OECD lobt das Zuwanderungssystem als eines der offensten der Welt - aber der Ruf bleibt schlecht. Jährlich kommen 25.000 Arbeitsmigranten aus Ländern außerhalb der EU

Berlin. Trotz niedriger Hürden kommen nur vergleichsweise wenige hoch qualifizierte Arbeitskräfte aus Ländern außerhalb Europas nach Deutschland. Das geht aus dem Bericht "Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte: Deutschland" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, der am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Demnach kommen jährlich rund 25.000 Arbeitsmigranten aus Ländern außerhalb der EU und der europäischen Freihandelsregion EFTA nach Deutschland. Das seien etwa 0,02 Prozent der Bevölkerung. Australien, Dänemark, Kanada und England verzeichneten dagegen fünf bis zehnmal so viele beschäftigungsorientierte Zuwanderer. Das deutsche Zuwanderungssystem werde "im In- und Ausland als restriktiv und schwer zugänglich wahrgenommen". Aus OECD-Sicht sollte Deutschland einen Perspektivwechsel vornehmen und Arbeitsmigration unter klar definierten Voraussetzungen grundsätzlich erlauben. Aber auch die deutschen Unternehmen nutzten die neue Offenheit für qualifizierte Zuwanderer nur beschränkt. Trotz Fachkräftemangels hat jedes zweite Unternehmen die Möglichkeit, Personal im Ausland zu rekrutieren, noch gar nicht in Erwägung gezogen. Jedes dritte erklärte in einer Befragung unter 1100 Unternehmen, das Anwerben sei zu kompliziert.

Dabei ist das deutsche Zuwanderungssystem nach den Worten von OECD-Vizegeneralsekretär Yves Leterme mittlerweile eines der offensten der Welt. In Deutschland gebe es keine Begrenzung für die Zahl hoch qualifizierter Einwanderer pro Jahr, die Bearbeitungszeit der Anträge sei kurz, das Verfahren kostengünstig, und nur selten würden Bewerber abgelehnt. Leterme empfahl, Arbeitgeber, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, bei der Personalsuche im Ausland stärker zu unterstützen.

In den vergangenen drei Jahren hatte die Bundesregierung die Zuwanderung insbesondere für Akademiker deutlich erleichtert. Im vergangenen Jahr traten Gesetze zur leichteren Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und geringeren Einkommensgrenzen für Zuwanderer in Kraft. Die "Vorrangprüfung" der Arbeitsagenturen in Mangelberufen wie Arzt oder Ingenieur wurde abgeschafft. Außerdem dürfen Hochschulabsolventen, die in Deutschland studiert haben, jetzt länger im Land bleiben, um sich hier eine Stelle zu suchen. Leterme betonte, Universitäten seien ein "ideales Zugangstor" für Arbeitsmigranten. Ein Drittel der Zuwanderer, die im Jahr 2010 einen Aufenthaltstitel erhalten hatten, waren internationale Studenten. Allerdings gehe Deutschlands Anteil am umkämpften Markt für internationale Talente zurück.

Nachholbedarf sieht die OECD auch bei der Zuwanderung von Nicht-Akademikern. Deutschland müsse neue Wege für die Migration von Arbeitskräften mit mittleren Qualifikationen eröffnen. Vor allem im Mittelstand sei der Mangel an Fachkräften ohne Universitätsabschluss schon jetzt ein Problem.

Als großes Hindernis für die Zuwanderer bezeichnete die OECD die deutsche Sprache. Es gebe in Europa immer weniger Menschen, die Deutsch sprechen.