus der Umgebung offen. Wir verhandeln aber bereits mit sechs Firmen über Belegplätze", sagt Wabe-Sprecher Nagel-Langenkamp. Die Bereitstellung von Plätzen in Kindergärten "ist ein Weg, den wir gehen müssen, damit künftig auch mehr Frauen beschäftigt werden können", sagte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Montag, als die Logistik-Initiative ihre Bilanz für 2012 vorlegte.

Danach ist die Zahl der Mitarbeiter in der Metropolregion Hamburg in den vergangenen Jahren schneller gestiegen als erwartet. "Wir haben seit dem Jahr 2006 ein Plus um 28.500 auf 395.000 Jobs. Dabei hatte der Senat erst bis 2015 mit einem Zuwachs von 18.000 gerechnet", sagte Peer Witten, der Vorsitzende der Initiative.

Trotz der Stagnation beim Hafenumschlag sind die 532 Firmen, die Ende 2012 zum Zusammenschluss gehörten, optimistisch. So konnten nach einer Umfrage der Initiative im vergangenen Jahr 46 Prozent der Firmen ihre Geschäftsentwicklung verbessern. Zum Vergleich: Bundesweit lag dieser Wert bei lediglich 24 Prozent.

Auch die aktuelle Geschäftslage bewerten 27 Prozent der Hamburger Logistikfirmen mit gut und sind damit ebenfalls positiver gestimmt als auf Bundesebene. Dort ergab eine Vergleichsumfrage der Initiative, dass nur 16 Prozent ihre Lage als gut einstufen. Für die Zukunft gehen allerdings derzeit nur 26 Prozent der Hamburger Firmen davon aus, dass sich die Lage 2013 günstiger entwickelt als 2012. Hier liegt der bundesweite Wert bei 41 Prozent. Dennoch will ähnlich wie im Vorjahr auch 2013 ein Drittel der Hamburger Firmen neue Mitarbeiter einstellen. Acht Prozent wollen ihre Belegschaft dagegen verkleinern.

Um die Nachfrage nach Gewerbeflächen für die Logistikfirmen künftig besser steuern zu können, hat die Wirtschaftsbehörde jetzt eine Studie in Auftrag gegeben. Sie soll bis zum Jahresende vorliegen und sämtliche Ausbaumöglichkeiten für die Firmen bis ins Jahr 2025 hinein aufzeigen.

"Solche Flächen sind die Voraussetzung für weiteres Wachstum in der Branche", sagte Senator Horch. "Wir arbeiten bei dem Thema mit dem Senat zusammen", entgegnete Initiativen-Chef Witten. "Aber es handelt sich hier", räumte er ein, "um das Bohren von dicken Brettern."